Nicht dominieren – sondern kommunizieren – mit Motivation und Inspiration. So steht es auf der Website von Horsevision, wo Akademische Reitkunst und Freiheitsdressur vereint werden. Christofer Dahlgren ist bereits vielen Kursbesuchern rund um die Akademische Reitkunst ein Begriff – am 19. und 20. November 2022 war Premiere für Rebecca Dahlgren. Kursthema: Liberty Dressage.

Mit dabei waren begeisterte Zuschauer, begeisterte Teilnehmer – und ganz besonders wichtig: Begeisterte Pferde!

Viktoria Portugal fasst das Wochenende zusammen:

Freiarbeit und Akademische Reitkunst? Passt das zusammen?

Dem Pferd einzelne Schritte nach und nach erklären – geduldig sein und keine Aufgaben „überstülpen“ – das schätzt Rebecca Dahlgren auch besonders an der Akademischen Reitkunst. Und auch bei der Freiarbeit erklären wir Schritt für Schritt, was welche Hilfe bedeutet. 

In der Theorieeinheit sehen wir gleich: Rebecca hat nicht nur einen Plan – sie hat sogar zwei. Denn sie referiert über Plan A und Plan B. „Wenn ich mit dem Pferd spiele, kann ich mit dem Pferd auf zwei verschiedene Arten spielen. Plan A ist das Pferd einzuladen näher zur zeigenden Gerte zu treten. Plan B ist von der Gerte wegzutreten“. Für uns Teilnehmer besonders spannend, da wir ja akademisch gesehen viele Dinge mit der Gerte zeigen – aber eben anders.

Plan A oder Plan B?

Plan B ist der leichteste Weg für den Menschen, Rebecca nennt es „Menschensprache“,weil die Umsetzung der menschlichen „Denke“ am nächsten kommt. Wenn wir das Pferd um Bewegung bitten, senkt sich unser Stresslevel, schließlich haben wir was zu tun und geben auch dem Pferd was zu tun.

Plan A vergleicht Rebecca eher mit „Pferdesprache“ – sich zur Gerte zu bewegen sorgt für ein geringeres Stresslevel beim Pferd. Wenn dieser sinkt, sucht es eher die Nähe um Menschen, denn schließlich kann es bei uns entspannen. Bewegt sich das Pferd auf uns zu – dann kann dies für uns Menschen auch in Stress ausarten – hier treffen also zwei verschiedene Interpretationen (zur Gerte hin, von der Gerte weg – Pferd – Mensch) aufeinander, was die Freiarbeit nach Rebecca Dahlgren so besonders und interessant macht.

Entspannung und gute Erklärungen

Für Rebecca ist einerseits eine genaue Erklärung der Hilfen wichtig, andererseits ist ein entspanntes Lernen von großer Bedeutung. Wenn man das Pferd mit Equipment (Zaumzeug, Halfter, Sattel) ausbildet, dann kann das Stresslevel des Pferdes mal steigen und man kann die Hilfen wiederholen, bis die richtige Antwort dabei ist. In der Freiarbeit hingegen, muss das Stresslevel niedrig bleiben, damit das Pferd die Hilfen verstehen kann und nicht vom Menschen weg möchte. Auch das ist freilich ein spannender Ansatz, den man auch in die konventionelle oder bislang umgesetzte Arbeit mit dem Pferd mitnehmen kann. Wir können uns an dieser Stelle freilich auch Fragen: Wie häufig übersehen wir etwas oder nehmen unbewusst schon ein gestresstes Pferd in Kauf?

Welchen Plan bevorzugt Rebecca?

Für Rebecca gibt es kein entweder oder: „Es ist wichtig, beide Wege zu kennen und im Werkzeugkoffer der Ausbildung zu haben. Plan B erklärt Regeln – „geh nicht weg von mir“. Das tun wir bereits, wenn wir unser junges Pferd am Halfter führen und gemeinsam losgehen und stehen bleiben. Im Zusammensein mit dem Menschen können wir bei der wichtigen Grunderziehung die Basis legen, so dass das Pferd auch Sicherheit hat – in der Nähe seines Menschen kann es immer entspannen“!

Eine Studie, die das Stresslevel bei Pferden untersuchte, postuliert das geringste Stresslevel bei Pferden, die nebeneinander stehen und dösen – daher ist auch im Zusammensein mit dem Menschen wichtig – Pausen gemeinsam genießen und entspannen. Je geringer das Stresslevel. umso mehr Verbindung bekommt man zu seinem Pferd. Wer mit seinem Pferd eine Verbindung aufbauen möchte, sollte sich auch langsam bewegen – schnelle und energetische Bewegungen führen eher dazu, das Pferd „auszuladen“ bei uns zu sein. Die Pferde wollen dann auch das Weite suchen.

Wenn das Pferd entspannt ist, kann mit der Ausbildung gestartet werden, dann kommt Plan A ins Spiel.

Nun aber der Reihe nach: 

Plan B = Regeln  Entspannen weiter zu Plan A = Ausbildung  Hilfen erklären, zurück zu Plan B: Entspannen. 

Wie geht es dann weiter in der Freiarbeit? 

