Marius Schneider, Meister der Akademischen Reitkunst war bereits zum dritten Mal zu Gast bei Petra Grünleitner in Simbach am Inn. Warum es sich lohnt von der Blickschulung in die Gefühlsschulung und am Formulieren von Inhalten zu arbeiten – darüber ein kleiner Nachbericht in meinem Blog.

„Der Friese steht meist über den Dingen“….

Wieder einmal waren acht unterschiedliche Paare mit dabei. Vom Warmblut, Paso Fino, Vollblut, Berber, Traber bis zum Friesen.

Marius strich die Besonderheiten der einzelnen Rassen hervor und passte die Arbeit an der Gymnastik sowohl an die physischen, wie auch die psychischen Begebenheiten der Pferde an. Den Anfang machte ein junger Friese mit rassetypischer Halsung und Aufmachung.

Marius erklärte sämtliche Führpositionen, von der Führarbeit, Fokusarbeit, bis zur Biegearbeit und dem Spiel mit unterschiedlichen Tempi im Schritt, konnte man gut beobachten, wie sich die Konzentration des jungen Pferdes mehr und mehr auf seinen Menschen fokussierte. Theorie und Praxis wurden anschaulich kombiniert, Fragen aus dem Publikum, wie „Lohnt es sich das Pferd vor der Arbeit abzulongieren“ beantwortete Marius ebenso ausführlich. So riet er in diesem Falle davon ab, wenn sich das Pferd durch das gesteigerte Tempo in Rage läuft.

In der zweiten Einheit wurde der Unterschied zwischen Bodenarbeit und Handarbeit durchgenommen. Beim Übergang zur Handarbeit soll die Hilfengebung feiner und exakter werden. Marius legte viel Wert auf unauffällig und unaufwändige Hilfengebung. Dabei bekamen die Zuschauer auch zahlreiche Hinweise für die biomechanische Blickschulung geboten.

„Kruppeherein ist etwas, was durch die Form entsteht, die wir uns erarbeiten“.

Marius betonte die Freiheit der Kopfgelenke nicht einzuschränken, ansonsten wäre ein korrektes Mitschwingen des Pferdes nicht mehr möglich. Bei aller Technik legte er den Teilnehmern ans Herz nie aufzuhören, mit dem Pferd zu kommunizieren, besonders, wenn sich das Pferd beispielsweise in fremder Umgebung verspannt.

Weniger ist mehr

Mehr Seitwärts ist besser? Hier führte Marius die Praxisteilnehmer, wie aber auch die Theorieteilnehmer weg von der optischen Kontrolle. Auch wenn das Seitwärts nach mehr aussieht – fühlt es sich dann gut an? Wenn das Pferd schwer in der Hand wird, war es dann wohl doch zuviel. Lektionen wie Traversalen wurden in der Handarbeitseinheit hinzugefügt, um auch die Linienführung für das „Bodenpersonal“ zu verbessern.

Manchmal ist das Pferd optisch in einem Seitengang – beispielsweise im Kruppeherein und arbeitet aber mit einem Hinterfuß nicht mit. Hier wurde wieder der Blick geschult, das äußere Hinterbein hinsichtlich des Vorgriffs zu analysieren. Greift es etwa neben, oder in die Spur des äußeren Vorderfußes?

Die Sache mit der Hinterhand

Wenn die Hinterhand gut folgt, dann verbessern sich auch Stellung und Biegung beim Pferd. Mit Petras junger Berberstute wurde daher am Thema gearbeitet, die Hinterhand herbeizuweisen, um gezielt die Hinterfüße noch besser nach vorne zu arbeiten. Bei der Arbeit im Stand kam nicht nur eine gymnastische Komponente dazu, sondern auch eine geistige. Wer seinem Pferd beispielsweise einen breiteren Stand ermöglicht, könne somit auch etwas Gutes für das Selbstbewusstsein des Pferdes tun, so Marius.

Marius unterschied in Pferde, die Lektionen ausführen, aber psychisch nicht anwesend sind und Pferde, die mental und körperlich in ausgeglichener Balance sind.

Mangelnde Geschmeidigkeit sei auch oft auf das Nichtwissen des Pferdes zurückzuführen – etwa wenn das Pferd noch nicht gelernt hat, wie es auf die Reiterhand reagieren soll.

Wenn das Pferd jedoch seine Aufgabe gut kennt, muss der Reiter physische Blockaden oder Verletzungen aufspüren können. Gemeinsam wurde beim nächsten Teilnehmer der gesamte Pferdeschädel analysiert und abgetastet, um etwaige Verletzungen auszuschließen. Das Pferd war natürlich gesund – für die Zuschauer war aber gerade die Kombination aus Theorie und Praxis äußerst spannend.

Es folgten mobilisierende Übungen, wie vergrößern und verkleinern des Zirkels, kombiniert mit der Arbeit an der Qualität der Schulterkontrolle.

„Die Nachhand heißt Nachhand, weil sie ja nachkommen muss. Nur wenn ein Pferd durch den Körper loslassen kann, dann kann die Nachhand in der Bewegung korrekt folgen“.

Touchierpunkte

Geht es um Touchierpunkte, denken die meisten Reiter unweigerlich an Versammlung. Dass es aber noch Punkte gibt, die für eine Verbesserung der Nachgiebigkeit, der Stellung, zum Vergrößern und Verkleinern des Zirkels, sowie verstärkte Biegung sorgen, brachte viele Aha-Effekte bei den Teilnehmern.

Diese Aha-Momente sollten von den Teilnehmern auch unmittelbar kommentiert werden.

„Da sprechen wir noch mal drüber“ – war quasi ein Mehrfachzitat von Marius, der immer wieder zwischen den Einheiten Praxis und Theorie gekonnt kombinierte, aber auch die Praxisteilnehmer dazu aufforderte, da Gefühlte in Worte zu fassen. Wer mit dem Pferd arbeite, sollte die Zeit sinnvoll nutzen und die Dinge unbedingt beim Namen nennen.

Manchmal lohne es sich aber auch weg von den gewünschten Zielen zu denken und Fehler auch mal bewusst zuzulassen. Wer ständig korrigiert, merkt nämlich Überkorrekturen oder falsche Körperhaltungen gar nicht mehr.

In den nächsten Einheiten am Vormittag wurde viel an der Longe gearbeitet. Dabei erklärte Marius die einzelnen Möglichkeiten des fortgeschrittenen Longierens und legte viel Wert auf korrekte Übergänge. So wurden beim Traber die Hufe etwas länger am Boden gehalten, um auch das Fußen zum Schwerpunkt hin zu verbessern, Beim Araber wurde an Verbindung und Leichtigkeit, sowie saubere Übergänge von Trab in den Schritt und Galopp getüftelt. Dabei gab Marius den Tipp beim Übergang vom Galopp in den Trab nicht aufzuhören zu galoppieren, sondern gedanklich mehr ans antraben zu denken.

In den Einheiten am Nachmittag wurde zwischen Bodenarbeit und Reiten abgewechselt. Mit großem Applaus endete die Stunde von Andrea Harrer und „Wellness“ genannt Willi, die sich im Terre a Terre übten und das Publikum charmant in den Bann zogen.

Marius Analysen schlagen eine gekonnte Kombination aus Gefühls- und Augenschulung. Eine Fortsetzung findet am 10. und 11. September 2016 in Bayern statt. Anmeldung und Info bei Petra Grünleitner, am besten gleich direkt per Mail

Eine tolle Foto Zusammenfassung vom Kurs gibt es auch bei Katharina Gerletz!

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