Von Pferden können wir eine ganze Menge lernen. Besonders für und über unsere Persönlichkeit. Das haben sich auch Kati Westendorf und Lukas Umbach gedacht – gemeinsam basteln sie an spannenden Projekten, über die sie im aktuellen Blogbeitrag mehr erzählen: 

Wie habt ihr euch kennen gelernt und das gemeinsame Thema geboren?

Bereits vor einigen Jahren stießen wir aufeinander und bemerkten, dass wir ein gutes Team in Sachen Austausch bilden. Wir besuchten uns hin und wieder gegenseitig, schickten einander Nachrichten, Bilder und Videos und schafften eine Basis, auf der wir jederzeit offen und ehrlich kommunizieren konnten, wodurch ein echter Mehrwert füreinander entstand.

Nach einer Weile des Austauschs fanden wir uns regelmäßig in Ideen wieder, die wir gerne zusammen umsetzen wollten. Mittlerweile gab es räumlich 200km mehr Distanz als vorher, weshalb es häufig an der Umsetzung haperte. Wie sich herausstellen sollte, war es damals aber einfach noch nicht an der Zeit, denn die Dinge passieren unserer Meinung nach immer genau dann, wenn die Zeit dafür reif ist und sie in die Welt sollen. So entstand also aus unserer Selbstreflexion und unserem Austausch eine gemeinsame Begeisterung für die Themen Freiarbeit und Persönlichkeitsentwicklung, die uns auf unseren individuellen Wegen schon einige Jahre begleitet hatten.

Warum ist euch Persönlichkeitsentwicklung ein Anliegen?

Die Persönlichkeitsentwicklung in all ihren Facetten begleitet uns alle unser ganzes Leben lang. Jeder Moment, den wir erleben, jede Situation, die wir meistern und jeder Mensch, dem wir begegnen, trägt dazu bei, dass wir uns „weiter“ entwickeln und sich unsere Persönlichkeit anpasst. Häufig läuft dieser fortwährende Prozess unterbewusst ab. Wir sehen eine große Chance darin, sich diese Prozesse (zumindest in Teilen) bewusst zu machen und dadurch in einen besseren Kontakt mit uns selbst und letzten Endes auch unserer Umwelt zu treten. Vielleicht ist die bewusste Persönlichkeitsentwicklung letzten Endes eine Reise zu sich selbst, die uns hilft zu verstehen.

Diese Reise zu sich selbst und in diese tiefe Verbindung zum Pferd gelingt in unseren Augen vor allem durch die Achtsamkeit und deren Präsenz im Zusammensein mit Pferden. Durch die Achtsamkeit werden wir entschleunigt, was in unserer alltäglichen Schnelllebigkeit häufig absolut notwendig ist, um unser Gegenüber überhaupt ehrlich wahrnehmen zu können. Unsere Pferde können uns dabei helfen, den Kontakt zu uns selbst wieder herzustellen, wenn wir mutig genug sind, unseren Ängsten zu begegnen und sie anzunehmen. Es geht nicht um eine Selbstoptimierung oder eine Bewertung seines eigenen seelischen Zustandes, sondern darum, die Wahrnehmung für eigene Bedürfnisse und denen des Pferdes zu schulen und die Kommunikation so liebevoll gestalten zu können, dass Mensch und Pferd ihren Raum bekommen dürfen. Es geht nicht darum, keine Grenzen setzen zu dürfen und es geht auch nicht darum, sich selbst gänzlich aufzuopfern und sämtliche Wünsche über Bord zu werfen. Im Gegenteil.

Kann man euer Thema vergleichen mit Coaching mit Pferd, Managerausbildung und Kommunikationstrainings mit Pferden?

Mittlerweile gibt es in diesen Bereichen so viele verschiedene Ansätze, dass es uns schwer fällt diese Frage abschließend zu beantworten. Mit Sicherheit gibt es Überschneidungen und Parallelen zu anderen Ansätzen. „Gemeinsam Frei“ hebt das Pferd als eigenständiges Individuum mit eigenen Themen und Bedürfnissen hervor, wobei das Pferd nicht bloß spiegelt, auch wenn Pferde ohne jede Frage wahre Meister darin sind zu spiegeln. Außerdem versteht sich unser Thema Gemeinsam Frei nicht als ein striktes System oder ein Ausbildungskonzept, sondern viel mehr als eine Inspiration, aus der sich jedes Paar den Teil herausfiltern darf, den es für sich im Hier und Jetzt gebrauchen kann.

Eure Pferde dürfen ihre Meinung kund tun. Wird das auf Dauer riskant? Wie ist eure Erfahrung damit, wenn ihr auf Pferde stößt, die sehr wenig Ausbildung haben. Pferde wo anderswo die Meinung lauten würde: Der gehört mal ordentlich in eine Horsemanship Ausbildung?

