Der Abschied – davon habe ich euch letzte Woche erzählt – vom Abschied meines Feuerfuchses. Tabby ist am Freitag gegangen. In aller Stille und wir waren umringt von unseren Lieben. Der Abschied war kein einfacher. Es gab unendlich viele Tränen, ein Meer aus Rosen und Kerzen. 

Sie ist leicht gegangen. Sie ist sehr friedlich in meinen Armen eingeschlafen. Ich habe ihren Kopf bis zu letzt gehalten. Genau so, wie wir öfter auch miteinander gekuschelt haben im Sommer, wenn sich Tabby im kühlen Stall neben mich gelegt hatte. 

Es haben mich so viele Nachrichten erreicht. Per Telefon, Messenger, in meinem Forum, per Mail und freilich auch persönlich. Berührende Texte. Sprachlos machende Texte. Eine Welle der Anteilnahme, die mir gerade in diesen Zeiten, wo wir eigentlich physisch auseinander rücken müssen eine enorme Stütze und Kraft gegeben hat. 

Kein Abschied der Erinnerungen

Welche Bilder begleiten mich nun von Tabby? Zunächst ist das Gefühl unbändiger Kraft und eine enorme Lebensfreude. Tabby war ein sehr fröhliches Pferd. Immer, wenn ich sie gerufen habe, hat sie sofort den Kopf auf der Weide hoch gerissen und die Ohren sofort gespitzt, wenn sie in meine Richtung geschaut hat. 

Ich erinnere mich an die vielen wunderbaren Erlebnisse gemeinsam im Wald. Ich erinnere mich, wie zärtlich und prompt Tabby Pina bei uns aufgenommen hat. Sie wusste sofort, diese Dame gehört jetzt zu unserer Familie und sie hat sich immer rührend um Pina gekümmert. Immer war sie in Sorge, wenn Pina schlecht drauf war. Liebevoll hat sie Pina beschützt, wenn neue Pferde in die Herde kamen. Als meine Freundin Kati ihre Lipizzanerstute Beti geholt hat, war Tabby sofort da und hat Beti „adoptiert“. Der jungen Stute hat sie dann auch gleich am Paddock Trail eine Heuraufe „klar gemacht“, selbst nicht mit gefressen und beobachtet, wie Beti die Situation handelt, wenn ranghöhere Pferde zur Raufe wollten. 

Die Unzertrennlichen: Pina, Beti und Tabby.
Die Unzertrennlichen: Pina, Beti und Tabby.

Ich erinnere mich als Tabby mit der rosa Nase in einen Haufen Brennnessel gestupst ist. Sie hat die Brennnessel angeknirscht mit angelegten Ohren und sofort alle wutentbrannt aufgefressen. 

Wenn die Stuten wild auf der Koppel herum getobt sind, hat sie sich vor mich gestellt. Und sie hat meinem Vater Rudi ruhig zugehört, als er ihr sanft erklärt hat, dass sie bitte bei den Ausritten mit ihm nicht so wild sein darf. 

Kein Abschied – was mir Tabby beigebracht hat, bleibt

Tabby hat mir beigebracht immer genau zuzuhören und ihr alles noch besser zu erklären. Sie hat mir immer gezeigt, dass es nicht nur einen Weg gibt, sondern viele. Vielleicht wäre eine andere Formulierung besser – und sobald sie etwas gelernt hatte, dann war die Sache klar. 

Tabby hat mir beigebracht, dass man immer an sich glauben soll. Selbst wenn es entgegen aller Wünsche und Erwartungen ist. Sie hat mir unheimlich viel Kraft gegeben und ich ihr ebenso. Sie hat mir gezeigt, dass Liebe immer stärker ist und immer verzeiht. 

Der Abschied und die Bilder in der zweiten Reihe

Tabby und ich haben viel geschafft. Was wir in der Ausbildung geschafft haben, das ist aber sowas von zweitrangig. Es sind keine Lektionen, die ich heute in Erinnerung habe. Freilich, da gibt es Prüfungen und Kurse, die wir miteinander bewältigt haben. Viel mehr ist mir aber in Erinnerung, welch wunderbares Team wir waren. Ich konnte mich absolut auf sie verlassen. Sie war mein feurigstes Pferd, ein „heißer Ofen“, aber ich habe mich auf ihr absolut sicher gefühlt. Die Leistung, an die man im Alltag denkt, ist total in den Hintergrund geraten. Es ist nicht mehr wichtig. War es das jemals? 

Wie oft denkt man darüber nach, was man noch besser machen kann, was man erreichen möchte – und ja, es wäre vermessen sich nicht einzugestehen, dass man ja auch Ziele hat. Tabby hat mich sehr oft auch darüber nachdenken lassen, was für ein Pferd fair ist und was nicht. Ist es fair von Tabby Dinge abzuverlangen, die ihr vielleicht schwer gefallen sind? Wann immer ich das Handtuch werfen wollte, war sie da mit voller Kraft. Tabby hat mir beigebracht hartnäckig zu bleiben. Nicht umzudrehen, wenn es schwierig wird. 

Trakehner
So voller Kraft und Stolz: Trakehner Stute Tarabaya aka Tabby

Was ist Akademische Reitkunst? Für mich ist es ganz klar, dass ich Hypothesen aufstelle, dass ich einen Weg suche, der für mein Pferd gesund war. Tabby wurde durch unseren Weg selbstbewusster, strahlend, kräftiger und schön. Und wir haben sicherlich auch Fehler gemacht, besser gesagt ich. 

Tabby hat mir immer vertraut und ich habe mich bemüht, nach bestem Gewissen, dieses Vertrauen niemals auszunutzen. Und deswegen habe ich auch immer nachgefragt, kritisch hingeschaut, mich selbst und das, was wir tun geprüft auf Herz und Nieren. 

Der Abschied und was danach kommt…

…und was ich mir wünsche…In den letzten Tagen habe ich nicht zuletzt durch die vielen Nachrichten, die ich bekommen habe viel Zeit im Internet verbracht. Und dazu möchte ich noch gerne etwas erzählen.

Ganz frei von der Leber weg, ungeschminkt und ohne Drehbuch:

Tabby und Pina sind zwei Pferde, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und trotzdem haben sie sich so gut verstanden. 

Das ist das Vermächtnis und genau das möchte ich für danach weiter geben. 

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