Play, smile and practice. Die Vorfreude auf den „Smile“-Teil des Seminars mit Christofer Dahlgren war natürlich groß – und wurde nicht enttäuscht.

Samstag, der Kurs mit Christofer startet mit Theorie und gleich vielen Fragen. Christofer lässt sich von den Praxisteilnehmern ihre Pferde, alle Hintergründe und Ziele vorstellen. Danach geht’s mal theoretisch auf die Couch. Nicht für uns – sondern für unsere Pferde.

Der sympathische Schwede lobt die zunehmende Auseinandersetzung mit der Biomechanik der Pferde, kritisiert allerdings, dass viele Reiter sich nicht den Kopf über den Kopf zerbrechen – sprich sich zu wenig mit der Psyche befassen.

„Wir glauben vier Beine bewegen einen Körper. Aber ist es nicht das Mindset, das die Pferdebeine in Bewegung setzt“?

Die goldene Regel des lizensierten Bent Branderup Trainers? Man muss dem Pferd immer etwas anbieten, ganz nach dem Motto: Komm und verteil Geschenke. Aber welche Geschenke braucht welches Pferd? Das eine lässt sich vielleicht durch eine kurze Pause bei der Arbeit am besten belohnen, das andere braucht sein Leckerli.

Von linken und rechten Gehirnhälften

Christofer möchte den Pferden keinen Stempel aufdrücken, aber er weiß – die Beschäftigung mit der Psyche macht es dem Reiter einfach leichter:

“Because you will know how to approach the horse for the daily work.“

In seinem Vortrag griff Christofer somit auf das Konzept der “Horsenality” von Pat Parelli zurück.

Demnach sind „left brain“ Pferde selbstsicher, mutig, vertrauensvoll, ruhig und tolerant. Die Beschreibung „dominant“ lehnt Dahlgren aber ab. Seiner Meinung nach gibt es keine dominanten Pferde – wenn, dann hat meist der Mensch das Übrige dazu getan.

„Right brains“ sind genau das Gegenteil. Sie sind zurückhaltend, ängstlich und misstrauisch. Sie neigen auch zu Überreaktionen, können aber sehr folgsam sein.

Introvertiert vs. Extrovertiert

Introvertierte Pferde bleiben oft stehen, sie werden oft als stur abgeschrieben, allerdings denken diese Pferde sehr viel.

Extrovertierte Pferde lieben es zu rennen, sind sehr an ihre Herde gebunden und haben ein enormes Potenzial an Energie.

Left brain extrovert

Ein verspielter Charakter, ein neugieriges Wesen. Ein Pferd, das schnell lernt und rasch eigene Ideen entwickelt. Der Reiter muss aufpassen, keine Langeweile im Training aufkommen zu lassen. Angenommen der Reiter hat 6 Aufgaben bzw. Übungen am Stundenplan, dann lassen sich diese leicht umsetzen – aber auch hier gilt: VIEL Abwechslung. Denn einem solchen Pferd muss man die Aufgaben in einem Spiel bieten.

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Tabby ist left brain introvert

Left brain introvert

Wie bereits oben beschrieben: Left brains denken viel nach. Sie wissen, was sie wollen und brauchen einen Reiter, der sie gut motivieren kann. Kann man einem solchen Pferd die gleichen 6 Aufgaben stellen, wie dem Left Brain extrovert? Christofers Empfehlung: „Arbeite langsam und beginne mit etwas Leichtem“. Das Pferd muss hier unbedingt mitmachen wollen und sich für ein gutes Gelingen verantwortlich fühlen können. Daher: Viel Lob, viele Pausen und viele Wiederholungen.

Right brain extrovert

Diese Pferde bewegen sich gerne. Daher geht Christofer mit einem solchen Pferd gerne vor dem Training zum „auslüften“ ins Gelände – erst wenn das Pferd relaxed ist kann die Arbeit beginnen. Aber: Man darf das Pferd nicht zur Bewegung zwingen! Ein sensibler Reiter versucht die Trainingseinheiten so leicht wie möglich zu gestalten, denn right brain extroverts fühlen sich schnell überfordert. Anstelle der 6 Übungen für den left brain extrovert sollte man auf drei Übungen reduzieren.

