Wie ist denn das in der Akademischen Reitkunst? Muss man da in einem barocken Sattel reiten? Brauche ich eine Holzgerte und Warum?

In meinem Alltag, wenn ich unterrichte oder Kurse gebe, stoße ich immer wieder auf ähnliche Fragen, die die Akademische Reitkunst betreffen und scheinbar auf eine gewisse Methode oder Vorgehensweise reduzieren.

Gleichzeitig nehme ich einen gewaltigen „Methodenstreit“ in der Reiterei wahr.

Mein persönlich größter Meilenstein, den ich durch die Akademische Reitkunst gelernt habe:

„Reite den Inhalt, nicht die Lektion“.

Vielleicht sollten wir uns also auch bei der Methodendiskussion auf Inhalte – oder anders gesagt auf Prinzipien besinnen. 

Vor mehr als drei Jahren habe ich einen Artikel über den „Magischen Knopf“ in der Reiterei geschrieben. Diesen gibt es eben nicht, jedoch suchen die meisten Reiter diesen magsichen Knopf, der sämtliche Probleme zu lösen vermag wie den heiligen Gral.

Diese Suche macht uns dann gerne zu Trainerhoppern, oder Methodenhoppern. 

Suchenden Reitern schlage ich dann gerne vor, ein Wertesystem, ganz für sich selbst, also eigene Prinzipien zu formulieren, die dann auch bei der Suche nach einer Reitweise oder einem Trainer enorm behilflich sein können.

Ich habe für mich selbst, als ich noch auf der Suche war 10 Prinzipien formuliert, die mir als Schüler und als Lehrer wichtig sind:

  1. Das Wohl von Pferd und Mensch steht an erster Stelle.

    Eine „Methode“ darf weder mich noch mein Pferd physisch wie psychisch in Gefahr oder unter großen Druck setzen. Ich möchte weder meine Sicherheit noch die Sicherheit von Mensch und Pferd, die beispielsweise auch noch mit mir in einer Halle unterwegs sind gefährden. Daher arbeite ich auch immer im:

  2. Der Grüne Bereich

    Im Grünen Bereich gibt es die Möglichkeit zu wachsen und zu verstehen. Lernen und Verständnis werden geschult, auch die motorischen Fähigkeiten von Reiter und Pferd    werden verbessert, um so nach und nach über sich hinauszuwachsen und den orangen Bereich allmählich grün zu malen. Niemals wage ich mich daher in den roten Bereich.

  3. Es gibt für alles eine Erklärung. 

    Sicher. Wir können nicht alles wissen und in jedem Bereich Experte sein. Wir können aber gezielt nachfragen. Das war für mich ein großes Argument in der Akademischen Reitkunst. Für alle meine Fragen gab es eine nachvollziehbare und wie sich im Laufe der Ausbildung auch herausstellte überprüfbare Antwort.

  4. Ethik.

    Ich möchte mir nach jeder Trainingseinheit mit jedem Pferd in den Spiegel schauen können und mit mir selbst zufrieden sein. Wie sagt Bent Branderup gerne in seinen Theorievorträgen: Das erste Pferd leidet am Meisten. In meinem Fall war es wohl das zweite Pferd – dennoch habe ich mich seit meinen Irrwegen mit „Barilla“ nie mehr so unzulänglich gefühlt.  Dieser Punkt betrifft eben nicht nur die Ethischen Grundsätze gegenüber dem Pferd, sondern freilich auch gegenüber meinen Schülern, Trainerkollegen und Vorbildern.

  5. Künstlich? 

    Nein Danke. In der Ausbildung meines Pferdes möchte ich nicht auf Hilfszügel oder ähnliche Mittel zurückgreifen, die das Unvermögen von Reiter und Pferd verschleiern oder Unmutsäußerungen des Pferdes unmöglich machen. Das Pferd möchte uns etwas sagen – und das aus sehr gutem Grund. Kunst die künstlich wird lehne ich für mich ab.

  6. Geduld. 

    Eine schwere Prüfung, vor allem für Reiter, die sofort JETZT gerne ein Ergebnis hätten. Gerne wird dann eben auch einer Methode die „Schuld“ gegeben, wenn nicht alles sofort klappt. Viele Dinge brauchten in der Vergangenheit ihre Zeit. Wer beispielsweise eine Fremdsprache in der Schule gelernt hat weiß, dass es dauert, bis man eine neue Sprache flüssig beherrscht. Warum geben wir also auch uns selbst in der Reiterei so wenig Zeit?

  7. Immer positiv denken. 

    Ja, auch das ist nicht immer leicht. Ich bin selbst jemand, der sehr gerne lieber über die „Soll“ Seite nachdenkt, als über das bereits erreichte „Guthaben“ oder „Haben“. Ein Blick zurück zu den Hürden, die bereits hinter uns liegen, stärkt unser Selbstvertrauen und gibt Kraft für neue Herausforderungen. Und auch in diesen liegt ein wunderbarer Schatz verborgen. Wir werden so unendlich viel mehr können, wenn wir hohe Hürden überwunden haben.

  8. Balance.

    Immer, wenn ich meinen Pferden eine Aufgabe stelle, dann muss ich auch an das Gegenteil denken. Tragkraft braucht auch ein gewisses Maß an Schubkraft. die Arbeit an der Kraft benötigt vice versa auch ein gewisses Maß an Ausdauertraining. Und wer alles zu „verkopft“ betreibt, der braucht auch mal ein ordentliches Portion an Freude und Genuss.  Es muss also immer alles im Gleichgewicht sein.

  9. Der Weg ist das Ziel. 

    Wer in Endergebnissen denkt, der hat keine Freude am Prozess des Wachsens und Lernens. Schlüsseln wir also unsere große Wegstrecke in kleine Etappen oder Meilensteine auf, dann haben wir beim Lernen auch messbare Ergebnisse und stellen an uns und unser Pferd nicht gleich die großen Herausforderungen. Außerdem hilft es ungemein alle einzelnen Schritte ordentlich auszuformulieren, das macht klar:

  10. Reite den Inhalt und nicht die Lektion.

    Ich möchte immer wissen, warum, was und wie ich etwas tue.

Diese Grundsätze lassen sich natürlich auch noch weiter ausbauen. 🙂

Wie lauten denn Eure Grundsätze?

Wer sich an Prinzipien orientiert, der Reitet Einfach 😉

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