Jeder Mensch trifft Entscheidungen, doch jeder trifft sie anders. Die einen verlassen sich auf ihr Bauchgefühl, die anderen entscheiden mit dem Kopf. 

Nicht nur im alltäglichen Leben treffen wir Entscheidungen, sondern auch bei der Arbeit mit unseren Pferden. 

Allein die Entscheidung heute in den Stall zu fahren, beeinflusst die Zeit mit unserem Pferd. 

Was bist du? Entscheidest du nach Kopf oder Gefühl? 

Ich persönlich bezeichne mich eher als Kopfmensch. Ich wäge viele Dinge ab und bin sehr organisiert und genau. Alles muss gut geplant sein, ja, ich tendiere dazu, ständig die Kontrolle behalten zu wollen. Natürlich beeinflusst dieses „Verhalten“ auch den täglichen Umgang mit meinem Pferd. 

An manchen Tagen sagt mir mein Gefühl: „Mach heute Pause, das macht nichts aus.“

Mein Kopf sagt dann aber wieder: „Zwei Tage Pause hintereinander? Hast du kein schlechtes Gewissen? Fahr zumindest hin, um Amira zu versorgen.“ 

Tja und dann? Dann bin ich im Stall und denke doch wieder darüber nach, etwas mit ihr zu unternehmen und meist geht es dann in die Hose. 

Ich bemühe mich mittlerweile sehr, mich auf mein Gefühl zu verlassen, denn sehr oft hat es einfach recht.

Natürlich ist es bei wichtigen Entscheidungen wesentlich, den Kopf mitarbeiten zu lassen, wenn es zum Beispiel um die Gesundheit geht oder andere Dinge, wo keine Fehler passieren sollten. 

Jedoch bei der täglichen Arbeit lasse ich meinem Gefühl immer mehr freien Lauf. 

Kopf oder Bauch? Was ist besser? Gibt es ein Besser? 

Man liest viel über Trainingspläne und dass man sich Dinge vornehmen und dann auch so durchführen soll. Für mich persönlich wäre so etwas ein absoluter Druck. Ich als absoluter „Ehrgeizler“ – würde man in Österreich sagen – kann mit Plänen sehr schlecht arbeiten, da ich dann nur noch auf meinen Kopf höre und niemals dem Gefühl Raum lassen würde. Natürlich habe ich das bereits gemacht und habe mich immer mehr in Dinge hineingesteigert, die vollkommen unnötig waren, denn hätte ich auf mein Gefühl gehört, wären wir viel weitergekommen. 

Die Zeit mit Amira ist mir sehr wichtig, doch seit mein Hobby zu meinem Beruf wurde, verspüre ich immer mehr Druck, den mein Kopf mir macht. Zum Glück habe ich einen Partner an meiner Seite, der mir auch immer wieder sagt:

„Hör auf dein Gefühl, wenn es dir heute sagt, langsam zu treten, dann mach das doch so!“ 

Ich wünsche mir sehr, eine gesunde Mischung zwischen meinem Kopf und meinem Gefühl zu finden, denn das würde Amira und mir vermutlich am besten tun. 

Konzentriert bei der Arbeit

Bauch oder Verstand? Gefühlsmensch und Kopfmensch im Unterricht

Wenn ich hier zuallererst an mich selbst denke, dann ist es für mich als Kopfmensch sehr wichtig, alle Dinge zu verstehen und gut erklärt zu bekommen. Ich tue mir sehr schwer mit inneren Bildern und brauche viel Information, um im Unterricht „Anweisungen“ auszuführen. Habe ich es verstanden, dann kann mein Gefühl mitarbeiten. Dann fällt es mir bei der Arbeit leicht, mein Gefühl und meinen Kopf zu kombinieren – außer, ich nehme mir etwas vor, was jetzt sofort funktionieren soll, dann übernimmt wieder der Kopf allein und wie könnte es anders sein? Es klappt nicht.

Auch hier komme ich für mich zu dem Schluss: die gesunde Mischung macht es aus. 

Wenn ich an meine Schüler im Unterricht denke bzw. an mich, wenn ich unterrichte, dann erkläre ich sehr gerne und oft, warum und weshalb wir was machen und wie man es korrekt erarbeitet und ausführt. Für viele ist es genau das, was sie suchen, was nicht bedeutet, dass sie Kopfmenschen sind. 

Wenn Gefühl und die richtigen Hilfen verschmelzen, dann stimmt alles. 


Viele brauchen zu ihrem guten und richtigen Gefühl eine Erklärung und fühlen sich dann komplett – also wieder eine Mischung aus Gefühls- und Kopfmensch, würde ich behaupten. 

Umgekehrt gibt es aber auch Schüler, denen das gute Gefühl viel wichtiger ist als korrekte Erklärungen, was zwar auch ganz wichtig ist, denn ohne gutes Gefühl, wird auch der Kopf keine gute Schlussfolgerung ziehen können. Der Kopf gehört aber dazu – in welchem Ausmaß, das ist die Schwierigkeit, der wir uns immer wieder und in jeder Situation stellen müssen!

Kopf oder Bauch? Kann man „Fühlen“ lernen? Kann man „Denken“ lernen? 

Manchmal höre ich: „Ich möchte lieber nach Gefühl reiten, wenn ich über die Hilfengebung nachdenke, dann verkrampfe ich mich und verliere das gute Gefühl.“ Das kann ich absolut verstehen! Leider ist es dennoch wichtig, die Hilfen zu verstehen und zu erlernen. 

Man kann leider nicht nur ein gutes Gefühl unterrichten, sondern muss auch die richtigen Werkzeuge „liefern“, um ein gutes Gefühl erzeugen zu können. 


Bent Branderup sagt gerne auf seinen Kursen:

„Erklären kann ich euch viel, fühlen müsst ihr selbst, denn das kann ich euch nicht beibringen.“

Da kann ich ihm nur vollkommen zustimmen. 

Man kann ein gutes Gefühl beschreiben, wie es sich für einen selbst anfühlt, allerdings fühlt jeder anders und individuell. Die eigene Reise ist daher besonders wichtig. 

Manchmal überwiegen doch die Emotionen

Mit Kopf oder Bauch? Wann gebe ich meinem Pferd ein gutes Gefühl? 

Unsere Pferde orientieren sich sehr an unserem Gefühl und an unserem Gemüt. 

Ich merke immer wieder, wenn ich zu verkopft bin, dann kann ich Amira kein gutes Gefühl vermitteln. Freude, die man empfindet, entsteht nicht nur, weil der Kopf etwas verstanden hat, sondern Freude ist ein Gefühl, dass automatisch aufkommt, wenn sich der Körper gut fühlt. Unsere Pferde spiegeln uns wider und empfinden Freude, wenn wir sie empfinden. Sie denken nicht darüber nach, was sie da gerade getrieben haben, sondern spüren an unserer Freude oder an unserem Frust, was richtig und was falsch war und können es somit wiederholen oder nicht mehr tun. Natürlich müssen sie diverse Hilfen auch verstehen und erlernen, aber das gute Gefühl ist das, was Pferd und Mensch weiterbringt und verbindet. 

Amira und ich nach einer tollen Einheit, wo das Gefühl einfach gestimmt hat. 

Also lassen wir unserem Gefühl mehr Spielraum und setzen unseren Kopf in Maßen ein, dann reiten wir bestimmt einfach.  

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