Right brain introvert

Der schüchterne Typ, der nicht gerne berührt werden möchte. Das Pferd scheint oft sehr ruhig und in sich gekehrt – plötzliche Gefühlsexplosion bei zu viel Druck nicht ausgeschlossen. Christofer empfiehlt mit diesem Pferdetyp sehr langsam und mit vielen Wiederholungen zu arbeiten. Wichtig wäre es dem Pferd auch ausreichend Zeit zum Nachdenken zu geben. Gibt man diesen Pferden genug Sicherheit bieten sie rasch von sich aus auch mehr an. Beim Beispiel mit den 6 Übungen pro Trainingseinheit heißt die Zauberformel Reduktion: Eine Aufgabe und dafür viel mehr Wiederholungen.

 

Natürlich waren wir dann schon mitten in der Diskussion: Und welcher Typ ist mein Pferd. Hier warnte Christofer aber davor, das Pferd von seiner Psyche her in eine fixe Kategorie zu stecken.

„Viele Menschen kennen nicht die Persönlichkeit ihres Pferdes. Dabei kann gerade dieses Wissen den Unterschied beim Training ausmachen und den Fortschritt positiv beeinflussen“.

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Christofer driftet nach draußen, ich überlege noch wie ich korrigieren soll..

Do not focus too much on the aid

Weiter ging es mit der ersten Praxisstunde. Von Christofers Advanced Lunging inspiriert, indem Seitengänge und Versammlung, sowie Pirouetten an der Longe arbeitet werden, lag der große Fokus bei vielen Praxisteilnehmern auf der Boden- bzw. Longenarbeit. Für viele gab es dann das große Aha-Erlebnis bei der grundlegenden Basis. So habe auch ich mit Tabby erst mal am „folgen“ gearbeitet.
In der bereits gewohnten Führposition (der Reiter geht rückwärts und achtet bei seinem Pferd auf Biegung und Stellung, das Pferd folgt vorwärts) gab es schon die ersten feinen und später beim Reiten spürbaren, nachhaltigen Korrekturen. Christofer korrigierte uns, da wir oft zu nahe am Kappzaum mit unseren Pferden kommunizieren. Ein wenig mehr Distanz und exakte Kontrolle der inneren und äußeren Schulter – und schon folgten die Pferde – wie von Christofer als Ziel definiert – dem Bauchnabel des Reiters mit respektvoller Distanz.
Tabby wurde hier etwas flott – aber kein Problem – mit vielen Richtungswechseln und Schlangenlinien kamen wir dank Christofers Tipps in einen angenehmen, ruhigen Rhythmus im Schritt. Immer wieder demonstrierte Christofer an den Pferden für das Publikum alle Übungen. Die Pferde waren bei ihm sofort entspannt – eine Freude zum Zusehen.

Die wichtigsten Punkte in Christofers Training:

–       Entspannung

–       Leichtigkeit zwischen den Hilfen

–       Balance – „More roundness“

–       Mehr Energie bis hin zur Versammlung

Und wie geht man in Schweden seitwärts?

Schulterherein, Kruppeherein, Traversale – auch hier gab es viele nützliche Hinweise aus dem täglichen Training von Christofer Dahlgren. So legt der Schwede zuerst den Fokus auf ein sehr gute Kruppenerhein, um später im Schulterherein die Biegung zu erhalten bzw. leichter korrigieren zu können, wenn die Hüfte ausfällt. Christofer warnte den Sinn und Zweck der Seitengänge im Sinne der Geraderichtung nicht aus den Augen zu verlieren:

„We teach the side movememts to teach the horse NOT to go sidewards. We need the side movements to tell the horse to do less.”

Folge mir und entspanne…

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Es folgt die „follow me“ Übung mit dem Pferd. Pferdestirn soll in Richtung meines Bauchnabels zeigen.

