Left brain, right brain, introvertiert, extrovertiert, Holzpferd, Metallpferd oder happy, schnell, sicher und liebevoll? Es gibt so viele Definitionen und Skalen, die uns helfen sollen ein Pferd zu beurteilen.

Christofer Dahlgren, Meister der Akademischen Reitkunst aus Schweden benutzt selbst die Einordnung in:

  • Happy
  • Schnell
  • Sicher und
  • Liebevoll

– warnt allerdings davor Pferde in feste Schubladen zu stecken. Die Charakteristik KANN helfen, das Training des Pferdes zu gestalten. Aber – wir wissen bereits – das einzige Pferd, das sich wie im Lehrbuch verhält, das steht im Lehrbuch drin.

Vor einiger Zeit haben wir bereits einen introvertierten Typ besprochen – Christofer nennt ihn den „liebevollen“ Typen. Wer mein persönliches Profiling meiner Stute „Pina“ nachlesen möchte, kann das hier nochmal tun.

Darf ich vorstellen…Tabby…..

Ja, bevor die Sache zu verkopft wird, kann es wirklich hilfreich sein, sich aus dem Hause Disney ein wenig Unterstützung zu holen. Hier komme ich auch wieder auf Christofer Dahlgren zu sprechen, der seinen wunderbaren Vortrag bei der Sommerakademie 2016 über die verschiedenen Persönlichkeiten von Pferden mit Hilfe einiger bekannter Filmhelden untermauerte.

Und wer ist das Pendant zu meiner Stute Tabby?
Maximus, das Pferd aus Rapunzel

Moment…steht im heutigen Titel nicht auch das Wort „introvertiert“?

Ja!

Der introvertierte, aber nicht so schüchterne Typ

Wo findet man diese Pferde? Oftmals handelt es sich dabei um Arbeitspferde, Ranch-Pferde, Kutschpferde, zuverlässige Pferde in der Reitschule, Pferde, die im Wald bei der Arbeit helfen.

Bei Parelli würde man diese Pferde zu „left brain introvert“ zählen. Demnach sind „left brain“ Pferde selbstsicher, mutig, vertrauensvoll, ruhig und tolerant. Introvertierte Pferde würden oft stehen bleiben, sie würden als stur abgeschrieben, allerdings denken gerade diese Pferde sehr viel nach.

Diese Pferde wissen, was sie wollen und brauchen einen Reiter, der sie gut motivieren kann. Gut? Ich meine so richtig gut motivieren! Denn wenn dieser Typ Pferd wirklich mitmachen will und sich für ein gutes Gelingen verantwortlich fühlen kann, dann gewinnt man einen sehr zuverlässigen Partner, der die gemeinsame Zeit mit dem Menschen auch genießen kann. Für dieses Pferd zählen: Viel Lob, viele Pausen und viele Wiederholungen in der Arbeit miteinander.

Profiling Tabby

Tabby und introvertiert? Ruft man Tabby auf der Weide schnellt der Kopf in die Höhe, die Ohren sind gespitzt, die Augen aufmerksam und intelligent. Eigentlich wirkt Tabby immer sehr fröhlich und unbeschwert. Wenn ich zu ihr auf die Weide gehe, bleibt sie stehen und sieht mich erwartungsvoll an. Sehr gerne verlässt sie ihre Freundin Pina nicht, daher muss ich sie meistens direkt bei Pina „abholen“.
Als wir 2015 zum Sonnenhof gezogen sind, dachte ich immer Pina (ebenso introvertiert, aber kein left brain, sondern right brain) würde mehr an Tabby hängen als Tabby an ihr.
Mitnichten.
Kaum in neuem Terrain fing Tabby an „ihre“ Pina zu verteidigen. Anfangs mag das für Pina noch ganz bequem gewesen sein, mittlerweile geht ihr Tabbys Verhalten aber sichtlich auf die Nerven. Tabby spielt sich da sehr auf wie die „Glucke“, die befunden hat: „Pina darf nur mit mir befreundet sein“.
Wenn Pina mit einem anderen Pferd Fellpflege betreibt, geht Tabby eifersüchtig dazwischen.

Trotzdem sind beide nach wie vor sehr befreundet. In der Herde wirkt Tabby eher „dominant“. Sie zählt vermeintlich zu den ranghöheren Pferden. Dabei geht Tabbys dominantes Verhalten auch eher auf Unsicherheit zurück    – sie braucht die Unterstützung von Freundin Pina vor allem für ihre emotionale Sicherheit, daher verteidigt sie diese auch unentwegt. Diese „Aufgabe“ gibt Tabby ebenso wieder sehr viel Sicherheit.

Tabby ist zwar riesig neugierig, aber nicht unbedingt die Mutigste. Gruselige Dinge muss man sich in aller Ruhe anschauen dürfen – dann ist es okay.
Und wenns drauf ankommt? Dann kann ich mich aber absolut auf Tabby verlassen.

Das war aber nicht immer so

Im Vergleich zu Pina wirkt Tabby zwar immer aufgeweckt und fröhlich – es hat aber auch bei ihr fast ein Jahr gedauert, bis wir wirklich ein Team geworden sind. Zu Beginn der gemeinsamen Arbeit war Tabby eher am Explodieren, denn am Zuhören – den Zaubertrick zum Erreichen dieses Pferdes gab es nicht – aber je selbstsicherer Tabby in der gemeinsamen Arbeit wurde, umso stolzer und gelassener wurde sie. Auch heute reagiert sie aber auf neue Aufgaben eher mal misstrauisch und abwartend. Ihr muss man alles sehr genau erklären und sie IMMER motivieren, sich auch mit der Aufgabe auseinander zu setzen.

Christofers Warnung vor allzu starker „Schubladisierung“ zeigt sich bei Tabby sehr stark. Beispielsweise vor Publikum wird der kleine Fuchs zur – man verzeihe mir den Ausdruck – „Rampensau“. Je mehr Publikum umso besser – Tabby ganz in ihrem Element und absolut extrovertiert!

Wenn ich heute eine Woche von meinen Pferden getrennt bin zeigt sich folgendes Bild. Tabby kann – wenn „ihr“ Tagesablauf nun anders abläuft recht ungehalten werden. Dann wird der Futtertrog als WC „missbraucht“ um unmissverständlich zu unterstreichen, dass dem Fuchs etwas nicht passt. Wenn ich dann zurück bin merke ich von alledem nichts. Tabby und ich sind sofort wieder ein Team – im Gegensatz zu Pina. Ihre „Gunst“ muss ich mir wieder verdienen, wir müssen einen Teambuilding Prozess durchlaufen, dann klappt wieder alles.

Lernen wir unsere Pferde genau kennen, dann entwickeln wir uns als Pädagogen, Motivations-Coaches und verlässliche Partner.