Pferde und Reiten sind eine sehr emotionale Sache. Für viele von uns quasi Lebensinhalt, Antrieb, Leidenschaft. In der Reiterei lernt man viele Emotionen und es ist spannend, welche Emotionen uns auf der Reise zur Reitkunst begleiten. 

Emotion 1: Glück

Wer nicht sofort beim allerersten Zusammensein mit einem Pferd Glück empfindet, der wird nicht dabei bleiben. Und so war es das Glücksgefühl, das uns mit den Pferden zusammen brachte und einen Bund fürs Leben schloss. Als ich mich in Pferde verliebte, war ich noch sehr klein, niemand hätte gedacht, dass ich unbedingt auf ein großes Pferd von 1,70 Stockmaß klettern wollte – aber ich tat es, obwohl ich mich als fünfjährige vor einem Dackel fürchtete. 

Der Geruch der Pferde, die Ruhe und die Verbundenheit, die unendliche Dankbarkeit, mit Pferden zusammen sein zu dürfen, das sind die nächsten Emotionen, die uns auf der Reise zur Reitkunst begleiten. Wobei die wenigsten von uns, vor allem, wenn sie als Kinder mit Pferden in Berührung kommen sofort ein bestimmtes Ziel im Kopf gehabt haben. Das Zusammensein mit Pferden war schon Glück genug. 

Emotion 2: Erleichterung und der endorphine Tanz der Gefühle 

Zum Glück kam dann später die Erleichterung in der Kinderreitschule. Nicht vom Pferd gefallen zu sein, den ersten Galopp gemeistert zu haben und damit auch der Stolz. Stolz, Dinge gemeistert zu haben, stolz ein so tolles Pferd reiten zu dürfen. Die Endorphinausschüttung, die wir beim Reiten erleben macht süchtig und man will mehr. Eine weitere Runde Galopp, den Trab besser sitzen können – und natürlich ist da wieder dieses Glücksgefühl, etwas geschafft zu haben. 

Emotion 3: Starrsinn 

Die ersten Ausflüge von der Reitschule in eine fremde Welt. Ich kann mich noch gut erinnern, als mir meine Großmutter eine Freude machen wollte und mir eine Woche Reitferien geschenkt hatte. Die Pferde waren bereits gesattelt in den Ständern (damals war das sogar noch erlaubt). Als Kind habe ich die Welt nicht verstanden, schließlich holte ich die Pferde, die ich zu Hause ritt aus riesigen Boxen oder aus dem Laufstall. Meine Lieblingsstute „Pünktchen“ war unfassbar sanft und lieb, ich verstand nicht, wie man den Pferden am Ferienhof so viel Freiheit nehmen konnte. Ich traf zum ersten Mal auf Starrsinn: „Das war schon immer so, das ist so gut und das bleibt so“. Ich war unglücklich, denn ich konnte mich nicht mit den Pferden verbinden, die ich quasi gesattelt auf dem Platz vorgestellt bekam. Reiten hatte jegliche Emotion verloren. So wollte ich nicht sein und so wollte ich auch nicht reiten. 

Emotion 4: Sturheit 

Ich kann dem Betreiber des Hofs keinen Starrsinn vorwerfen, schließlich war ich auch mit einer gewissen Sturheit ausgestattet. So verteidigte ich dann schon als Kind sehr stur, was ich für gut und schlecht befand. Ich erinnere mich mit Schmunzeln an eine Essenseinladung bei einer befreundeten Familie. Dort gab es seit kurzem auf dem Bauernhof einen Haflinger, der jedoch ohne ein weiteres Pferd den Hof bewohnte. Und die Hufe waren auch nicht ausgekratzt. Ich habe den Nachmittagstee wesentlich durch meine Ausführungen gestört und mutierte zum kleinen „Klugscheißer“. 



Emotion 5: Liebe

Oh, wie schön war es, in der Schule zu sitzen und das Ende des Tages nicht abwarten zu können, um möglichst schnell in den Stall zu fahren. Ich hatte mit 13 Jahren das unfassbare Glück meinen ersten Trakehner mein eigen zu nennen. Noch heute kann ich mich so gut an die Glücksgefühle und die große Liebe erinnern, die ich für dieses Pferd empfand. Mein „Wiesenkobold“ war natürlich das beste Pferd aller Zeiten und ich empfand für ihn nie eine andere Emotion als Liebe, Bewunderung und Achtung. 

Emotion 6: Trauer 

So verwundert es nicht, dass meine Trauer schier unendlich schien, als mein Wiesenkobold erst fünfjährig an einer Vergiftungskolik starb. Der Schmerz war unfassbar groß. Die Leere ebenso. Ich war damals erst 16 Jahre alt und konnte diesen Schicksalsschlag nur sehr schlecht ertragen. 

Emotion 7: Wut 

Ich war wütend auf mich selbst, ich war wütend auf die Welt, ich verstand nicht, warum mir das Liebste auf der Welt abhanden gekommen war. 