Im zweiten Teil der Theorie ging Christofer auf die Bodenarbeit, das forgeschrittene Longieren und die häufigsten Fehler am Boden ein. Beim Untertreten im Schritt warnte Christofer vor dem Hauptfehler, das Pferd auf die äußere Schulter fallen zu lassen. Oft würde man dem Pferd so auch beibringen vom Reiter weg zu treten, als dem Reiter zu folgen und seine Beine in Balance zum Schwerpunkt zu bringen. Seine erste Basisübung sei daher, dem jungen Pferd beizubringen dem Reiter zu folgen. Dann setzt er seine Arbeit mit Basislongieren und der Arbeit im Stehen fort. Erst wenn der Reiter in der Lage ist, vom Boden aus die äußere und innere Schulter, sowie die Hinterhand des Pferdes zu kontrollieren wäre das fortgeschrittene Longieren möglich. Und über allem steht: Entspannung. Keine Übung ohne Entspannung!

Für das Pferd gibt es folgende Schritte:

1)    Zuerst soll die Hilfe verstanden werden

2)    Kontinuität in der Entspannung

3)    Regulierte und gleichmäßige Grundgangarten

Der häufigste Fehler im Schulterherein: Die innere Hüfte „geht flöten“. Daher wird aus einer guten Biegung zuerst das Kruppeherein erarbeitet, um in weiterer Folge mit den „Schultern zu spielen“. Christofer warnte aus dem Kruppeherein sogleich ein Schulterherein vom Pferd zu verlangen.

In der Versammlung gilt laut Christofer folgende Faustregel:

„Do not judge the horse by how it is going to collection. But do judge what is coming after the collection.”

Weniger ist mehr – oft reicht es schon, vom Pferd Weniger zu verlangen (egal ob Seitengang oder Versammlung). Und noch ein Satz, der für mich am Kurs sehr einprägsam war:

„We often accept REACTIONS oft the horse, but we should aim for a good RESPONSE when using our aids”.

Dazu gab es wieder ein Beispiel von Christofer: Zwei Pferde lernen einen Seitengang zum ersten Mal. Das eine reagiert spontan toll und geht tatsächlich seitwärts, das andere reagiert schlecht mit wenig Reaktion. Für beide Pferde gilt: Wiederholen, wiederholen, wiederholen – denn wir wollen ein Pferd, das die Hilfe versteht und auf die Hilfe antwortet und nicht bloß reagiert!

In den übrigen Reiteinheiten legte Christofer ebenso viel Wert auf Entspannung und feine Hilfengebung – obwohl ich den Großteil des Kurses am Boden verbrachte und nur in der letzten Einheit meine Tabby sattelte, war ich erstaunt, wie viele Punkte Christofer sofort bei uns schonungslos aufdeckte und wie viele Tipps er uns zur Hausübung mitgab. Ich habe nun einen sehr roten Faden und freue mich schon auf die Arbeit mit Tabby. Schließlich gibt es nach der verletzungsbedingten Pause wieder zurück zu finden!

In der letzten Theorieeinheit gab es einen kleinen Rollentausch: in 2er Gruppen sollten wir als Pferd erfühlen, wie es sich anfühlt, wenn man von einem Menschen in Balance geführt wird. Hier gab es natürlich auch viel zu Lachen und in drei Führpositionen viel zu spüren. Ein spannendes Erlebnis, vor allem beim Erfühlen die Zügelhilfen. Selbst wenn man sich „vornimmt“ nicht auf die innere Schulter zu fallen – es passiert einfach mal. Mein Fazit – ich hoffe ich kann mir immer wieder mal eine meiner Stallkolleginnen schnappen, um mal wieder in die Rolle des Pferdes zu schlüpfen und zu fühlen!

Ich hoffe, wir können den tollen Kurs mit Christofer im nächsten Jahr wiederholen!

Ein großes Dankeschön an Verena Harum für die Organisation und an Katharina Gerletz für den Foto Support! Weitere Fotos folgen in Kürze auf Facebook!

Und wie Reiten wir nach Christofer Dahlgren Einfach?

„Focus on good relaxation and good response.“  🙂
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