Ich reite verdammt gerne. Seit meiner Kindheit. Aber wenn ich recht überlege, dann war das Reiten eigentlich nie der Grund dafür, mit Pferden zusammen zu sein.
In diesem Blogartikel geht es um die Frage:
- Müssen wir tatsächlich reiten?
- Welche Möglichkeiten gibt es in Punkto Bodenarbeit?
- Warum wir unsere Pferde nicht mehr reiten können?
Wie alles begann
Seit meinem fünften Lebensjahr reite ich. Die Faszination für Pferde lässt mich seit mehr als 33 Jahren nicht mehr los. Vermutlich hat alles schon viel früher angefangen. Ich habe als Kind unzählige Pferde gezeichnet. Immer und immer wieder. Ich hatte das riesige Glück direkt neben einem Trakehnergestüt groß zu werden. Stundenlang habe ich sehr zum Leidwesen meiner Mutter auf dem Misthaufen verbracht. Nicht weil ich eine olfaktorische Leidenschaft für Pferdemist entwickelt hatte, sondern weil man vom Misthaufen aus die Pferdeweiden überblicken konnte und auch in die kleine Reithalle schauen konnte. Fasziniert habe ich bei den Reitstunden zugesehen oder wenn die Jungpferde auf der Weide tobten.
Das Zusammensein mit Pferden war am Wichtigsten. Das Reiten war eigentlich Nebensache. Trotzdem kann ich mich noch ganz genau erinnern, wie sich die Bewegungen der Stute „Kaldea“ angefühlt haben. Das erste große Pferd, auf dem ich meine erste richtige Reitstunde hatte. Ein Abbild Kaldeas sollte mir später wieder begegnen. Als ich das Buch „Reiten auf Kandare“ von Bent Branderup viele Jahre später in den Händen hielt, war es doch fast Kaldea, die auf dem Titelbild in einer wunderbaren Levade vom Cover strahlte. Wie ich später herausfand, war die Stute Kaskade, genannt „Miss Ellie“ tatsächlich über die Stutenfamilie der Kassette mit Kaldea verwandt gewesen. Die Pferdewelt gleicht doch einem Dorf. So habe ich auch mein kleines „gallisches Dorf“ gefunden – in der Familie rund um die Akademische Reitkunst wurde ich fündig.
Seit 2008 beschäftige ich mich intensiv mit der Akademischen Reitkunst nachdem ich auf meinem Weg mit den Pferden nach den unbeschwerten Jahren in meiner Kindheit und Jugend mit den Trakehnerpferden dann doch auch einige Sackgassen und unüberwindbare Engstellen entdeckt hatte. Ich habe in der Akademischen Reitkunst nicht nur das Reiten neu entdeckt, sondern auch eine ganz andere Welt kennen lernen dürfen, die ich heute auch an viele Pferde und Menschen als Trainer weiter geben darf.
Am Boden der Tatsachen
Als ich die Akademische Reitkunst kennen lernte, lernte ich auch die Arbeit am Boden kennen. Heute haben wir viele verschiedene Facetten am Boden zur Verfügung. Was sich hier in den letzten Jahren der Akademischen Reitkunst getan hat, versetzt mich noch heute ins Staunen. Ein weiterer Pluspunkt der Gemeinschaft innerhalb der Ritterschaft ist der offene und wertschätzende Umgang miteinander und der Austausch, von dem wir alle profitieren. So habe ich zu Beginn primär die Handarbeit neben dem Pferd kennen gelernt, damals aber noch nicht einhändig geführt mit der Hand über dem Widerrist, sondern beidhändig, eine Hand nahe am Trensenring, oder am Kappzaum, eine Hand am Widerrist. Mittlerweile gibt es Bodenarbeit von vorne geführt in der Frontposition, die eben schon angesprochen Handarbeit von innen und von außen geführt, die sehr differenzierte Art zu Longieren im Fortgeschrittenen Longieren, wo von der Arbeit mit den Seitengängen bis zur Levade der Fantasie quasi keine Grenzen gesetzt sind. Weiter geht es mit dem Crossover, der von der Bodenarbeit, zur Handarbeit, zum Longieren auch noch die Möglichkeit eröffnet, einen fließenden Übergang in die Langzügelposition zu arbeiten und daraus wieder entweder innen oder außen neben dem Pferd weiter zu arbeiten.
