Italien im Spätsommer. Die Zeit der Ernte, der Feste gewidmet den Kastanien, Pilzen und Käse in den zahlreichen Dörfern auf dem Land. Sonne, aber Wind, der das „Profumo“ des Landes über die sanften Hügel an der Adria trägt. „Bella Italia“, von Friaul über die Toskana bis in die nördlichen Abruzzen.
Verliebt in Italien
„Der Schöpfer hat Italien nach Entwürfen von Michelangelo gemacht.“
Ja, auf dieser Seite dreht sich alles um Pferde und die Reitkunst. Und ich wiederhole mich bestimmt, wenn ich an dieser Stelle betone, dass Pferde meine größte Leidenschaft sind. Meine zweite große Liebe: Italien. Wenn ich heute durch das Kanaltal heimwärts nach Österreich fahre, dann spüre ich ein bitteres Ziehen in meiner Kehle. Das war schon immer so. Und diese Sehnsucht bringt mich immer wieder zurück – nach Sardinien, wo ich das Glück hatte von Klein an bei sardischen Bekannten jeden Sommer zu verbringen und so auch von Klein an Italienisch zu lernen. Oder die Sehnsucht bringt mich nach Rom, wo ich eine Zeit lang studiert hatte. Oder nach Florenz.
Gutes Essen, guter Wein, schöne Künste und Kultur, La Moda – viele Puzzlesteine, die Italien so liebenswert machen. Ein wichtiger Grund für mich ist aber die Freude der Menschen an schönen Dingen. Eine Sache, die wir uns als Reiter unbedingt zum Vorbild nehmen können. Wie viele Reiter und Pferdefreunde kenne ich, die ein Bild betrachtend zuerst alles Negative aufzählen können? Wie oft gibt es ein großes „Aber“?
Die große Freude an der Schönheit unserer Pferde – auch wenn mal etwas nicht wie „geschmiert“ läuft – die nehme ich mir immer wieder gerne aus Italien mit, vor allem da uns Österreichern das „raunzen“ so gar nicht fremd ist.
Italien – ein Land mit Reitkultur- Geschichte
Wenn man die Geschichte der Reitkunst in einem Stammbaum nachzeichnet, taucht er bei den Wurzeln auf – Frederico Grisone (1505-1570) wird gerne als „Vater der Reitkunst“ bezeichnet.
Im Alter von 27 Jahren gründete er in Neapel die erste Reitakademie und läutete damit die Ära der großen Reitakademien ein. Das Revolutionäre daran war nicht alleine der Inhalt der Pädagogik, sondern das Wie. Wenn wir heute interaktiv via Skype oder Lernplattformen auf dem Datenhighway lernen, dann war es in der Vergangenheit so, dass vor allem adelige Schüler meilenweit auf dem Pferd unterwegs waren, nur um zu einer solchen Akademie zu gelangen.
Es kam zu einer großen Nachfrage an Studienplätzen – und für den Ausbilder ergab sich nun auch die Gelegenheit das Wissen gleich an mehrere Schüler und nicht an einen Auszubildenden weiter zu geben. Grisone hatte vor allem das Werk Xenophons genau studiert- vor allem in Punkto Sitz und Hilfengebung. Schüler von Grisone haben dann später weitere bedeutende Akademien gegründet, beispielsweise Cesare Fiaschi in Ferrara, ein weiterer bedeutender Schüler war Giovanni Pignatelli, bei dem widerum Antoine de Pluvinel Unterricht erhielt und seinerseits die französische Reitkunst vor allem durch seine sanfte Pädagogik prägte.
Stichwort Sanft:
Gerne wird der italienischen Schule nachgesagt, die gewaltsame Unterwerfung des Pferdes forciert zu haben.
„Dass Grisone die grausamsten Strafen kannte und beschrieb heißt nicht, dass er selbst alle von ihnen und schon gar nicht ständig anwendete. In einigen Passagen distanziert er sich sogar ausdrücklich von einigen Methoden“. (Aus: „Du entscheidest“ von Christin Krischke).
Wir können nicht mehr in die Vergangenheit reisen, um uns direkt vor Ort ein Bild zu machen. Ich denke es ist sehr schwer alte Schriften genau zu entziffern, der Gebrauch der Sprache war gänzlich anders als heute, auch wurde allüberall nur das Wichtigste aufgeschrieben, Selbstverständlichkeiten blieben häufig auf der Strecke.
Was jedoch unbestritten bleibt ist der Grundstein für die vielen Reitakademien, die nun in ganz Europa ihre Pforten öffneten.
Und das moderne Ausbildungssystem heute?
