Handarbeit – viele kennen den Begriff aus dem Werk- oder Kunstunterricht. Der Kunstbegriff rückt der Sache schon näher, Handarbeit ist eine der vielen Facetten in der Ausbildung von Pferden, die wir am Boden umsetzen können.
Während der Ausbildung unserer Pferde machen wir uns viele Gedanken, wie wir sie am besten fordern und fördern können.
Als erstes steht die Bodenarbeit auf dem Plan, hier werden alle Sekundärhilfen im Schritt geschult und an der gemeinsamen Körpersprache gearbeitet. In dieser Position laufen wir rückwärts vor dem Pferd und verschaffen uns einen guten Überblick.
Dann folgt die Longenarbeit, wobei die Sekundärhilfen und die Kommunikation auf Distanz und in allen 3 Gangarten auf die Probe gestellt werden.
Doch was kommt dann? Natürlich bereiten wir unser Pferd darauf vor, ein gutes und gesundes Reitpferd zu werden. Möchte man sich aber noch Zeit lassen mit dem Reiten, oder möchte man noch sicherer werden in der Hilfengebung, dann hat man die Möglichkeit sich in die Handarbeitsposition innen oder außen neben dem Pferd zu begeben.
Handarbeit – was kann diese Position?
Die Handarbeit kommt dem Reiten schon sehr nah, denn wir führen das Pferd von innen oder von außen, entweder neben der Sattellage oder neben der Schulter. Die Hand muss nun – ähnlich wie beim Reiten blind fühlen, die Königsklasse ist die einhändig geführte Disziplin, die dem Reiten schon sehr ähnlich ist.
Der zuvor geschulte Blick muss nun die Kontrolle aufgeben und der Hand die Verantwortung übergeben, die richtigen Informationen zu verstehen und zu fühlen, denn in der Handarbeitsposition hat man nicht mehr die Möglichkeit das Pferd als Ganzes zu betrachten und somit auch nicht das Gefühlte mit dem Blick zu überprüfen.
Dennoch kann man vorsichtig einen Blick zur Hinterhand wagen, wenn man sich sehr unsicher ist. Geritten könnte dies schon eher zu einem Problem werden 😉
Handarbeit – was brauche ich?
In der Handarbeit nutzt man üblicherweise die Zäumung, die man später auch für die gerittene Arbeit verwenden möchte und eine Gerte, die uns weiterhin als Schenkel- oder Zügelhilfe zu Verfügung steht. Die Zähmung kann Kappzaum oder Cavesal mit Zügeln sein, wir können freilich auch mit Gebiss also beispielsweise Kandare und Semikappzaum oder Trense/ Trense mit Kappzaum arbeiten. Wichtig ist, dass wir die Zügel, wenn wir zwei Paar nutzen gut unterscheiden können. Ein Leder-, sowie ein Gurtzügel lehrt die Hand die unterschiedlichen Materialien zu fühlen. Die Gerte sollte von der Länge her nicht nur der Körpergröße zwischen Mensch und Pferd gut entsprechen – ist der Ausbilder im Verhältnis zum Pferd eher klein, sollte die Gertenlänge entsprechend gewählt werden, um einen verlängerten „Arm“ oder „Schenkel“ in Richtung Hinterhand zur Verfügung zu haben.
Handarbeit – wo stehe ich?
Es gibt nicht nur die EINE Handarbeit, vier verschiedene Positionen stehen uns zur Verfügung, um einen Rahmen der Hilfengebung und Kommunikation um das Pferd zu legen:
Handarbeit von innen und beidhändig geführt
- Zu Beginn kann der Ausbilder sich auf der Höhe der inneren Schulter bzw. auf Höhe des späteren inneren Schenkels positionieren und die Zügel in beide Hände nehmen. Also den inneren Zügel in die innere Hand und den äußeren Zügel in die äußere Hand. In der äußeren Hand führt man auch die Gerte, die sowohl als innerer als auch als äußerer Schenkel fungiert.
- Der Ausbilder dreht sich dabei in Bewegungsrichtung des Pferdes und muss genau darauf achten, dass man sich nicht zu stark mit dem eigenen Körper zum Pferd hindreht, da man es sonst über die äußere Schulter nach außen drängen würde.
- Nun kann der Reiter an Stellung und Biegung arbeiten, wie man es auch zuvor in der Boden- und Longenposition gemacht hat. Ebenso kann man sich die Seitengänge erarbeiten und die verschiedenen Gangarten testen, wenn man sich schon etwas sicherer in der Arbeit im Schritt ist.
- In dieser Position wirkt man selbst als innerer Schenkel und als innerer Zügel, je nachdem ob man sich nahe der Halsung oder der Schenkellage positioniert.
- Hier hat mein einen guten Überblick über die Vorhand sowie über die Stellung des Pferdes.
- Bei einem Pferd – Mensch Paar, welches einen großen Größenunterschied hat, ist diese Position die angenehmste für den Menschen.