Mehr über den Crossover kannst du hier nachlesen!
Schönheit liegt im Auge des Betrachters
Seit Mai 2017 begleitet mich mein junger Lipizzaner Conversano Aquileja genannt Konrad. Mit Konrad war der Start wunderschön. Neben ihm muss ich einfach immer strahlen und glücklich sein. Konrads selbstbewusstes, geerdetes Auftreten, sein unheimlich sozialer Umgang mit anderen Pferden hat mich in den Bann geschlagen – und ebenso hat sich der Umgang in der Arbeit gestaltet. Keine Aufgabe war Konrad zu schwer, immer war er mit voller Energie und Eifer dabei, wehe nur, es wurde langweilig. Ich habe es sehr genossen mein Pferd in der Boden- und Longenarbeit genau zu beobachten. Konrad ist vom Stockmaß her das „kleinste“ meiner Pferde. Er ist zwar noch etwas gewachsen, trotzdem geht sich mit ihm Handarbeit besser aus, als mit meiner großen Pina, bei der ich Mühe habe, die Zügelhand, einhändig geführt über dem Widerrist zu halten. Konrad fand jedoch Longieren weitaus besser – ich hatte auch lange Zeit das Gefühl, dass es ihm besser gefiel mich zu spiegeln und parallel mit etwas Abstand zueinander zu tanzen. Wenn etwas gut gelungen ist, hat er sich stolz aufgerichtet und überprüft, ob es wohl genug Publikum gibt.
Erst zwei Jahre später hat er wirklich Begeisterung für die Handarbeit gezeigt. Handarbeit ist ein tolles Tool, um das Pferd auf das Reiten vorzubereiten. Mit dem Reiten halte wir es nach wie vor sehr kurz und selten. Ich kann die wenigen Reiteinheiten tatsächlich noch abzählen und bin nach wie vor sehr gerne am Boden unterwegs. Dort gelingt die Kommunikation auf Augenhöhe besser. Aus dem Sattel heraus finde ich ein unmittelbares Lob und vor Freude „Ausrasten“ wenn etwas richtig toll gelingt noch immer schwer – vor allem, wenn es darum geht den Flow zu erhalten. Ich kann Konrad freilich spüren und heute, wo ich diese Zeilen schreibe hatten wir wieder ein sehr schönes Reiterlebnis miteinander.
Vielleicht ist es aber auch diese innige Beziehung, die wir vom Boden aus geschaffen haben, die in mir die Frage aufkommen hat lassen – ob ich auch ohne Reiten glücklich wäre. Die Antwort lautet klar und deutlich Ja. Aber das hat auch sehr viel mit dem Feedback zu tun, das mir Konrad gibt. Auch unser Youngster Amena zeigt sich begeistert und gibt mir und meiner Kollegin Julia Kiegerl bei der Arbeit ein unheimlich schönes Feedback.
Muss man wirklich Reiten?
Natürlich muss man nicht. Ich reite für mein Leben gerne, aber trotzdem kam mir im heurigen Jahr immer wieder die „Sinnfrage“.
Und in einer Sinnkrise kann man gerne bei den „Besten“ nachschlagen:
„Das edle Pferd ist nicht nur das zum Reitdienst geeignetste Tier, sondern das am vielseitigsten begabte Geschöpf in der ganzen Tierwelt“.
Gustav Steinbrecht
Gustav Steinbrecht sagt also, das Pferd sei am geeignetsten, um darauf zu reiten. Aber wie sieht es tatsächlich mit der Eignung des Pferdes als Reitpferd aus?
Spannend ist freilich immer die Auseinandersetzung mit Biomechanik und Anatomie.
Fakt ist: Wir sitzen auf einem Tier, das stark vorhandlastig ist. Fakt ist, wir sitzen auf einem Pferd, das über kein Schlüsselbein verfügt. Fakt ist, der Brustkorb sackt mit der zusätzlichen Belastung durch das Reitergewicht stark ab. Und daher ist Fakt, dass wir dem Pferd eine ordentliche Ausbildung zukommen lassen müssen, damit es uns überhaupt (er)trägt.
