Von der ersten Formgebung auf dem Zirkel bis hin zum Longieren von Levaden und Piaffen – Longieren hat in den letzten Jahren in der Akademischen Reitkunst einen besonderen Stellenwert bekommen.
Was ich persönlich am Fortgeschrittenen Longieren so gerne mag? Ich hab mir mit meinen 1,65 Metern zwei Pferdedamen ausgesucht, die mir aufgrund ihrer Körpergröße (1,63 und 1,66) die Handarbeit relativ schwer machen. In der Longierposition behalte ich somit einen guten Überblick und arbeite nun zB an Schulschritt und Piaffe.
Was brauchen wir an Ausrüstung?
Grundsätzlich reichen ein Kappzaum (ich persönlich bevorzuge das Cavaesal von Jossy Reynvoet, oder ein leichtes Cavecon), eine Longe und eine Dressurgerte.
Aller Anfang zieht seine Kreise…
Am Anfang ist das Hinterbein. IMMER. 😉 Egal ob man sich für Bodenarbeit, Longearbeit oder Reiten entscheidet – die Ausbildung beginnt bei der Schulung des inneren Hinterbeins. Das Pferd muss lernen mit ebendiesem zum Schwerpunkt zu treten.
Ist dies gelungen, ist der erste Schritt zum Longieren gemacht, mit dem Ziel dem Pferd beizubringen sich in Stellung und Biegung zunächst mal im Schritt auf dem Zirkel zu tragen.
Eine Empfehlung von Bent Branderup lautet, das Pferd auch mal gesattelt zu longieren. Dabei sollten auch die Bewegungen des Sattels, konkreter der Hinterzwiesel genauer unter die Lupe genommen werden. Wenn das innere Hinterbeine nach vorne schwingt – bewegt sich dann der Sattel nach innen-unten oder nach oben-außen? Bewegt sich der Sattel nämlich nach oben und nach außen, bedeutet dies, dass das Pferd den Brustkorb falsch rotiert. Der innere Rippenbogen schwingt dann nach oben, der äußere nach unten. Hier wollen wir aber bei der Schulung der Bewegung auf dem Zirkel genau das Gegenteil erreichen. Der natürliche Rückenschwung soll somit auch auf dem Zirkel in allen Grundgangarten erarbeitet werden – keine einfache Sache, schließlich gehören abgesehen von Balance auch Losgelassenheit, Entspannung, Vorwärts ohne Stress, Stellung, Dehnungsbereitschaft und „Zuhören“ zu den weiteren wichtigen Hausübungen!
Wie sag ich’s meinem Pferd auf dem Zirkel?
Longieren zwingt uns Menschen zu einer guten Körpersprache. Einfach am Zirkel rumstehen und das Gewicht vom einen auf das andere Bein verlagern ist nicht. Wenn wir unser Pferd korrekt longieren, nutzen wir auch unseren Körper als Mittel der Kommunikation. Je nachdem wo ich mich befinde, wirke ich auf das Pferd verwahrend, neutral oder treibend ein. Die Drehung meines Körpers, oder ob ich in die Knie gehe führt zu Seitengängen oder zur Versammlung. Grundsätzlich sind Positionen 1 und 2 (Kopf und Hals) als verwahrende Positionen zu nennen. Position 3 gilt als neutrale Position. Position 4 und 5 (Kruppe und Schweif) sind treibend. Die Gerte ist der Assistent, wenn es um die Schulung von Innerem und äußeren Zügel, sowie innerem und äußerem Schenkel geht. Wer sein Pferd hier bei der Bodenarbeit gut vorbereitet wird rasch feststellen, dass sich die Schultern, sowie die Hinterhand des Pferdes im Falle eines „Ausfalls“ ganz spielerisch wieder gerade richten lassen. Wenn die Gerte also über den Rücken in Richtung äußerem Hüftknochen zeigt, wird das Pferd ins Kruppeherein geholt. Zeigt die Gerte über den Widerrist in Richtung äußerer Schulter lernt das Pferd allmählich eine Hilfe für den äußeren Zügel kennen.
Was haben Wellen mit Longieren zu tun?
Einiges, denn über die Longe können wir mit Hilfe von sanften Wellen unsere Kommunikation, sowie die Schulung von Paraden verfeinern. Sanfte Wellen rückwärts führen etwa zum Anhalten, Wellen zum Pferd hin können den Zirkel vergrößern, kleine Wellen rückwärts wirken versammelnd.
Stimmen Sie sich auf Ihr Pferd ein…
Longieren gibt nicht nur einen guten Überblick über die Physis des Pferdes – vielen Menschen fällt es auch mit ein wenig Distanz leichter die Psyche des Pferdes einzuschätzen. Und daher gilt auch hier: Man kann nicht nicht kommunizieren – und besser kommuniziert man über die Stimme. Pferde reagieren sehr sensibel auf unsere Stimme, daher ist sie ein elementares Teilchen im Rondeau der Hilfen des Longierens.
Wie sagt Jossy Reynvoet so schön: Schau nicht in dein Pferd – fühle es. Gerade beim Longieren und mit der größeren Distanz kann man dieses Fühlen gefahrlos (ohne über die Beine des Pferdes zu stoplern) schulen. Vor lauter „Schauen“ achten wir nämlich nicht mehr darauf, ob wir uns in einer verwahrenden, treibenden oder neutralen Position zum Pferd befinden. Wie ist die Brustkorbrotation des Pferdes – und wie die des Reiters? Hat das Pferd gelernt auf Körperhilfen des Reiters hin den Zirkel zu vergrößern oder ist dies nur mit einer langen Longierpeitsche möglich? Longieren ist nicht nur für das Pferd sinnvoll, sondern vor allem für die eigene Körper- und Blickschuung.
Wie man Wellen schlägt und sich selbst auf dem Zirkel bewegt, lässt sich gut in Trockenübungen zu zweit mit einem lieben zweibeinigen Kollegen üben.
Schulen wir unsere Achtsamkeit, dann longieren wir mit Freude einfach 😉
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