Handarbeit von innen und einhändig geführt
- Hat man in beiden Händen bereits ein gutes Gefühl und man möchte die Hinterhand des Pferdes überprüfen, so hat man die Möglichkeit, sich auf der Höhe der inneren Schulter des Pferdes zu positionieren und dabei rückwärts zu gehen, um die Hinterhand besser im Blick zu haben. Dazu ist es jedoch nötig, die Zügel einhändig zu führen und die Gerte in der freien Hand zu halten.
- Die Hand, die näher am Pferd ist, also die äußere Hand, hält und führt die Zügel. Dabei ist es besonders wichtig, dass die Hand mit den Zügeln direkt über dem Widerrist des Pferdes bleibt und wie ein Joystick die Schultern führt. Zieht man die Hand zu weit nach innen, so entsteht zu viel Druck am äußeren Zügel und das Pferd wird dagegen drücken.
- Der eigene Körper fungiert hier weiterhin als innerer Zügel und Schenkel. Der äußere Zügel und die Gerte übernehmen die Führung der äußeren Schulter und des äußeren Hinterbeines.
- Auch hier muss man gut darauf aufpassen, dass man die Vorhand des Pferdes nicht zu weit nach außen drückt.
- Bei einem Pferd, welches gerne auf die innere Schulter fällt, kann man hier jedoch gut gegenwirken, da man seine Körpersprache hier gut einsetzen kann.

Handarbeit von außen und beidhändig geführt
- Möchte man gerne überprüfen, ob das Pferd den um sich biegenden Schenkel verstanden hat, ohne dass man sich als ebendieser positioniert, dann kann man in die äußere Handarbeitsposition wechseln.
- Zu Beginn kann man die Zügel beidhändig führen. Hier ist dann die Gerte in der Hand des inneren Zügels.
- Der große Vorteil dabei ist, dass man die äußere Schulter des Pferdes mit dem eigenen Körper sehr gut einrahmen kann und gerade für Pferde, die zu einem Überbiegen im Hals und zu einem auf die äußere Schulter fallen neigen, kann dies eine große Stütze sein.
- Durch die Bewegungsrichtung nach vorne des eigenen Körpers, kann man wieder gut die Vorhand des Pferdes begutachten.
- Was machen die Vorderbeine? Schwingen diese gut nach innen oder kreuzt eines nach außen? Ist der Hals überbogen? Stimmt die Stellung?
- Wenn sich der Mensch außen befindet und das Pferd sich wegbiegen soll, dann kann das Pferd den Menschen nicht mehr sehen und muss sich so auch voll auf seinen Menschen verlassen.
- Hier kommt man der Position des Reiters am nächsten.

Handarbeit von außen und einhändig geführt
- Wenn man die Zügel einhändig führen möchte, dann dreht man sich auch dabei, wie in der Position von innen geführt, rückwärts. Die Hand, die näher am Pferd ist führt wieder die Zügel und die andere Hand die Gerte. Die Hand sollte dabei wieder gut über dem Widerrist platziert sein.
- So hat man einen guten Überblick, wo die Hinterbeine in dem Moment hinfußen und man kann das Gefühlte der Hand kontrollieren.
- Auch hier hat man die Möglichkeit, die Schulter durch den eigenen Körper gut zu führen.


Handarbeit und welche Position ist am besten?
Welche Position am besten ist, kann man nicht wirklich sagen. Es kommt ganz darauf an, wo man gerade gebraucht wird.
Für mich und Amira war die von außen und einhändig geführte Position die beste, da sie sehr leicht zum Überbiegen und über die äußere Schulter fallen neigt. Seit wir diese Sache besser im Griff haben, arbeite ich wieder lieber in der inneren Position und beidhändig geführt, da ich dabei am besten vorwärts gehen kann und die nötige Energie und den Schwung für ein korrektes Vorwärts mitmachen kann.
Durch Amiras Größe, ist es nicht immer leicht, das Vorwärts so zu fördern, wie es sein sollte. Daher arbeiten wir in der Handarbeit meist an der Versammlung.
Amira versteht mich bei der Handarbeit am besten, was die versammelnde Arbeit angeht.
Seit Amira Probleme mit ihrem Knie hat, ist diese Art von Arbeit für uns sehr wichtig geworden. Denn vom Sattel aus hat sie sich oft sehr gestresst, wenn ich sie nach Versammlung und Hankenbeugung gefragt habe. Sie ist eher gegen die Gerte gehüpft als dass sie sich mit der Hinterhand gesenkt hat. Davor haben wir mehr in der Longierposition gearbeitet, da sie dort ihren großen Schwung und ihre großen Bewegungen eher entfalten konnte. Da dies aktuell, aber nicht möglich ist, sind wir zu dieser Arbeit übergegangen
Zusätzlich bin ich in dieser Position auch viel schneller mit dem Loben und kann sie viel besser motivieren.
Ich finde es immer wieder schön, dass die Akademische Reitkunst für jeden Möglichkeiten bietet. Egal ob körperliche oder mentale Probleme, es gibt immer einen Weg das Pferd gut zu gymnastizieren und zu motivieren Ob in der Bodenarbeit, Longenarbeit, Handarbeit oder vom Sattel aus.
Letzte Kommentare