„Die richtige Dressur ist daher eine naturgemäße Gymnastik für das Pferd, durch die seine Kräfte gestählt, seine Glieder gelenkig gemacht werden. Durch sie werden die kräftigen Teile zugunsten der schwächeren zu größerer Tätigkeit angehalten, diese durch allmähliche Übung gestärkt, und verborgene Kräfte, die aus natürlichem Hang zur Bequemlichkeit vom Pferd zurückgehalten werden, hervorgerufen, wodurch endlich volkommene Harmonie im Zusammenwirken der einzelnen Glieder mit ihren Kräften entsteht, die das Pferd befähigt, auf die leisesten Hilfen seines Reiters solche geregelten und schönen Bewegungen andauernd und zwanglos auszuführen, die es aus eigenem Antrieb nur in Augenblicken der Erregung flüchtig zeigt.“
Gustav Steinbrecht
Gustav Steinbrecht geht also davon aus, dass wir Pferde reiten können – und zwar auch jene, die körperlich nicht ideal gebaut sind:
„Der Reiter muss daher seine Kunst hauptsächlich auf schwache und ungünstig, ja fehlerhaft gebaute Pferde verwenden, und bei diesen die Dressur zur Heilgymnastik erheben. Wie diese Kunst in unserer Zeit so große Anerkennung gefunden hat, dass Verkrümmungen des menschlichen Körpers oder krankhafte Zustände einzelner Glieder nicht durch eiserne Maschinen, sondern nur durch entsprechende gymnastische Übungen geheilt oder vermindert werden können, so kann der Bereiter bei recht klarem Verständnis seiner Kunst viele natürliche Mängel und Übelstände beim Pferd beseitigen und bei solchen Fehlern und Gebrechen, die ihm durch Missbrauch oder Unverstand früherer Reiter beigebracht sind, oft wahre Wunder wirken, indem er sie durch entsprechende Richtung des Pferdekörpers oft gründlich zu heilen vermag, nachdem alle tierärztliche Helfe vergebens angewendet war.“
Gustav Steinbrecht
Gustav Steinbrecht beschreibt also, was möglich ist durch profunde Ausbildung. Ausbildung muss nicht unbedingt vom Sattel aus stattfinden, die Basis wird ohnehin bestenfalls vom Boden geschaffen. Bodenarbeit wirkt sich effektiv auf den Pferdekörper aus – aber auch auf die Menschen
Die Auswirkungen der Bodenarbeit
Es gibt da zwei Seiten – einerseits höre ich immer wieder von Schülern, der Rest der (vorwiegend reitenden) Stallgemeinschaft würde das „Laufen vor dem Pferd“, das „zu Fuß gehen“ einfach nicht verstehen. Ein Pferd sei doch zum Reiten da? Andererseits gibt es Schüler, die ihr Pferd nicht mehr reiten – entweder soll das Pferd aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geritten werden oder aber der Reiter darf aus physischen Gründen nicht mehr in den Sattel steigen.
Für beide Fälle bietet die Bodenarbeit mit ihren vielfaltigen Facetten eine wunderbare Möglichkeit, miteinander eine Kommunikation zu entwickeln und zu tanzen. Und in manchen Fällen wurde durch gezielte Bodenarbeit ein Comeback im Sattel sogar wieder möglich. Manche Zweibeiner verzichten dann aber sogar aufs Reiten. Sie haben so viel Freude an der gemeinsamen Sprache mit dem Pferd gefunden, so macht das „gemeinsame Projekt“ am Boden so viel Freude, dass sie sich trotzdem nicht in den Sattel schwingen. Ganz böse Zungen würden dann behaupten, sie trauten sich nicht mehr zu reiten. Na und? Und selbst wenn. Wer schreibt uns denn vor, dass man ein Pferd unbedingt zu reiten habe? Und noch spannender die Frage: Warum muss man eine solche Entscheidung überhaupt kommentieren?
