Seit 2012 gibt es den Videoshop von Bent Branderup. Gemeinsam mit Trainerin Bianca Grön produziert der dänische Reitmeister eine große Bandbreite an Lehrvideos, die in Form einer Online Bibliothek vor allem jene unterstützen, die nicht ständig einen Trainer als „Bodenpersonal“ dabei haben. Derzeit gibt es 13 Videos zur Auswahl, wobei von der Groundwork bis zur Piaffe alles vertreten ist.

Im heutigen Interview erzählen mir Bianca und Bent mehr über die Motivation hinter dem Videoshop und ob sich so der Trainer vor Ort ersetzen lässt.

Gerade in der Akademischen Reitkunst ist das persönliche Gefühl, bzw. die Schulung dessen enorm wichtig. Kritisch nachgefragt: Wie passen da Videolektionen dazu – und hat man dabei nicht Befürchtungen, dass Lektionen später auch falsch ausgeführt werden könnten?

Bent: Doch, natürlich. Jede Art von Unterricht hat seine Grenzen. Sogar im praktischen Unterricht ist die Entwicklung von Gefühl auch enorm schwierig.

Für das richtige Gefühl, braucht man jedenfalls auch theoretisches Hintergrundwissen. Sehr ausführlich wird die Theorie in jedem Video erklärt – beispielsweise über den Sitz. Wie lange braucht ihr eigentlich für die Produktion eines solchen Videos?

Bianca: Im Schnitt sind es zwei volle Drehtage, um das Material für ein Video zu erstellen. Wir beginnen am Vormittag und meistens sind wir dann mit dem Nachvertonen und Verfeinern noch bis spät abends dabei. Bent hat ja früher bereits in vielen Filmen mitgewirkt, was mir ja auch zu Gute kommt, da er sehr routiniert arbeitet. Sofern wir also nicht vergessen haben das Mikrofon einzuschalten, können wir meist den ersten Take verwenden.

Gibt es ein paar Anekdoten über Pannen – man kennt das ja sonst auch beim Film – und was macht ihr, wenn eine zu demonstrierende Lektion nicht gleich auf Anhieb klappte?

Bianca: Na klar gibt es immer wieder solche Pannen. Typisch sind Momente, in denen die Hunde anfangen zu bellen, gerade am Ende einer Theorieeinheit oder wie gesagt das Mikro, das nicht angeschaltet ist. Außerdem gibt es natürlich immer wieder Situationen, wo es etwas zum Schmunzeln gibt. Das heitert ja auch die langen Drehtage auf. Aber ansonsten ist Bent da recht entspannt, wenn Situationen mit dem Pferd nicht so gut klappen wie im Alltag ohne Kamera. Meist improvisiert er dann und kommentiert es auch direkt im Video. So hat der Zuschauer die Möglichkeit zu sehen, wie es auch beim Meister mal nicht klappt. Das macht die Videos auch aus, denke ich. Dass wir nicht bloß die guten Szenen zusammenschneiden, sondern Bent oft während des Trainings mit dem Pferd zusätzlich erklärt, was er gerade macht und warum.

Was, wenn beim Üben daheim doch noch Fragen offen bleiben und man keinen Trainer in unmittelbarer Umgebung hat. Wie kann man dann am besten mit Hilfe der Videos vorgehen?

Bent: Der Film und seine Möglichkeiten sind ja wie gesagt begrenzt. Es gibt aber Menschen, die sich im Selbststudium fortbilden können und Menschen, denen es nicht liegt. Manche brauchen aber auch die praktische Unterstützung, das kann der Film einfach nicht bieten.

Wer übrigens einen lizensierten Branderup Trainer in seiner Nähe sucht, wird hier fündig!

Gibt es eine bestimmte Reihenfolge, in der empfohlen wird, die Filme zu konsumieren?

Bent: Von der Basis aufwärts, ja ☺ Der Film „Diary of Swan“ ist ein guter Einstieg, weil es den Weg eines jungen Pferdes bis zum Reitpferd zeigt. Wir haben dort die Ausbildung über einen recht langen Zeitraum dokumentiert, um zu zeigen, wie viel Sorgfalt in die Ausbildung gelegt wird.