Heute brauchen wir nicht tausende Kilometer im Sattel überwinden, bevor wir als Eleve eine Ausbildung an den Reitakademien beginnen (Was jedenfalls für das Gefühl des Reiters und den Sitz nicht schlecht wäre). Heute lernen wir interaktiv im Internet, besuchen Kurse und laden mobile Trainer zu uns direkt auf den Hof ein.
Weil Trainer der Akademischen Reitkunst in Italien heute nicht mehr allzu leicht zu finden sind, hat Pia Müller-Romano daher auch zuerst mal per Videokurs gelernt. Durch die Videos von Bent Branderup wurde das Interesse immer größer und so verabredeten wir uns Anfang des Jahres für einen Austausch im September.
Auf meiner Reise in den Süden konnte ich meiner Lieblingsstadt Florenz einen ausgiebigen Besuch abstatten. In Cortona (Hier wurde der Film „Unter der Sonne der Toskana“ gedreht) entdeckte ich nicht nur eine wunderbare Altstadt sondern auch Skurriles (Ist dem Tourist der Hügel zu hoch, benutzt er einfach eine Outdoor-Rolltreppe, um ins Centro Storico zu gelangen).
Fünf Tage lang haben Pia und ich dann bei ihr am Hof mit zwei ihrer Pferde gearbeitet. Pia ist Physiotherapeutin für Pferde und bietet in den nördlichen Abruzzen wunderschön geführte Ausritte (nicht für Anfänger geeignet) an.
Reiter können dabei ein unbeschreibliches Panorama genießen. Damit die Pferde gesund bleiben ist Pia aber auch eine ausreichende Gymnastizierung wichtig. Ich war sehr begeistert von Pias Grundlagen in der Bodenarbeit, die sie ausschließlich durch Lehrvideos erarbeitet hatte.
So hatten wir eine schöne Basis, wobei wir Gefühl und Hilfengebung verfeinern konnten. Pias Feedback zu unserer Gemeinsamen Woche:
Das schönste an dieser Woche war für mich diese ungezwungene Atmosphäre. Es war alles echt. Ich hatte nicht das Gefühl irgendwie unter Druck zu stehen, weder zeitlich noch inhaltlich. So konnte ich mich voll auf das jeweilige Pferd konzentrieren!
Viva, der spanische Jungspund sollte vor allem ein Gefühl dafür bekommen, wie ihr Körper funktioniert.. Kleine, genaue Mini-Aufgaben, die aber meiner Meinung nach, zum Großen Ganzen führen werden. Dem Pferd hat es sofort geholfen mental bei uns zu bleiben, was für Viva wahrscheinlich die größte Aufgabe ist. Die Übungseinheiten haben mir sehr gut gezeigt, wo wir gerade in ihrer Ausbildung stehen und was jetzt, aktuell für das Pferd das Wichtigste ist.
Klio, das für die Reitkunst eher unvorteilhaft gebaute, und mittlerweile in die Jahre gekommene Vollblut hat ein Programm bekommen, was sich innerhalb weniger Tage wirklich sichtbar auf seine eigentlich schlechte Oberlinie ausgewirkt hat. Die genaue Abfolge der Seitengänge an der Hand haben sofort muskuläre Ergebnisse gebracht, auch an der Hinterhand. Das hat mich wirklich überrascht. Auch konnten wir offensichtlich eine Blockade lösen, da er am zweiten Tag viel deutlicher abgekaut hat.
Der Unterricht war die ganze Zeit über toll aufgebaut. Ein Teil passte immer zum nächsten, so dass am Ende mein eigenes Übungsprogramm dabei raus kam. Die vielen bildlichen Brücken helfen beim Verständnis und bleiben so auch im Kopf.
Für mich selbst ist das Bild des „verrosteten Robotors“ am wichtigsten gewesen. Dies hilft mir meine manchmal für das Pferd zu schnellen eigenen Manöver abzubremsen und somit mehr Ruhe in die Abläufe zu bekommen.
Ich hoffe sehr, dass Deine Italien-Liebe Dich nochmal zur Casa Norina bringt!! Feedback von Pia Müller-Romano
Pias Angebot für Ausreiter gilt übrigens noch bis November, ansonsten sind die Touren zwischen März und Juni, sowie September bis November buchbar.
Wer mitreiten möchte, sollte unbedingt ausreichend Erfahrung mitbringen. Pias Touren sind kein 20-Minütiger Ausritt, es kann dabei schon mal ein 2400 Meter hoher Gipfel erklettert werden.
Alle Infos findet ihr auf Pias Website.
Wer mit einem kleinen „che bello“ im Herzen reitet, der Reitet Einfach.
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