„Was macht die Entscheidung eines anderen mit mir, warum „muss“ ich hier meine Meinung kund tun? Spricht die Entscheidung des anderen, nicht zu reiten einen Punkt bei mir selbst an, der mir offenkundig nicht bewusst war?“
Ich frage mich oft, wie die Ausbildung meiner Stute Barilla verlaufen wäre, hätte ich auf meinen aktuellen Werkzeugkoffer der Akademischen Reitkunst aus der Bodenarbeit zurück greifen können, die eben 2008 bei weitem noch nicht so detailliert war, wie heute. Ich schaue mit Vorfreude in die Zukunft, denn es kommen sicherlich noch einige Variationen und Möglichkeiten hinzu.
Ich weiß, dass ich jedenfalls mit gutem Gewissen in den Sattel meiner Pferde steigen darf (mit Ausnahme Amena, der ist beim Schreiben dieser Zeilen gerade mal drei Jahre alt und wird sicherlich noch mehr als ein Jahr am Boden der Tatsachen verbringen) – aber nicht muss. Und ich freue mich, dass ich heute auch bewusster über das Reiten nachdenke.
Seit 1986 sitze ich regelmässig im Sattel – und das habe ich bisher eigentlich noch nie in Frage gestellt.
Reiten = Verpflichtung
Als Reiter ist es jedoch meine Pflicht, mich mit den physischen und mentalen Begebenheiten auseinander zu setzen. Das bedeutet in erster Linie Wert zu legen auf eine gute Haltung. Eine Haltung, in der das Pferd seiner Natur entsprechend Bewegungsmöglichkeiten vorfindet. Das Pferd verbringt in der Natur zahlreiche Stunden mit der Nase am Boden. Es sucht nach Nahrung und legt eine gehörige Wegstrecke zurück. Es lebt im Herdenverband und darf seine sozialen Kontakte auch ausleben. Meine Pferde leben ausnahmslos in Gruppenhaltung. Sie befinden sich mehr als 12 Stunden täglich auf einem Paddock Trail mit ganzjährig zugänglichen Allwetterwiesen und Weiden im Sommer. Haltung im Privatleben bedeutet eben nicht nur die Haltungsform (Box, Paddock, Trail, Koppelgang) gut durchdacht auszuwählen, sondern auf die natürliche Körperhaltung des Pferdes anzustimmen.
Dazu gehört weiter ein Verständnis für Biomechanik, Verständnis für Psychologie und Pädagogik, sowie ein laufender Aktualitätsbezug. Erst vor kurzem bin ich in sozialen Medien über eine Studie gestolpert, die sich mit der „progressiven Rückbildung der Nackenplatte beim domestizierten Pferd“ beschäftigt hat. Kurz gesagt: Bei der Studie wurden 88 domestizierte Pferde sowie weitere 10 Tiere aus der Familie der Equiden (Esel, Zebra) seziert. Das Resultat: Die Nackenplatte ist nicht mehr so, wie in den Lehrbüchern skizziert zu sehen. Für den Reiter insofern interessant, da der Nackenplatte eine wesentliche Funktion hinsichtlich der Tragekompetenz des Pferdes zugeschrieben wird.
Man darf gespannt sein, ob sich unsere Kenntnisse über das Reiten in den nächsten Jahren zunehmend in die Richtung entwickeln, deutlich weniger häufig in den Sattel zu steigen. Müssen wir unser Reiten anpassen oder kann die Zucht wieder zu den ursprünglichen Pferdetypen zurück finden, deren Biomechanik maßgeblich bei der Verfassung noch heute aktueller Reitvorschriften beteiligt war?
Bodenarbeit zum Mitmachen
Im September startet mein Online Kurs Bodenarbeit in die nächste Runde und wird ergänzt durch den Online Kurs Longieren. Bist du mit dabei? Klicke auf das Bild und trage dich in den Newsletter ein, um alle Informationen rund um den Kurs bequem per Mail zu bekommen!
Wenn wir uns viele Fragen stellen, dann reiten wir vielleicht nicht immer Einfacher – aber möglicherweise bewusster – und wir entwickeln uns stetig weiter 🙂
PS: Wie geht es dir beim Lesen dieser Zeilen? Hat du dir diese „Sinnfrage“ auch schon öfter gestellt? Ich freue mich über dein Feedback per Mail oder du hinterlässt mir hier einen Kommentar.
