Ist der Kappzaum eine Modeerscheinung fürs Longieren und Bodenarbeiten? Mitnichten, denn schon die alten Meister arbeiteten lieber mit dem Kappzaum, als mit dem Gebiss – besonders bei der Schulung des jungen Pferdes.

Kappzäume gibt es in verschiedensten Varianten. Gerade in den letzten Jahren kommen immer mehr Reiter vom Longieren mit Gebiss ab. Das Interesse für Bodenarbeit oder Longieren steigt und damit auch die Auseinandersetzung mit der empfohlenen Ausrüstung.

Ein Kappzaum besteht in der Regel aus einem Nasenstück in unterschiedlichster Ausführung, wobei meist drei Ringe auf dem Nasenriemen befestigt sind. Der Nasenriemen wird entweder einfach, oder auch mit einem Flaschenzug verschlossen. Backenriemen, Genickriemen und manchmal auch Kehl- oder Stirnriemen vollenden die möglichen Formen des Kappzaums. Unterschiedliche Materialien werden verarbeitet und verwendet – vom reinen Lederkappzaum bis hin zu sehr schweren und dick gepolsterten Modellen, oder gar einer Kombination aus Nylonhalfter und Kappzaum.

Bei der Arbeit mit dem Kappzaum wirken wir direkt auf den Kopf des Pferdes ein. Diese Einwirkung korrespondiert nicht nur mit dem Schädel des Pferdes, sondern in weitere Folge auch mit der Wirbelsäule, wenn wir an Stellung und Biegung arbeiten. Durch den Kappzaum können wir dem jungen Pferd die Reaktion auf die Reiterhand erklären. Anfangs noch mit einem Leckerli ausgestattet, formulieren wir sanft unsere erste Bitte einer Dehnung nach vorwärts-abwärts und tasten uns so langsam an die Erarbeitung von Stellung und Biegung heran. Warum dabei der Kappzaum dabei das beste Hilfsmittel ist?

Die Botschaften aus vergangenen Tagen…

„Der Kappzaum dient zum Verhalten, Aufrichten und Leichtmachen des Pferdes, um ihm das Wenden und Parieren beizubringen, den Hals biegsam zu machen, Kopf und Kruppe in Stellung zu halten und dabei Maul, Laden und die Stelle, an der die Kinnkette liegt, gesund und unverdorben zu lassen, aber auch um die Schultern und Beine gelenkig zu machen.“

William Cavendish, Herzog von Newcastle

Während der Kappzaum auf den Schädelknochen einwirkt, wirkt die Trense oder das Gebiss auf den Unterkiefer und kann so einige Probleme verursachen:

„Da nämlich die Hauptmuskeln des Halses, über die Genickverbindung hinweglaufend, sich am Oberkiefer anheften, so vermag das auf Trense gezäumte Pferd, während es dem Druck auf die Laden und dem Unterkiefer nachgibt, doch die Halsmuskeln stark zu steifen und im Genick vollkommen unnachgiebig zu bleiben, und wenngleich wir diesem Übelstand durch Anwendung der so genannten Hannover`schen Reithalfter zu begegnen versuchen, können wir dies damit doch nie in so durchgreifender Weise wie mit dem Kappzaum, bei dem die gegenhaltende Hand unmittelbar auf den Oberkiefer einwirkt.“

Paul Plinzner

Das Cavecon

Das Cavecon oder Cavesson bezeichnet den so genannten französischen Kappzaum. Es besteht meist aus einem gut gepolsterten, weichen Nasenteil, seitlichen Backenriemen und einem Ganaschenriemen, der das Verrutschen des Cavecons verhindert. Originale Cavecons werden meist einfach verschlossen, mittlerweile gibt es auch billigere  Modelle, die allerdings (meiner ganz persönlichen Meinung nach) den Nachteil eines Flaschenzug-Verschlusses aufweisen. Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind Schutzpolsterungen aus Leder, die auch die seitlichen, meist metallischen Verbindungsstücke abpolstern, so dass kein Druck auf die Backenzähne des Pferdes ausgeübt werden kann.
Der Nasenriemen besteht in seinem inneren Kern aus einer (Fahrrad)-Kette, die eine sehr individuelle Anpassung an die Pferdenase ermöglichen soll – sie formt sich quasi mit.

Bei der Anpassung sollte der Reiter sanft den Nasenknochen ertasten – der Kappzaum sollte mindestens vier Finger unter dem Jochbein aufliegen. Ein sorgfältiges Abtasten des Nasenbeins verrät jedoch, ob die Vier-Fingerregel zu tief gefasst ist – wenn man den weichen Knorpel ertasten kann und weit unter den Hohlraum des Nasenbeins gekommen ist, wurde der Kappzaum zu tief angepasst.

