Geraderichten ist einfach der Renner. Genau wie die lizensierte Bent Branderup Trainerin Annika Keller. Die richtete uns am letzten Wochenende nicht nur gerade, sondern ließ uns auch vorwärts reiten. Ganz im Sinne von Steinbrecht. Aber mit viel Motivation und guter Laune gespickt.
Noch bevor es mit der ersten Theorieeinführung losging, stattete Annika mir und meinen Pferden am Sonnenhof einen Besuch ab. Mit Pina haben wir an der Formgebung rund um einen mittleren Rahmen gearbeitet, ohne Balance und Losgelassenheit zu verlieren. Die Entspannung trotz Versammlung zu behalten und diese auch in Übergänge mitzunehmen war hier unser Ziel. Annika übersetzte und analysierte geschickt alles, was ich so unter mir wahrnehmen konnte. Weiter ging es mit Fuchsstute „Tabby“. Seit einer Verletzung am Fesselträger ist Tarabayas Schritt eine Challenge. Hier befassten wir uns damit den Rückenschwung deutlich zu verbessern. Auch Paraden aus dem Stand in die Bewegung mitzunehmen, um auch hier zu mehr Losgelassenheit zu kommen war Thema der Einheit. Leichtes Wegbiegen vom äußeren Schenkel und immer wieder an Kruppeherein zu denken, half uns Tabbys Hüfte deutlich nach vorne zu platzieren. Auch die konstante Biegung unterstützte ein korrektes Schwingen im Rücken.
Danach „rasten“ wir nicht nur sprichwörtlich zum Lässerhof, wo die erst Theorieeinführung am Stundenplan stand. Dass sich Annika seit Jahren mit offenen Augen und Ohren mit der natürlichen Schiefe beschäftigt, wurde im Vortrag schnell klar. Dabei ermunterte sie auch die Zuhörer selbst zum Forscher zu werden. Theorien wie die Lage des Fohlens im Mutterleib, die Haltung der Pferde im Stand beim Fressen (wenn ein Bein nach vorne gelagert wird), waren für Annikas Forschung eher irrelevant. Annika hat sich nicht nur die Bemuskelung und Bewegungsqualität der Pferde genau angesehen und auch unter osteopathischen, wie physiotherapeutischen Gesichtspunkten analysiert. Was dabei aufgefallen ist: Die meisten Pferde haben links deutlich mehr Muskeln an der Schulter. Wie Steinbrecht auch im Gymnasium des Pferdes beschreibt, ist das rechte Hinterbein deutlich stärker am Schieben, während das linke Hinterbein deutlich besser tragen kann. Annika fragte daher ins Publikum:
„Wäre das Reiten also nicht einfach, wenn man somit die rechte Seite des Pferdes verkürzt und die linke Seite mehr aufdehnt“?
In dieser Lösung wäre aber laut Annika das rechte Hinterbein noch nicht mit einkalkuliert. Dessen Schub muss von uns also beeinflusst, in bestem Falle abgekürzt werden. Ebenso auf der Rechnung fehlt der Blick auf die korrekte Stellung: Hier möchte ein Großteil der Pferde lieber in Linksstellung laufen. Der Reiter kommt somit auf der linken Seite nicht so gut zum Sitzen, der Sattel rutscht nach rechts. Annika hat mit zahlreichen Sattlern gesprochen, die dieses Bild bestätigen. Die Druckbelastung bestätigt hier in sämtlichen Fällen das oben beschriebene Bild.
Nuno Oliveiras Arbeit wurde ebenso akribisch von Annika unter die Lupe genommen: Auf den meisten Aufnahmen wiederholt sich folgendes Bild:
„Die Pferde sind meist rechts wenig gestellt. Wenn ein Pferd sich etwas überbiegt, dann passiert das links herum“.
Wenn also das rechte Hinterbein oftmals als Verursacher der Schiefe ausgemacht werden kann, potenziert sich das Problem natürlich in die Hüften des Pferdes. Die linke Hüfte kommt nicht so schön nach innen unten.
Die Köpfe rauchten, denn die Probleme, die uns im Pferdekörper durch die natürliche Schiefe begegnen, waren noch keinesfalls zu Ende analysiert.
Auch hier nickten viele Gesichter im Publikum, denn das folgende Problem tritt auch sehr häufig ein:
„Das Pferd drückt im Schulterherein ständig herein. Man kommt vom inneren Zügel nicht weg, die Schulter wird nicht frei. Hier ist die rechte Seite des Pferdes erneut gut über die Hüfte zu korrigieren. Das heißt: Im Schulterherein auch mal an den äußeren Schenkel denken, der von sich wegbiegend die Biegung um den inneren Schenkel unterstützt und somit die innere Hüfte nach vorne holt.“
Wenn das Pferd nach innen herein fällt, hat der Reiter oft das Gefühl, das Pferd würde seitwärts nach innen laufen. Allerdings wurde das Pferd in der vorwärts Bewegung zu prominent. Annikas Tipp: Ganz simpel. Nämlich bremsen. Mal das Tempo zurücknehmen, um Pferd und Mensch den Bewegungsablauf bewusster und langsamer spüren zu lassen.
Für Annika ist es wichtig, dass die Reiter sich der Schiefen bewusst werden – vor allem da diese auch von Tag zu Tag unterschiedlich dominant sein können.
„Wer denkt, dass die Natürliche Schiefe alleine durch die Belastung aus dem Sitz heraus zu verbessern ist wird feststellen: Selbst im Kosakenhang wird der Rippenbogen des Pferdes nicht deutlicher nach innen unten kommen, wenn die Hinterbeine weiter hinten raus schieben“.
In der ersten Einheit wurde daher besonderes Augenmerk auf die Wahrnehmung der Schiefe gelegt. Für die Zuschauer kommentierte Annika ausführlich alles Gesehene und Gespürte mit. Nach der ersten „Schiefen-Bestandsaufnahme“ wurde bereits die Bearbeitung der Schiefe aufgenommen.
Vom jungen Pferd, bis zu unserem Routinier Anton gab es für die Zuschauer viel zu sehen und für die Reiter viel zu spüren. Besonders stolz bin ich auf meine Schüler Anja und Julia, die alle Tipps von Anja super gut umsetzen könnten. So hat Julia an der Kommunikation bis zum Advanced Lunging gearbeitet, um ihr Pferd auch im Kruppeherein am größeren Zirkel gut führen zu können. Die Kontrolle über innere und äußere Schulter konnte ebenso verbessert werden. Anja hat vom Sattel aus gearbeitet. Anja war mit ihren 12 Jahren beim Kurs übrigens unsere bisher jüngste Teilnehmerin. 🙂
Durch Annikas positiv-motivierende Art zu unterrichten blieben Zuschauer und Reiter bis zur letzten Einheit motiviert.
Am Sonntag kurz vor dem Abflug ging es noch mal „rasant“ zu meinen Pferden an den Sonnenhof. Dort hat mir Annika einige Übungen aus der Ostheopathie gezeigt, um Tabbys Schulter mobiler zu machen. In der darauf folgenden Einheit wurde der Rückenschwung deutlich besser, Annikas Tipps ließen sich sofort ganz wunderbar umsetzen.
Ich freue mich riesig über den wunderbaren Austausch mit Annika.
Eine Fortsetzung folgt in Graz ganz bestimmt! 🙂
Mehr über Annika Keller gibt es im Podcast.
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