Liebe Anna, dieser Text ist wie ein riesiges Geschenk für mich. Danke dafür. Seit fast 3Jahren reite ich nicht mehr, alle Gründe dafür sind bereits von dir erwähnt worden….aber vor allem auch dieser unglaubliche Zauber, der in der Kommunikation auf Augenhöhe entsteht dabei. Ich wurde bereichert durch den „Verzicht“. Genau wie du das beschreibst. Und einen Aspekt füge ich für mich hinzu: Auch die Ästhetik spielt inzwischen für mich eine Rolle: Mein Pferd in eine Erhabenheit und Leichtigkeit zu begleiten ohne mich oben drauf, gefällt mir inzwischen auch optisch viel viel mehr. 😉
Hallo Anna, ich bin hauptberuflich mein Leben lang geritten, aber mit fortschreitender Empfindsamkeit will ich es den Pferden immer seltener zumuten, d.h. ich spüre immer stärker ihre durch das Reiten verursachten Schmerzen und finde es auch immer abstruser Lebewesen in irgendwelche Körperhaltungen zu bringen nur damit der Mensch aus Spaß an der Freude draufhocken kann…
Für mich ist es Zeit den Beruf zu wechseln bzw. massiv zu verändern (:
Liebe Grüße
Hallo Anna,
sehr schön geschriebener Artikel.
Bei mir hat das Reiten immer schon hinten angestanden. Ich liebe viel mehr die Bodenarbeit, Zirkuslektionen und Spaziergänge mit dem Pferd. Als ich noch eine RB auf einem Pferd hatte und geritten bin, habe ich schon festgestellt das mir die Sachen am Boden mehr Spaß machen, aber ich wurde dann immer belächelt und so bin ich dann auch geritten, weil Pferd ist ja zum Reiten da. Als ich dann leider durch Tabletten dicker geworden bin, wollte ich keinem Pferd mein Gewicht zumuten und hörte mit reiten ganz auf. Aber ich brauchte Pferdekontakt und den bekam ich durch eine Shetty Mix Stute. Jetzt fühlte sich alles perfekt an. Ich konnte ohne schlechtes Gewissen mit ihr vom Boden aus arbeiten. Als diese Stute ein Fohlen bekam übernahm ich die komplette Ausbildung. Darin ging ich richtig auf. Es machte mit soviel Freude zu sehen, wie sich das Fohlen zu einer wunderschönen Stute mit viel Selbstbewusstsein entwickelte. Nun ist die Stute 6 Jahre alt und wurde dieses Jahr eingefahren. Ich habe jetzt das, was mich am glücklichsten macht.
Vielen Dank für diesen Artikel. Zum Glück lernte ich die Bodenarbeit vor ca 10 Jahren kennen und habe all meine Pferde langsam so aufgebaut. Die Beziehung wird viel tiefer und reiten stand meistens im Hintergrund. Meine Stute war in den letzten vier Jahren immer wieder sehr krank. An Reiten war meistens nicht zu denken. Sie ist letzten Montag gestorben und ich habe nun drei jungpferde und einen 9 jährigen Wallach im Stall. es ist eine Freude zu sehen wie sich die Pferde entwickeln, wie sie sozialer werden, das Vertrauen in den Menschen wächst. Reiten ist für mich immer mehr im Hintergrund, auch weil es oftmals streng und stressig ist. Wir wohnen in den Bergen, Strassen sind im Winter gesperrt, es ist eisig, hat keine Reitwege. Und so spielen wir auf dem kleinen indoorplatz, was viel mehr Spass macht. häufig stelle ich mir die Frage, über den Sinn des Reitens und merke dass ich nichts vermissen würde, wenn dies nicht mehr möglich wäre.
Wer die Liebe zur Bodenarbeit nicht versteht … hat noch nie mit einem Pferd getanzt …
wer nur reitet des Reitens wegen, tat dies noch nie ohne Sattel, um im Einklang mit der Schwingung seines Pferdes die gemeinsame Bewegung zu fühlen und zu genießen …
Am Boden mit dem Pferd auf Augenhöhe … verbunden durch ein unsichtbares Band 🙏❤️
Diese Frage habe ich mir auch oft gestellt, ob ich reiten muss. Muss ich nicht, kann auch laufen, Bodenarbeit machen, spazieren gehen. Machen wir auch. Ich reite auch nicht mehr täglich und oft gebisslos. Lasse immer einen Tag zum verschnaufen frei. Mein Pony hat aber auch im Offenstall die Möglichkeit, sich selber zu bewegen und mit den anderen Wallis zu spielen. In der Tierkommunikation sagt er mir oft, wie viel Spaß er mit mir im Gelände hat und das ihm auch nichts wehtut. Das ist für mich wichtig, ihn nicht zu überlasten. Die Seele spielt auch eine große Rolle und der Spaß an der Arbeit im Sattel und am Boden. Wir machen das nun seit 8 Jahren so und erfreuen uns bester Gesundheit. L.G.
