Vergangenes Wochenende war es wieder soweit: Bereits zum dritten Mal war Jossy Reynvoet, lizensierter Bent Branderup Trainer aus Belgien zu Gast bei uns in Graz. Jossy ist außerdem Experte für sehr feines Horsemanship und gebisslose Reitkunst. Am Programm standen jede Menge „Meetings“ mit unseren Pferden.
Was hat Holz und Wasser mit dem Pferd zu tun?
Samstag Vormittag standen gleich zwei Stunden geballte Theorie auf dem Programm. Durch die Vorstellung der Reiter und Klärung der Wünsche und Ziele, sowie der Analyse der Pferde blieb der Vortrag jedoch äußerst kurzweilig. Jossy schafftes es charmant und unterhaltsam die häufigsten Fehler in der Pferd-Mensch Beziehung bzw. im täglichen Umgang zu portraitieren.
Die Pferde wurden dabei praktisch auf die „Couch“ gelegt und analysiert. Wie gut kennen wir Reiter unsere Pferde? Wie bewusst sind uns Charktereigenschaften und Besonderheiten? Wissen wir eigentlich, mit wem wir es zu tun haben? Und wissen wir, wer wir in den Augen unserer Pferde sind?
Probleme mit Pferden entstehen erst, wenn Erwartungen ins Spiel kommen. (Jossy Reynvoet)
Um unsere Pferde besser zu verstehen und kennen zu lernen, bediente sich Jossy der Elemente Feuer, Erde, Metall, Wasser und Holz. Arabische Pferde lassen sich demnach eher als Feuerpferde beschreiben, Erdgeprägte Pferde sind typische „Farmhorses“. Barockpferde sind dem Element Metall sehr nahe, Warmblüter und Englische Vollblüter sind Wasserpferde und Isländer lassen sich dem Element Holz gut zuordnen.
Jossy warnte wie bei allen Diagrammen zu sehr in Kategorien oder Schubladen zu denken. Barockeigenschaften ließen sich auch beim Isländer entdecken und ein Kaltblut könne über eine gute Koordination verfügen. Uns Reitern sollen diese Elemente lediglich als Anhaltspunkte helfen eine gute Formulierung über unseren vierbeinigen Freund zu treffen.
So wird „Holz“ ein milder Charakter attestiert, Feuer steht für Intelligenz und Metall für Vertrauen. Ein gutes Pferd, so Jossy vereine alle Elemente in sich.
„Pferde sind nicht introvertiert. Aber wir Reiter tragen dazu bei, dass unsere Pferde introvertiert werden“. (Jossy Reynvoet)
Ich selbst würde Tabby dem Element Feuer zuordnen, Pina zwischen Wasser und Metall. Jossy hat diese Einschätzung nach dem ersten Kurstag übrigens geteilt.
Der Ursprung aller Probleme…
…liegt laut Jossy eindeutig in der Beziehung zu unserem Pferd. Und weil wir Reiter uns häufig zu sehr auf Technisches Können konzentrieren. Weniger ums Technische ging es dann in den Praxiseinheiten.
Einige Teilnehmer wagten sich in der Freiarbeit. Etwas völlig neues für Reiter und Pferd. Es war aber unglaublich spannend, berührend und faszinierend zu sehen, wie sich der Gesichtsausdruck der Pferde veränderte und wie aus dem MÜSSEN ein beiderseitiges WOLLEN mit viel Freude wurde. Die Teilnehmer mussten genau hineinspüren, wann es möglich war das Pferd durch die eigene Körpersprache zu spiegeln. Ist das Pferd glücklich? Wendet es sich uns zu? Ich habe mich sehr über das schöne Feedback der Zuschauer gefreut, die mittendrin waren, als die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd plötzlich neue Bahnen einschlug und Bewegung miteinander geprägt war, von einer ganz speziellen Harmonie.
„Für viele Menschen ist es am schwierigsten im Hier und Jetzt zu sein. Das ist aber eine Kunst, die wir von den Pferden lernen können“. (Jossy Reynvoet)
Die meisten Praxiseinheiten wurden somit am Boden absolviert. Von den Anfängen an der Longe bis zum Advanced Lunging war alles dabei. Für die verschiedenen Führpositionen hatte Jossy eine Menge Tipps für die Achtsamkeit der eigenen Körpersprache parat. So reichen oftmals wenige Zentimeter Drehung im Schulterbereich aus, um die eigene Rotation des Brustkorbs mit jener des Pferdes in Einklang zu bringen. Wer in Schulterherein Position longiert, bekommt mehr Schwung nach vorne, in Kruppeherein Position mit dem Schwerpunkt in Richtung der Hinterbeine der Pferde kann man sich spielerisch Versammlung erarbeiten. Diese konnten wir auch in den Sattel mitnehmen. So wurden wir einerseits zum spürenden, inaktiven Passagier, andererseits konnten wir durch die Verlagerung unseres Schwerpunkts unsere Pferde wenden, halten und versammeln. Gebisse blieben an diesem Wochenende im Kasten hängen. Auch ich konnte ein neues Cavemore mit meiner Fuchsstute testen.
Make your horse happy – Jossy schärfte uns ein, immer darauf zu achten, ob unser Pferd in der Zusammenarbeit und im Zusammensein mit dem Menschen glücklich ist. Und auch wichtig: Sind wir mit unseren Pferden glücklich?
Die Kursteilnehmer waren mit Jossy auf jeden Fall happy- egal ob zwei- oder vierbeinig. Wir freuen uns schon wieder auf eine Fortsetzung – garantiert mit Happy End. 🙂
Make your horse happy – und das muss nicht immer mit Arbeit sein. Wer die Beziehung zu seinem Pferd pflegt reitet einfach 🙂
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