In einer der letzten Podcast Episoden habe ich mit Trainer-Kollegin Sandra Mauer über das „Spiegeln“ gesprochen. Wenn das Pferd der Spiegel ist, dann können wir uns auf eine spannende Reise zu uns selbst begeben. Wie sagt Bent Branderup: Erschrick nicht über die Wahrheit. Manchmal ist es aber schwer in den Spiegel zu sehen.
Das Spiegelkabinett des Grauens…
Wir alle machen eine Entwicklung durch. Aus Fehlern lernt man. Ich kann heute wohl sagen, dass ich vor 14 Jahren nicht unbedingt gelassen an die Ausbildung meiner Stute Barilla ging.
Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins
(Marie von Ebner-Eschenbach)
Ich sage es ganz ehrlich – leicht fällt es mir heute noch immer nicht über meine Fehler von damals zu schreiben. Zuweilen schiebt sich der Gedanke ein: „Ist doch Schnee von gestern, was hat das mit meinen Fähigkeiten als Ausbilder von heute zu tun?“
Sehr viel, denn mein Ich von gestern hat maßgeblich zu meinem Ich von heute beigetragen und so auch meine heutigen Stärken entwickelt.
Schließlich leben wir aber in einer Gesellschaft, die Unfehlbarkeit anstrebt und nicht gerne verzeiht.
Ist tatsächlich nur der kompetent, der noch nie einen Fehler gemacht hat, oder gehört es zur persönlichen Kompetenz aus Fehlern zu lernen?
Wer bin ich in den Augen meines Pferdes? So ein schöner Satz, mit dem Bent Branderup das Publikum fesselt oder zum Nachdenken anregt. Ich muss gestehen – ich brachte zu meinem Beginn auch eher die Tipps für die Verbesserung der Geraderichtung vom Theorievortrag nach Hause. Wer ich in den Augen meines Pferdes war, diese Frage habe ich auch lange gescheut.
Das Pferd ist kein Kurzzeittrend – seit Jahrzehnten verbringt der Mensch seine Zeit gerne mit dem Pferd. Seit Jahrzehnten gibt des den Wunsch nach Harmonie. Seit Jahrzehnten sehnt man sich danach auf dem Rücken des Vierbeiners total im Hier und Jetzt zu sein.
Wo sind wir denn noch im Hier und jetzt?
Da gibt es das idyllische „Wendy-Klischee“, das versucht die meist vorherrschende weibliche Begeisterung für das Pferd zu erklären. Und dann gibt es einen zunehmenden Trend – der Wunsch die eigene Achtsamkeit zu erhöhen, den Hektik des Alltags durch meditative Tätigkeiten auszuschalten, die Natur bewusster zu genießen. Hier kommt das Pferd ins Spiel und oft schaffen wir nicht den Wunsch nach Natürlichkeit und Innehalten mit dem eigenen Ehrgeiz zu vereinbaren.
Die Kunst der Selbstbeherrschung
Wenn du aufgebracht bist, sagt man im Shaolin tue und sage nichs. Atme tief ein und aus und warte bis dein Geist wieder ruhig und klar ist. (Bernhard Moestl)
Wie oft war ich meinem Pferd gegenüber ungerecht?
Wie oft war ich aufbrausend?
Wie oft war ich undeutlich in meiner Kommunikation und als Konsequenz ungerecht?
Wie oft war ich innerlich wütend, weil mein Pferd mich doch endlich verstehen muss?
Bent Branderup hat recht, wenn er uns fragt, wer wir in den Augen unseres Pferdes sind. Eigentlich ist diese Frage ja über das Reiten hinaus zu sehen. Wie würde ich mich von außen wahrnehmen und beschreiben?
Nun, Bent Branderup sagte auch Reiten ist Lebenskunst:
Als Künstler lebt man zwar nicht länger, aber mehr
Daher bringt uns der tägliche Blick in unseren Spiegel – in die Augen unserer Pferde uns selbst ein kleines Stückchen näher.
Ich bin jemand, mit dem meine Pferde zum Glück gerne zusammen sind. Wenn ich zwei Tage nicht da bin (und meine Pferde werden in meiner Abwesenheit bestens verwöhnt) freuen sie sich offensichtlich über meine Rückkehr. Ich bin heute jemand, der Pina dabei geholfen hat durch unseren gemeinsamen Weg vom schüchternen und eher stillen Mäuschen zur weisen und sehr selbstbewussten Herdenchefin zu werden. Ich bin jemand, der Tabby heute genug Sicherheit gibt und der dadurch von ihr immer wieder überrascht wird. Frühere Zornesausbrüche werden immer seltener, immer öfter lässt sich Tabby vorbehaltlos auf etwas neues ein.
Ich bin jemand, der dann auch gerne in alte Muster zurückfällt und der sich von seinen Pferden dann aber auch gerne sagen lässt: Bitte formuliere deine Wünsche anständig und hudle nicht!
Blicken wir also öfter in den Spiegel Pferd – und wir werden Einfach viel über uns und unsere Reiterei herausfinden!
Letzte Kommentare