Danke für diesen wunderbaren Artikel, der genau das wiedergibt, was ich immer mehr denke und praktiziere!
Spricht mir sehr aus dem Herzen liebe Anna!
Spannende Gedanken, mit denen sich auf jeden Fall jeder Reiter beschäftigen sollte.
Steinbrechts Zitat zum Reittier habe ich aber so verstanden, dass das Pferd das geeignetste Reittier ist (nebst Kamel, Esel und auf wir uns sonst noch so setzen) – von wirklich geeignet zum Reiten lese ich nichts 😉
Letztlich bleibt es ein Thema, das jeder für sich entscheiden muss – hoffentlich mit genug Empathie für den Vierbeiner 🙂
Vielen Dank für den schönen Text! Mir gehen ähnliche Gedanken durch den Kopf…
Mein Doppelpony habe ich mir mit 11 Jahren, einer jahrelang geführten Ponykasse und der unerschütterlichen Gewissheit erkämpft, dass ich nur zusammen mit einem Pferd leben kann. Seit meinem 2. Lebensjahr soll ich meine Eltern, die nichts mit Pferden zu tun hatten, tyrannisiert haben, ein Pferd haben zu wollen. Ich erinnere mich an durchweinte Nächte, weil es mir unerreichbar schien, jemals ein Pferd an meiner Seite haben zu können. Als „er“ endlich Wirklichkeit wurde, schlugen fortan zwei Seelen in meiner Brust: die Eine wollte nie mehr ohne ihn leben, die Andere träumte den naiven Mädchentraum, ihn mit den Mustangs in Freiheit leben zu lassen. Er hat dreißig Jahre lang mein Leben bereichert und wurde mit mir zusammen 40 Jahre alt. Also ja, seit inzwischen 40 Jahren beschäftige ich mich mit dem Dilemma, nicht ohne Pferd leben zu können- und der Frage, wie ich es artgerecht halten, bewegen und so lange wie möglich gesund erhalten kann. Und seit genau diesen 40 Jahren stehe ich vor den gleichen Problemen- es ist immer ein Kompromiss, wir nehmen dem Pferd etwas, aber ohne uns gäbe es das Pferd auch nicht mehr – nicht in dieser durch und durch besiedelten und bewirtschafteten Welt, die sich ohne Pferd wiederum niemals so hätte entwickeln können. Wir sind im Schicksal tief miteinander verbunden. Um das Reiten an sich geht es mir ebenfalls nicht. Auch wenn es lange selbstverständlich für mich war, weiß ich nicht, ob ich die junge Stute, mit der ich bald wieder ein Stück gemeinsamen Lebensweg gehen darf, überhaupt noch einreiten werde. Aber auf das Zusammensein kann ich nicht verzichten.
Reiten ist wie Träumen…….niemals würde ich damit wieder aufhören. Ich habe im Alter von 10 Jahren ohne Sattel reiten gelernt…..mittlerweile bin ich seit mehr als 30 Jahren Berufsreiterin- Pferdewirtschaftsmeisterin Schwerpunkt Klassische Reiterei….Ich bin im Besitz von 4 Pferden, die teilweise als schwierig und unrittig galten als sie zu mir kamen. meine Pferde stehen in einem Aktivstall, sie kommen freiwillig zu mir……um geritten zu werden? Sie gehen auch als Lehrpferde mit Reitschülern. Pferde wollen eine Aufgabe, mit zunehmender Ausbildung steigen sie auf in der Rangfolge der Herde……sie spüren, dass sie wichtig sind und sie lieben es….. und vermissen es , wenn ich einmal nicht da bin. Aber ich muss eben an mir arbeiten und immer besser werden….. jeden Tag eine neue Herausforderung…..ich muss so gut wie nur irgendwie möglich reiten um meinen Pferden gerecht zu werden…..Reiten ist in erster Linie Arbeit an sich selbst, wenn man es richtig machen will…..niemals würde ich diese Verschmelzung mit meinen Pferden aufgeben….das erreicht man vom Boden aus nicht in dieser Intensität. Ich glaube, das beurteilen zu können, ich mache auch Bodenarbeit, Handarbeit und Zirkuslektionen mit meinen Pferden.
