Für viele Reiter ist die Positionierung des Pferdekopfes das „Nonplusultra“. Thoerie und Praxis zielen nur auf ein Thema ab: Der Kopf muss runter. So gesehen wäre es ein leichtes, der Reiterhand eine einzige Aufgabe zuzuschreiben. Doch dem ist nicht so.

Wo und wie wirkt die Hand?

Im folgenden werden drei Möglichkeiten beschrieben, auf den Schädel des Pferdes Einfluss zu nehmen.
Aber ACHTUNG: Die Reiterhand ist nicht die vorherrschende Hilfe, wenn es um Formgebung geht. Nicht umsonst wird der „Sitz“ die primäre Hilfe in der Akademischen Reitkunst genannt. Die Hand ist eine Sekundarhilfe – was für den sehr „handlastigen“ Menschen mit dem Ziel „weniger ist mehr“ oft eine große Herausforderung darstellt.

  1. Über den Kappzaum
  2. Über die Trense
  3. Über die Kandare

Kappzaum

Der Kappzaum hat vielerlei Vorteile. Zum einen schulen wir in der Bodenarbeit unseren Blick für die einzelnen Reaktionen im Pferdekörper, zum anderen entwickeln wir auch ein Gefühl für unsere Hand. Diese wirkt freilich in der Bodenarbeit vor dem Pferd geführt ganz anderes ein, als später aus der Position des Sattels – allerdings lernen wir Reiter bereits jetzt ein Fingerspitzengefühl für „zu viel“ oder „zu wenig“ zu entwickeln.

In der Bodenarbeit fragen wir das Pferd erstmals nach einer Dehnungshaltung. Ist die Antwort auf ein vorsichtiges Lösen nach abwärts am Kappzaum „Nein“ und spüren wir einen deutlichen Widerstand, dann müssen wir erstmals die Bereitschaft des Pferdes wecken sich von der Reiterhand überhaupt formen zu lassen.

Nicht immer ist das Lösen nach abwärts daher die erste Wahl um ein Pferd mit der Wirkung der Hand bekannt zu machen. Die Longe oder das Führseil ist im mittleren Kappzaumring eingehängt, die Hand wird nun den Kopf des Pferdes zur Seite führen. Pferde folgen dieser Aufforderung oftmals bereitwilliger, als der Anfrage, den Kopf nach unten in Richtung Boden zu senken. Sobald das Pferd den Kopf zur Seite nimmt, geben wir nach und loben. Somit lernt das Pferd auch sofort das Prinzip der nachgiebigen Hand kennen.

Die Wirkung des Kappzaums auf den Schädel pflanzt sich weiter fort in die Wirbelsäule des Pferdes. Dies erklärt, warum wir aus einer ersten Dehnungshaltung, Stellung und in weiterer Folge Biegung erarbeiten können.

Die Trense

Wenn wir die „Stationen“ der Einwirkung im Pferdekörper durch ein Gebiss aufzeichnen wollen, dann beginnt die Wirkung am Unterkiefer, setzt sich über die Kiefermuskulatur fort in den Schädel und schließlich wiederum zur Wirbelsäule des Pferdes. Es wäre nun verführerisch einfach am inneren Zügel zu ziehen, um eine korrekte Stellung und Biegung hervorzurufen. Vermehrter Zug oder vermehrtes Annehmen am inneren Zügel führt jedoch nur zu einer Verspannung der Muskulatur in der äußeren Oberlinie. Jene Muskeln, die eigentlich zur Dehnung gelangen sollten kürzen sich somit ab, dies führt zum (vielen Reitern bekannten) Gegenhalten. Wird nun noch mehr Gewicht am inneren Zügel aufgenommen, bringt der Reiter zwangsläufig die innere Hüfte (die in der Biegung etwas weiter nach innen-vorne gelagert sein sollte) zum Ausfallen nach außen.

Die Kandare

Die Stationen der Einwirkung der Kandare verlaufen über die Hebelwirkung der Kinnkette zum Kiefergelenk und weiter auf den Schädel des Pferdes.

Der Vorteil des Stangengebisses, also der Kandare ist die Symmetrie im Pferdemaul und damit die Anpassung an die extrem feinfühlige Zunge des Pferdes.

Stichwort Babykandare: Ein langer Unterbaum verkleinert Handfehler, er wirkt sanfter. Die vermeintliche „Babykandare“ mit kürzerem Unterbaum verursacht eine deutlich größere Winkeländerung, wenn die Zügel angenommen werden. Fazit: ein langer Unterbaum verlangsamt und verkleinert somit die Bewegungen der Reiterhand. Ein Stangengebiss mit großer Auflagefläche verringert außerdem den Druck im Maul. Ein mit viel Zungenfreiheit angepriesenes Gebiss hingegen hat eine schärfere Wirkung durch den erhöhten Druck an den Zungenrändern.

Kommen wir zurück zur Symmetrie im Pferdemaul: Weil ein Kandarengebiss also keine Gelenke wie eine Trense besitzt, soll eine blanke Kandare niemals in beiden Zügelhänden geführt werden. Beidseitige Führung bedeutet ein Kippen der Kandare auf den Zungenrand, wobei eine schiefe Belastung im Pferdemaul entsteht.

Dies verdeutlicht allerdings, dass die Kandare nicht bei der Erarbeitung von Stellung und Biegung eingesetzt werden kann. Die Kandare ist aber auch kein Mittel, um den Kopf in einer bestimmten Position zu halten. Wer die Kandare einsetzt, um den Kopf des Pferdes „nach unten“ zu dirigieren und den Hals rund zu machen, hat die eigentliche Wirkung – die Oberlinie lang und leicht zu halten nicht verstanden.

Jedes Werkzeug ist nur so scharf, wie die Hand, die es bedient.

Es braucht also mehrere Komponenten, um eine gewisse Leichtigkeit in der Reitkunst zu bekommen. Das Pferd muss Schritt für Schritt Sekundarhilfen und Primärhilfe „Sitz“ erlernen, der Reiter muss verstehen die Informationen aus dem Pferdekörper richtig zu interpretieren, um für jede Situation das richtige Werkzeug parat zu haben. Erst dann kann ihm die Hand als Sekundarhilfe überhaupt nützlich sein. Auch aus diesem Grund empfiehlt es sich jeden Schritt einzeln und ordentlich in der Ausbildung des Pferdes zu beschreiten. In der Bodenarbeit lernen Pferd und Reiter eine gemeinsame Sprache, der Kappzaum ist das vorherrschende Werkzeug. In der Handarbeit kann vom Boden aus die Reiterhand sowie die Reaktion des Pferdes auf die Reiterhand geschult werden. Vom Sattel aus bleibt der Kappzaum oder ein eingeschnallter Semikappzaum ein verbindendes Element – schließlich soll für den vierbeinigen Schüler nun auch die Kommunikation in einer Verlässlichkeit erfolgen, die bereits am Boden zum guten Ton gehörte.

Lernen wir gemeinsam Schritt für Schritt, dann Reiten wir Einfach 😉