Uns geht es darum, ein Miteinander zu schaffen, dessen Basis nicht erschüttert werden kann. Ein ehrliches Miteinander kann unserer Auffassung nach nur dann entstehen, wenn alle Beteiligten ihre Meinung äußern können und dürfen, wozu auch „Nein“ sagen gehört. Wenn wir dem Pferd zugestehen „Nein“ zu sagen, wird es früher oder später (meistens früher) ein aufrichtiges „JA“ in sich finden. Das ist so viel kraftvoller als jedes antrainierte „Na gut“, das wir es für unser Sein mit Pferden nicht mehr missen wollen würden.

Völlig egal was wir gerade mit unseren Pferden tun. Diese Grundintention ist auf alle „Sparten“ übertragbar. Wichtig hierzu ist natürlich, dass ein großer Baustein für uns die positive Verstärkung und positive Psychologie ist. Unser Anspruch ist es nicht, rein positiv verstärkend zu arbeiten, wenn wir es lerntheoretisch ganz genau nehmen wollen. Für uns sind Emotionen, Glaubenssätze, Energien und alles auf seelischer Ebene deutlich wichtiger als reine Lerntheorie. Dennoch ist es unser Bestreben, möglichst viel mit positiver Verstärkung zu arbeiten und nur so wird das Konzept des „Neins“ auch funktionieren.

Die geläufige Meinung ist häufig, dass Pferde, die „ihren Willen kriegen“ diesen gegen den Menschen nutzen werden. An dieser Stelle schmunzeln wir meist, obwohl wir die menschliche Angst dahinter natürlich hören können. Pferde sind grundsätzlich wohlwollende Wesen, die weder dominant sind, noch unsere Erziehung benötigen, wenn sie einfach Pferd sein dürfen. Natürlich ist es nun so, dass wir Pferde in unsere Welt eingeladen haben und sie keine Möglichkeit hatten diese Einladung abzulehnen. Demnach sind wir selbst und auch unsere Pferde durch äußere Bedingungen mehr oder weniger gebunden, weshalb wir Regeln brauchen, um gemeinsam Sein zu können. Unserer Erfahrung nach ist es viel riskanter einem Pferd keinen Raum für seine Meinung zu geben. Viele Pferde kompensieren über einen viel zu langen Zeitraum, bis sie irgendwann nicht mehr schlucken können, aus solchen Situationen heraus entstehen häufig Unfälle, deren Vorboten der Mensch hätte wahrnehmen können, wenn er dem Pferd seine Stimme gelassen hätte.

Welche Vorbilder in der Pferdewelt habt ihr?

Direkte Vorbilder im klassischen Sinne haben wir wohl keine, jedoch gibt es viele inspirierende Persönlichkeiten, die tolle Ansätze verfolgen. Aus der Pferdewelt empfinden wir beispielsweise Imke Spilker und Linda Tellington Jones als Inspiratoren. Hier könnte man aber auch viele weitere nennen, die uns im Laufe der Zeit persönlich begegnet sind. Außerhalb der Pferdewelt wäre zum Thema Persönlichkeitsentwicklung zum Beispiel noch Laura Malina Seiler zu finden, die zum Beispiel durch ihren Podcast einen wundervollen Mehrwert für Jedermann bietet.

Letztlich ist es jedoch die eigene persönliche Geschichte, die für uns am meisten Inspiration in sich trägt. Unsere Pferde sind hierbei unsere größten Vorbilder in Sachen Achtsamkeit und Verbindung.

Was kann man in Gemeinsam Frei I lesen und was wird den Leser im zweiten Band erwarten?

Wir möchten durch die Persönlichkeitsentwicklung in der Freiarbeit mit Pferden, um die es auch in unserem ersten Buch geht, genau auf all das aufmerksam machen und den Druck herausnehmen. Den Druck, den wir unseren Pferden machen und den wir definitiv auch uns selbst machen, weil wir ständig an uns zweifeln und uns damit ein eigenes Gefängnis bauen. Wir möchten Mut machen, aufwecken und inspirieren. Und ganz besondern möchten wir jedem Einzelnen deutlich machen, dass er sich auf seiner individuellen Reise befindet und ihm nichts und niemand sagen kann, welcher Pfad der richtige ist. Es gibt keine Technik und keine Lektionen, die Heilung und die Lösung bringen. Wir können uns dies nicht von Außen holen, da es lediglich in uns selbst zu finden ist.

Da die Achtsamkeit für uns die Basis für alles tiefergehende darstellt, widmen wir uns in unserem zweiten Buch eben dieser und werden den Leser und Suchenden einladen, unsere Reiseroute anzuschauen und sich hier Inspiration zu holen, die sich für dessen eigenen Weg passend anfühlt. Die Pferde begleiten uns alle natürlich auf dieser Reise zu uns selbst. 

Vielen Dank für das Gespräch. 

Mehr über Kati und Lukas findet ihr auf ihren Websites:

„Gemeinsam frei – Persönlichkeitsentwicklung in der Freiarbeit mit Pferden“ von Lukas Umbach und Kati Westendorf
gemeinsamfrei.com
lukasumbach.de
equinality.de

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