Das Cavecon sollte nicht zu fest verschnallt werden, um ein Kauen bzw. die Kieferrotation des Pferdes bei der Arbeit zu ermöglichen. Er sollte aber auch nicht zu locker verschnallt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass der Backenriemen ins Auge rutscht.

Das Cavesal

Das Cavesal wurde von Jossy Reynvoet entwickelt und hat mehrere Funktionen.

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Cavesal by Jossy Reynvoet

Man kann es als Halfter verwenden, zum Longieren und natürlich auch zur Boden- und Handarbeit. Das Cavesal besteht aus einem Nasenteil aus Leder, auf dem drei Ringe befestigt sind, am Kinnriemen sind ebenso zwei Ringe befestigt. Hier kann man später ebenso Zügel einhängen; der Reiter kann dann das Cavesal ähnlich einem Bosal nutzen. Die Backenriemen und Ganaschenriemen, sowie Nasen- und Kinnriemen sind sehr individuell verschnallbar, weshalb sich das Cavesal sehr gut an praktisch jede Pferdenase anpassen lässt. Beim Reiten hat man den Vorteil der Schulterkontrolle. Reitet der Reiter sein Pferd mit der 3:1 Zügelführung, werden der äußere Kappzaumzügel, sowie die beiden Bosalzügel in der äußeren Zügelhand gefasst. Die innere Hand übernimmt dann alleine die Führung des Kappzaumzügels. Führt der Reiter seine innere Hand noch weiter nach innen, mit dem Ziel sich selbst zu longieren, sorgt die äußere Hand für die Schulterkontrolle. Gerade junge Pferde neigen beim Erlernen von Biegung und Stellung dazu, auf die innere Schulter zu fallen – dies wird durch die Bosal-Zügel am Cavesal verhindert.

Weitere Varianten…

Mittlerweile gibt es viele, verschiedene Varianten und „Schulen“, die unterschiedlichste Kappzaummodelle bevorzugen. Der Vollständigkeit wegen erwähne ich noch den Wiener Kappzaum. Dessen Kernstück ist das Kappzaumeisen, welches der Form des Nasenrückens entspricht. Manchmal sind die Eisenteile auch nicht in einem Stück und daher mit Scharnieren verbunden, der Kappzaum wird dann dick gepolstert. Auch bei der spanischen Serreta besteht der Kern im Nasenteil aus einem durchgängigen Eisenstück, das ebenso durch Leder abgepolstert ist. Und dann gibt es noch die „Spar“ Variante – nämlich ein Halfter aus Nylon einfach durch drei Ringe am Nasenriemen zu ergänzen. In der einfachen Form werden nur die Ringe angebracht, in der erweiterten Variante werden mehrere Eisenteile durch Scharniere miteinander verbunden. Letztere Versionen kann ich nicht guten Gewissens empfehlen.

Ein guter Kappzaum macht eine präzise und genaue Einwirkung möglich. Durch die Arbeit mit dem Kappzaum können wir an der Ganaschefreiheit arbeiten, wir können Stellung und Biegung präzise erarbeiten und kontrollieren, ob das, was wir bei der Bodenarbeit am Kopf des Pferdes erzeugen, in der Hüfte eine Antwort widerspiegelt.

Der Kappzaum-Check

Welcher Kappzaum nun also für welches Pferd? Beim Test eines Kappzaums stelle ich mir folgende Gedanken, die hilfreich bei der Auswahl sein können:

  1. Wie schwer ist der Kappzaum? Wie reagiert mein Pferd auf einen schweren, wie auf einen leichten Kappzaum?
  2. Kann mein Pferd beim Verschließen des Nasenriemen noch gut kauen?
  3. Welche Antwort erhalte ich von meinem Pferd, wenn ich es abwärts löse? Habe ich viel Gewicht in der Hand?
  4. Wie präzise kann ich mit dem Kappzaum einwirken?
  5. Schaffe ich es mit dem Kappzaum den Unterkiefer nach außen rotieren zu lassen, wenn ich an Stellung und Biegung feile?
  6. Wie steht es um die Ganaschefreiheit?
  7. Habe ich das Gefühl, das Pferd hinter mir nachzuziehen? Oder folgt es mir freiwillig, ohne viel Spannung oder Gewicht auf der Hand zu fühlen?
  8. Hat das Pferd stark unter dem Kappzaum-Polster geschwitzt?
  9. Rutscht der Kappzaum?
  10. Wie verhält sich mein Pferd, wenn ich den Kappzaum ausziehe? Öffnet es das Maul und erweckt es den Eindruck, als taste es mit der Zunge den Innenraum der Maulhöhle ab?

Wählen wir den Kappzaum mit Bedacht und Sorgfalt aus, dann arbeiten wir später an Stellung und Biegung einfach 😉

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