Wer, wie, was, wann, wo und vor allem warum? Wer die Akademische Reitkunst kennenlernt staunt zunächst einmal über den Namen. Die gängigsten Fragen rund um die Akademische Reitkunst gib es im heutigen Artikel.

Was ist die Akademische Reitkunst?

Der Begriff bezieht sich auf die historischen Reitakademien, die während der Renaissance überall in Europa zu finden waren und deren Ziel die künstlerische, geistige und körperliche Ausbildung von Mensch und Pferd war. Und genau dieses Wissen aus der damaligen Zeit, das Wissen der „Klassiker“ wie Xenophon, Guérinière, Pluvinel, Newcastle, Steinbrecht….findet im „Akademisch Reiten“ heute wieder praktische Umsetzung.

Wer prägt die Akademische Reitkunst?

Der Begriff „akademische Reitkunst“ wurde in den letzten Jahren ganz deutlich durch die Arbeit von Bent Branderup geprägt.
Er setzte sich über Jahre mit den Lehren der alten Meister auseinander, übersetzte teilweise ihre Texte neu und analysierte klassische Reitergemälde. In das erworbene Wissen lässt er laufend aktuelle moderne wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Physiologie, Pädagogik und Veterinärmedizin einfließen.
Seine eigene Ausbildung absolvierte er unter anderem in der königlichen Hofreitschule in Jerez de la Frontera, bei Nuno Oliveira in Portugal und bei Egon von Neindorff in Deutschland.

Wie funktioniert akademische Reitkunst?

In der Akademischen Reitkunst lautet die oberste Prämisse: Das Pferd soll durch gezieltes Muskeltraining in die Lage versetzt werden, das Gewicht des Reiters in allen Lektionen ohne Schaden an Leib und Seele ein Leben lang tragen zu können (das bezieht sich auch auf jene Pferde, die gerne und wie ich finde irrtümlicherweise als „Gewichtsträger“ bezeichnet werden).

Und: Wir wollen doch sicherlich ein Pferd, das auch gerne mit uns Zeit verbringt!
Akademische Reitkunst ist eine lange Reise, eine Beschäftigung mit vielen Detailfragen, die man an sich selbst und an das Pferd stellt. Durch die sehr genaue Hilfengebung lernt das Pferd auf die Hilfen zu reagieren und nicht zirzensisch Lektionen abzuspulen.
Der Reiter muss vor allem sein Gefühl und Auge schulen – eine Sache, die schwierig scheint, aber lohnt. Vielen mag der Weg lang erscheinen – aber wer sich viel Zeit für die Basis nimmt, erntet später umso mehr harmonische Momente.

Wie schon beschrieben – es geht um die Schulung einer feinen Hilfengebung und Kommunikation zwischen Mensch und Pferd.

Dadurch stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

– Bodenarbeit
– Longenarbeit
– Handarbeit von innen und von außen geführt
– Arbeit am Langen Zügel
– Arbeit zwischen den Pilaren
– Schulung der Kommunikation vom Sattel aus

Dem Menschen stehen dabei primäre und sekundäre Hilfen zur Verfügung. Als Primäre Hilfe wird in der Akademischen Reitkunst der Sitz bezeichnet, primär deshalb weil es eine Hilfe ist, die niemals aussetzen kann – es sei denn der Reiter steigt vom Pferd. Als Sekundäre Hilfen werden Stimme, Hand, Bein, Gerte usw. bezeichnet.

Was passiert bei der Akademischen Reitkunst?

Bei der Akademischen Reitkunst geht es in erster Linie um den Inhalt – also nicht um die Lektion. Sicher könnte ich jetzt einige Lektionen aufzählen wie Schulterherein, Kruppeherein, Renvers oder Piaffe. Das, was uns aber bei der Ausbildung, bei der physischen und psychischen Stärkung des Pferdes interessiert ist beispielsweise das innere und das äußere Hinterbein explizit ansprechen zu können, über Schulterherein oder Kruppeherein. Wir möchten Balance finden und gemeinsam mit dem Pferd die Balance oder den Schwerpunkt verschieben lernen. Wir möchten das Pferd auffordern der Reiterhand Informationen zu geben und vice versa empfänglich für Informationen aus der Reiterhand zu sein. Was in welchem Moment geritten oder erarbeitet wird entscheidet immer das Pferd. Es gib kein Schema F, nach dem ausgebildet werden kann. Kommunikation und eine gemeinsame Sprache sind die Basis, ob sich ein Pferd wohler fühlt, wenn der Mensch auf Distanz kommuniziert, wie bei der Longenarbeit, oder die Kommunikation besser von vorne geführt bei der Bodenarbeit klappt, entscheiden physische und psychische Voraussetzungen – oftmals nicht nur auf das Pferd bezogen.

Wann kann man akademisch reiten?

Eigentlich immer. Es ist nie zu spät zu lernen. Ich persönlich habe nach 20 Jahren im Sattel die Akademische Reitkunst entdeckt und lerne jeden Tag dazu. Und wie heißt es in Bent Branderups Theorievorträgen so schön:

Ein Leben reicht nicht aus um reiten zu lernen. Als Künstler lebt man nicht länger, aber mehr!

Aber: in Wahrheit geht es um die schönen Momente, also Zeit gut zu verbringen.

Wo?

Wer beginnen möchte braucht kein Reithaus aus der Renaissance. Ein ebenes Wiesenviereck reicht aus. Die Frage ist eher: Wo stehe ich als Mensch, wo steht mein Pferd, wie ist meine Bereitschaft zu lernen und wie kann ich mich für neues öffnen. Und wo bekomme ich Unterstützung. Hier gibt es eine Liste aller lizensierten Bent Branderup Trainer.

Warum?

Kurz gesagt: Weil es um die Momente geht. ☺ Und weil es Pferd und Mensch einfach Spaß macht und ein gesundes Training ist.

signature2