In der Serie rund um den Sitz fehlt noch ein wichtiges Puzzlesteinchen. Die Sekundärhilfe des Reiterbeins, ihre wichtigsten Do`s und Don`ts im 10 Punkte Knigge rund um des Reiters Bein.

In der Akademischen Reitkunst ist der Sitz die Primärhilfe. Der Sitz ist quasi das Info-Aufnahme und Info-Abgabezentrum für Pferd und Reiter. Ziel ist es, wie Antoine de Pluvinel beschreibt, das Pferd aus der Hüfte heraus in allen Touren und Gängen zu führen.
Sekundarhilfen sind Hand, Gerte oder Schenkelhilfen.

6 Dos und 4 Don’ts für den 10 Punkte Knigge fürs Reiterbein

1. Eifere keinem falschen Schönheitsideal nach.

Der Sitz muss funktional sein. Wie oben beschrieben soll der Sitz Informationen aufnehmen, aber auch an das Pferd weitergeben können. Wer sich daher zu sehr auf die optische Komponente konzentriert und die funktionale Komponente vernachlässigt, wird mit dem Unterschenkel elegant sein, aber keine Mitteilungen an das Pferd weitergeben können. Daher hilft stures „Absatz“ tief nicht, wenn man den Schenkel dadurch nicht mehr verwahrend, umrahmend oder versammelnd einsetzen kann. Wie schon die Alten Meister schrieben, soll der Sitz entspannt sein, der Oberschenkel liegt entspannt an das Pferd geschmiegt frei aus der Hüfte, die Unterschenkel schmiegen sich entspannt frei aus dem Knie an das Pferd.

2.Weniger ist mehr (Presse den Unterschenkel nicht an das Pferd)

Jeder Reiter weiß: ein Pferd spürt eine kleine Fliege auf seinem Bauch sitzen. Viele Reiter meinen auch, ihre Pferde würden die Schenkelhilfen absichtlich überhören. Wer ständig presst, nimmt allerdings in Kauf, dass er sein einst gut hörendes Pferd zum Kandidaten für ein Hörgerät macht. In diesem Sinne – willst du gelten – mach die starke Einwirkung möglichst selten!

3. Gib dem Pferd einen Rahmen

Gustav Steinbrechts wichtigster Grundsatz: Reite dein Pferd vorwärts und richte es gerade. Um Geraderichten zu können, muss das Pferd den inneren und den äußerden Schenkel, sowie den umrahmenden Schenkel verstehen. Nehmen wir an, wir reiten auf der linken Hand im Trab. Auf der langen Seite führen wir unser Pferd auf dem zweiten Hufschlag in ein Schulterherein. Alles fein, das innere Hinterbein nimmt vermehrt Last auf und greift in Richtung Schwerpunkt. Bloß das äußere Hinterbein möchte dem abgefragten Rahmen nicht so ganz nachkommen. Es verlässt den Rahmen nach außen. Nun ist der umrahmende Schenkel gefragt. Der innere Schenkel kann nun korrigierend auf das äußere Hinterbein einwirken

4. Benutze den verwahrenden Schenkel

In der gleichen Situation kann auch der äußere Schenkel als Verwahrender Schenkel mithelfen, um das äußere Hinterbein, das sich breitbeinig dem Weg Richtung Schwerpunkt entzogen hat, wieder einzufangen.

5. Spüre, wann die Hinterbeine in der Luft sind

Um auf die Hinterbeine Einfluss zu nehmen, muss der Reiter in der Lage sein zu spüren, wann sich diese am Boden bzw. in der Luft befinden. Hier genügt ein bisschen Übung. Wer sich ohne Steigbügel aufs Pferd setzt kann genau spüren, wie beim Abfussen des inneren Hinterbeins, die Reiterhüfte nach vorne unten platziert wird. Durch den dreidimensionalen Rückenschwung werden Steigbügel nach links und rechts pendeln, wenn sich das Pferd im Schritt vorwärts bewegt. Genauso werden die pendelnden Reiterbeine bewegt und praktischerweise im richtigen Moment des Treibens an die Flanke des Pferdes platziert.

6. Benutze die Steigbügel nicht nur zum Aufsteigen

Steigbügel können vielseitig als Hilfe eingesetzt werden.
Der berühmte Bügeltritt unterstützt den Oberschenkel dabei die Abwärtsrotation des inneren Brustkorbs zu unterstützen. Tritt man den Steigbügel ein wenig von sich weg, kann diese Hilfe das Pferd unterstützen dem Schwerpunkt zu folgen, oder aber auch die Seitengänge zu unterstützen.

7. Unterscheide zwischen innerem und äußeren Schenkel

Der innere Schenkel biegt um sich herum, der äußere Schenkel biegt von sich weg. Diese Übungen lassen sich am Besten bereits im Stehen festigen. Reagiert das Pferd nicht auf den inneren Sitzknochen, kann der Innenschenkel durch leichte Vibration im Steigbügel oder durch Streichen mit der Wade gegen die Fellrichtung das Pferd auffordern, sich um diesen zu biegen und die innere Hüfte abzusenken.

Der äußere Schenkel, liegt im Gegensatz zum inneren Schenkel nicht an, sondern etwas hinter dem Gurt. Er fordert das Pferd auf, sich von dem Schenkel weg zu biegen.

8. Benutze deinen direkten Schenkel

Der direkte Schenkel fordert das gleichseitige Hinterbein auf, in Richtung Schwerpunkt zu treten. Daher ist Punkt 5 besonders wichtig. Nur wer spürt, wann die Hinterbeine in der Luft sind und wann sie am Boden stehen, kann für den notwendigen Schwung nach vorne zur rechten Zeit sorgen.

9. Benutze deinen versammelnden Schenkel

Versammlung heißt: mehr Energie! Der versammelnde Schenkel fordert das gleichseitige Hinterbein dazu auf, schneller vom Boden abzufußen.

10. Sporen musst du dir verdienen

Sporen verdienen sich Reiter nur, wenn sie Punkt 1 perfekt beherrschen. Wie sagt Bent Branderup in seinen Theorievorträgen so schön:

Sei eine Nachricht für das Pferd.

Der Sporn soll für das Pferd also lediglich die Nachricht beinhalten, dem Reiter noch ein wenig mehr Gehör zu schenken. Ebensowenig wie die Reiterbeine pressen dürfen, darf der Sporen die Schenkelhilfen ins Übermaß übersetzen. Daher sollte man sich bei sämtlichen Hilfen immer vor Augen halten: Sie dienen der Verbesserung der Kommunikation.

Bewusste Kommunikation durch das Reiterbein kann also die Verständigung mit dem Pferd verbessern.

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