Emotion 8: Leere 

Ich fühlte mich leer. Zwar hatte ich wieder ein Pferd an meiner Seite, aber ich konnte nichts mitteilen, das Sinn ergab. Ich fühlte eine große Leere, die sich aufgrund meiner Unwissenheit und Ratlosigkeit ausbreitete und jegliche Farbe von uns nahm. Die Welt hatte ich mir gemeinsam mit dieser Stute bunt geträumt, so grau war jedoch unser Alltag geworden und ich nahm zwischen uns eine große Leere wahr. 

Emotion 9: Begeisterung 

Begeisterung machte sich in mir breit, als ich einen Ausweg fand. Ich hatte endlich eine Idee und einen Plan, wie ich die große Leere füllen konnte. Ich verstand, warum man wie mit Pferden kommuniziert, wie man eine gemeinsame Sprache findet, so dass vielleicht doch am Ende ein gemeinsamer Tanz entsteht, die Liebe wieder da ist und das Glück. Ich war begeistert und mit der Begeisterung kam noch eine andere Emotion dazu: 

Emotion 10: Borniertheit 

War da eine Kritik laut geworden? Kritik an dem Weg, den ich gerade eingeschlagen hatte und für den einzig wahren hielt? Das konnte doch nicht stimmen. Und plötzlich ließ ich es zu, das die Emotionen und Gefühle anderer, deren Sichtweise meine Stimmung beeinflussten. Und natürlich hatten „die Anderen“ nicht recht. Mein Pferd hatte mir die Antwort gegeben und trotzdem regte sich der Trotz in mir, wie konnte man so borniert sein? Und dabei war ich es selbst, die vergessen hatte eine gewisse Demut auch gegenüber anderen Meinungen walten zu lassen. 

Emotion 11: Zuversicht 

Jedes Pferd, das zu mir „ja“ sagte, gab mir eine gewisse Zuversicht in mein eigenes Können. Je mehr man weiß, umso mehr weiß man, dass man im Grunde nichts weiss. Und manchmal macht das auch ganz schön traurig, selbst wenn es um nichts geht. Keine Medaillen, ein Weg mit dem Pferd nicht zwingend erfolgreich sein muss. Und trotzdem. Manchmal gab es Zweifel, ob ich denn gut genug bin, aber mit wachsendem Können und den positiven Emotionen der Pferde gab es Zuversicht. Und diese Zuversicht breitete sich in mir aus und ließ auch andere zuversichtlich werden, was die Zukunft mit ihrem Pferd anbelangte. 

Emotion 12: Enttäuschung 

Es sind meist nicht die Pferde, die einen enttäuschen, sondern das Umfeld. Wer Zeit mit Pferden verbringt, verbringt diese unweigerlich auch mit Menschen. Ich habe sicherlich auch viele Menschen enttäuscht, wenn ich ihre Erwartungen an mich nicht erfüllen konnte, wenn ich zu meinen eigenen Erwartungen stand und mir selbst treu geblieben bin. Wer viel erwartet, wird immer irgendwo auf der eigenen Reise auch eine Enttäuschung finden. Sei es, wenn das eigene Idol kein positives Feedback hinterlässt, wenn Freunde anderer Meinung sind. Aber aus der Enttäuschung kann auch wiederum Zuversicht wachsen. Und letztendlich lernen wir darüber auch unfassbar viel über uns selbst. Ist es eine Enttäuschung oder wurde man getäuscht? Manchmal hat man sich auf dem einen oder anderen Weg vermutlich verrannt, wer in sich geht und prüft, ob es sich um eine Enttäuschung oder Täuschung handelt, der kann daraus wieder viel lernen und letztlich am großen Ziel ankommen: 

Emotion 13: Dankbarkeit 

Ich bin allen Pferden, die mir den Weg bereitet haben, allen Pferden, die mir ihr Vertrauen schenkten, seien es meine eigene oder Schülerpferde unendlich dankbar. Dankbar, für das unglaubliche Wissen, das sie mir beschert haben. Dankbar für das Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten. Dankbar, dass ich so großartige Pferde zu meiner Familie zählen darf. Dankbar, dass ich mich auf meine Pferde immer verlassen konnte und kann. Dankbar, dass ich sie begleiten darf. Dankbar, dass ich verstanden habe, dass sie perfekt sind. Perfektion, so sagt der wunderbare Maler Salvador DalìPerfektion müssen wir nicht fürchten, denn wir werden sie nie erreichen.

Ich bin dankbar, dass ich mich auch von vielen Zwängen und Druck befreien konnte, dass ich meine Emotionen den Pferden gegenüber wirklich gut im Griff habe, nicht unfair ihnen gegenüber werde, denn sie sind bereits wie gesagt perfekt. Ich muss ihnen nichts beibringen, ich darf weiterhin von ihnen lernen und das meiste, das lerne ich schließlich auch über mich. 

Ich bin meinen Pferden so dankbar, dass sie mir Sinn gegeben haben, schließlich darf ich ihnen meinen Lebensinhalt widmen, meine Leidenschaft und selbst wenn ich denke, welche Freundschaften kamen und gingen, welche Leidenschaft kam und ging, welche Lieben im Leben vorbeigezogen sind, die Pferde waren immer da und diese Liebe kann mir nie jemand nehmen. 

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