Wie funktioniert denn das System in Kombination mit der Neuauflage der „Akademischen Reitkunst“? Hier gibt es ja Verweise zu den Videos?

Bent: Ich persönlich mag ja sehr gerne so etwas Altmodisches, wie ein Buch in der Hand zu haben. Aber der moderne Mensch ist neue Medien gewohnt und für die funktioniert es wunderbar. Die meisten Menschen mögen jedoch Buch und Videolektionen in Kombination und somit passt das Angebot gut zusammen und bietet quasi gegenseitige Untersützung.

Du betonst ja immer wieder in den Videos die holistische Betrachtungsweise – also das Pferd als Ganzes zu sehen! Wird es vielleicht auch ein Video geben, das dabei Hilft den Blick zu schulen?

Bent: Es ist bisher nicht geplant. Aber wir sind immer offen für Anregung und Wünsche. Also mal sehen, ob wir solch ein Video im nächsten Jahr mit rein nehmen können.

Könnt ihr eine kleine Vorschau geben – werden noch weitere Videos folgen – und wenn ja zu welchen Themen?

Bent: Wir werden natürlich auch im nächsten Jahr neue Folgen drehen, aber wir werden vor allem die bereits vorhandenen Filme aktualisieren.

In einem Pferdeforum hatte ich die Frage gelesen – warum die Videos eigentlich per Online-Login präsentiert werden und nicht auf deiner DVD – warum habt ihr euch für diesen Weg entschlossen?

Bianca: Es ist für uns und auch den Nutzer einfacher. Der Hauptgrund des Videoshops ist ja, dass wir das Wissen für jeden zugänglich und laufend aktualisierbar machen und auch für die nächsten Generationen in einer Art Bibliothek festhalten wollen. Und das klappt auf diese Art und Weise sehr gut.

Es gab ja schon einige DVDs by Bent Branderup – gibt es hier Unterschiede zu den älteren Videos, was wurde hier verbessert bzw. ergänzt?

Bent: Die Akademische Reitkunst befindet sich in einer ständigen Entwicklung und Austausch zwischen den besten Ausbildern. So sind z.B. die äußeren Hilfen beim Longieren, der Schulschritt und die Schulparade Elemente, die innerhalb der letzten paar Jahre entstanden sind und somit in den alten Videos gar nicht auftauchen.

Als Trainer seid ihr sonst immer in unmittelbaren Kontakt mit dem Schüler – wie ist es, plötzlich quasi völlig alleine dazustehen, ohne unmittelbares Feedback?

Bent: Vor der Kamera zu stehen ist immer „steriler“, als vor einem echten Schüler zu stehen und es fehlt natürlich ein unmittelbarer Austausch.

Kann man den Weg zur Akademischen Reitkunst alleine über die Video Lektionen bewältigen?

Bent: Das kommt darauf an, wie stark der Einzelne ein Selbstudium betreiben kann. Ich habe schon Schüler gesehen, die anhand der Videos sehr gut voran kamen. Aber wie gesagt, das ist sehr individuell.

Zum Schluss noch die Frage nach der Technik: Was sind die Voraussetzungen um sich die Videos anzusehen und gibt es Einschränkungen?

Bianca: Die Videos sind auf allen Endgeräten verfügbar, man kann sagen die Abdeckung beträgt 99%. Man kann sich die Videos sowohl am Desktop (Flash, HTML5) als auch auf mobilen Endgeräten ansehen (Android, iOS).

 

Für alle, die noch auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken sind, ist der Videoshop eine geniale Möglichkeit – vor allem da die Videos auch laufend aktualisiert und erweitert werden. Man hat also länger was davon 🙂

Den Videoshop und 13 Lehrgänge fürs „Patschenkino“ findet ihr hier .

Lernen wir aus Videos, dann reiten wir einfach 😉

signature2

Fotocredit: Lotte Lekholm