Wenn die Basis vorhanden ist, dann kann man anfangen an der Rundheit und „Formgebung“ zu arbeiten. 

Was braucht man dazu? 

Definitiv mehr Plan A als Plan B, denn das Pferd soll dabei nicht von der Gerte weg treten, wenn wir nach mehr Energie fragen, schließlich soll das Pferd den Brustkorb anheben und Last auf die Hinterhand aufnehmen, dafür sollte das Pferd nicht vor der Gerte weichen. 

Zu allererst muss man sicherstellen, dass das Pferd entspannt ist und man muss sicher sein können, dass das Pferd bereit ist, für neue Aufgaben. 

Wie kann man erkennen, dass das Pferd dafür bereit ist?
Wenn man ein Signal gibt, können Pferde auf zwei verschieden Arten reagieren

  • Es kann einfach irgendwie reagieren 
  • Es kann darüber nachdenken und dann eine Antwort geben

Wenn das Pferd auf ein Signal antwortet, ohne lange darüber nachzudenken, dann ist es bereit für eine neue Aufgabe. Aber wie unterscheidet man zwischen einer Reaktion und einer Antwort? Antwortet das Pferd auf ein Signal/eine Hilfe, dann bleibt es dabei in seiner entspannten Haltung und sagt: Ach ja, das kann ich machen. Bei einer schnellen Reaktion, geht meist die Entspannung verloren und das Pferd nimmt zum Beispiel den Kopf schnell nach oben und führt die Aufgabe schnell aus, anstatt in Ruhe und bedacht. 

Sendet man zu viel Information auf einmal an das Pferd, dann wird es irgendwann nicht mehr antworten, sondern reagieren und mehr Distanz zum Menschen suchen. Passiert dies, muss man wieder an den Punkt zurückkehren, wo das Pferd bei einem bleiben möchte. 

Soviel zur Theorie – doch wie sieht dies in der Praxis aus? 

Ich hatte das Vergnügen mit meiner Jungstute Odisseia (Lusitano, 4,5 Jahre alt, gezogen von Lusitania Dressage/Lisa Maas) mit dabei zu sein.

Wie jetzt? Jungpferd?

Ja, ich habe mich in diese wundervolle Stute verliebt und sie darf nun seit Oktober Teil der Familie sein. Jetzt ist die Katze aus dem Sack 😉 

Aber zurück zur Praxis. Für Odisseia war alles neu. Lautsprecher, Zuschauer und viel Ablenkung, doch Rebecca hat es super geschafft, wir konnten durch die Anfangsübungen gut aufeinander achten und innerhalb der Einheit zu einem schönen, harmonischen Team zusammen wachsen, sodass wir rund um uns herum kaum was mitbekommen haben. Nach anfänglicher Begriffsstutzigkeit meinerseits ging es dann flott voran und ich hatte niemals das Gefühl, dass Odisseia mit den Aufgaben überfordert war. 

Wir starteten mit Plan B und schnell wollte Odisseia bei mir bleiben und wir konnten den Strick vom Halfter abnehmen. Sie lernte, mir zu folgen und auf kleinste Hinweise der Gerte zu reagieren bzw. zu antworten. Jederzeit hatte sie die Möglichkeit „Nein“ zu sagen. Es erschien mir so, als wäre jeder kleine Hinweis von Rebecca für sie logisch. Jede Veränderung in meinem Körper nahm sie wahr und schenkte mir ihre Aufmerksamkeit und ihr Vertrauen, was mich sehr gefreut hat, denn schließlich kennen wir uns noch nicht so lange. 



Die größte Herausforderung für mich war, als Rebecca sagte: Vertrau ihr! Vertraue darauf, dass sie mitkommt. Denn für mich war die größte Sorge, dass sie mich verlässt und vielleicht wild durch die Halle hüpft. Umso schöner war, als ich mich überwunden hatte und ihr das Vertrauen schenkte, dass sie dann bei mir blieb und mir weiterhin folgte. 

Für mich ein unglaublich schöner Kurs mit wenigen Erwartungen – weder an mich noch an das Pferd – einfach eine wunderschöne Art und Weise eine Verbindung und Beziehung mit dem Pferd aufzubauen, welche auf gegenseitigen Respekt und Vertrauen beruht. 

Ich habe von mir selbst immer behauptet, dass ich kein Freiarbeitsmensch bin, denn auch Amira, meine Fuchsstute, war davon nie besonders angetan. Als ich aber am nächsten Tag dieselben Aufgaben mit ihr versuchte zu lösen, entfachte ich ein Feuer in ihr und eine Freude, die mich unglaublich glücklich gemacht hat. Tja, wenn man es richtig macht, dann kann auch eine Lady Spaß an der Freiarbeit finden. 

Für mich bedeutet das auf jeden Fall: Ich komme wieder zu einem Kurs mit Rebecca Dahlgren – mit beiden Pferden! 

Neugierig geworden? Den Kurs gibt es als Onlinenachschau! Super praktisch bei den eisigen Temperaturen, gemütlich auf dem Sofa zu schmökern und dann selbst auszuprobieren. 

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