Kaldea? Trakehnergestüt?? Reden wir hier auch von Reitlehrerin Elke, Frau Korrer und Stallknecht Hermann??? Dann würden wir nämlich auch noch von Pünktchen, Nurmi und Memelstolz reden können…und von Jenny, die als Hafi-Isi-Mix quasi „versehentlich“dort einzog und mein Leben soooo dermaßen nachhaltig bereicherte, dass es ihr Offspring heute noch tut <3 Danke für Deine klugen Worte, bin da ganz bei dir! Alles Glück der Erde wünsch ich Dir! LG Dani
Ja genau, wir sprechen von Mariatrost 🙂 Schön, dich hier zu treffen und wunderbar, dass du auch noch schöne Erinnerungen an diese Zeit hast!
Ich finde auch, dass man nicht immer nur reiten muss. Gymnastik an der Hand ist sinnvoll und mir und meinem Pferd macht sogar ab und zu ein Ausflug in die Zirzensik Spass.
Toller Beitrag von dir Anna,du sprichst mir aus dem Herzen.Vor ca 1 Jahr mußte ich meinen alten Traber im Alter von37 Jahren leider gehen lassen.Der Schmerz war groß und es war klar das ich kein neues Pferd bekomme ,da ich auch nicht mehr die Jüngste bin und Ich finde man hat die Verantwortung sein Tier bis ans Ende zu begleiten,da ich meinen Traber 26 Jahre hatte und nicht weiß wie lange ich noch fit für ein Pferd bin gibt es kein Neues.Ich hatte aber ein Minishetty als Beisteller dabei und der ist nun meine Nummer 1.Übers Reiten braucht man bei 85 cm nicht nachdenken und wir arbeiten am Boden nach AR und machen Zirzensik.Es macht soviel Freude.Ich freue mich schon total auf deinen Kurs liebe Anna und will noch viel Lernen.Auf Augenhöhe mit dem Pferd ist anders und hat eine hohe Qualität für die Beziehung.Ich hoffe wir laufen noch lange gemeinsam.
Liebe Annette,
Danke für dein schönes Feedback! Oh wie schön, dass ihr es so fein habt miteinander, dein Pony und du! Ich finde auch die Augenhöhe besonders schön! Alles Liebe, Anna
Liebe Anna, vielen Dank für diesen interessanten Beitrag. Ich wollte ihn erst nur überfliegen; doch dann las ich den Namen Kassetta. Mein größter Stolz ist mein Trakehner Kassetto, über deren Uroma ich hier gestolptert bin. Weitergelesen fand ich deinen Beitrag sehr interessant. Persönlich glaube ich, ist es unsere Verantwortung den Pferden gerecht zu werden. Kassetto liebt Ausritte, Tempo und das Erleben im Gelände. Ohne ihn zu reiten, kann ich ihm das nicht bieten. Solange ich ihm das noch bieten kann, wir also beide gesund genug dafür sind, freue ich mich, dass wir das nutzen können. Und dennoch arbeiten… naja eher spielen wir vom Boden aus. Ich kann ihn dann besser sehen, verstehen und seinen Charakter und seine Stimmung beobachten. Seit kurzem Arbeiten wir zusammen und helfen Menschen, sich selbst kennen und verstehen zu lernen. Das ist ein großes Geschenk.
Das Zusammensein mit dem Pferd kann so herrlich vielseitig sein.
Viele Grüße,
Maria
Liebe Maria – herzliche Grüße an die Trakehner Verwandtschaft. Ich reite auch nach wie vor sehr gerne, aber wie du sagst – es gibt so viele Facetten, die wir genießen können im Miteinander. Ich wünsche euch viel Freude miteinander. 🙂