Was ist eine Parade und wie kann der Reiter sie einsetzen? So viel man über die Parade auch in der Reitliteratur nachlesen kann, so viele Interpretationen darüber gibt es auch heute in der Praxis.
Der wohl größte Irrtum – die wesentlichen Elemente der Parade sind Treiben und Gegenhalten.

Man kann es so oder so sagen

Grundsätzlich wird die Parade als Kommunikationsmittel zwischen Reiter und Pferd verstanden. Für eine gute Verbindung sollen dabei Zügelhilfen, Schenkelhilfen und Gewichtshilfen sorgen. Und da haben wir schon den Salat. Bent Branderup legt in seinen Vorträgen besonderen Wert auf die Unterscheidung zwischen Zügel- und Handeinwirkung. Wer heute ältere Reitliteratur liest, ohne zu wissen, dass die alten Meister wie François Robichon de la Guérinière über das Führen der Schultern des Pferdes zwischen den Zügeln schrieben, glaubt unweigerlich eine Anleitung für die Handeinwirkung zu finden.
Guter Reitunterricht unterscheidet allerdings zwischen Hand- und Zügeleinwirkung.

Die meisten Definitionen über Paraden führen auch zwangsläufig zu den Bildern von Reitern, die mit den Schenkeln kräftig vorwärts treiben und mit der Hand versuchen, aufzufangen, was von hinten kommt. Begrifflichkeiten wie „Aushalten“ oder „Aufnehmen“ führen zwangsläufig zur Vorstellung von vorne „gegenhalten“ und hinten nachtreiben.

Dabei steckt in der Parade doch so viel mehr..

Ganze Paraden: Eine ganze Parade soll zum Anhalten des Pferdes führen, bzw. das Pferd auf die Hanken setzen. Die Campagne-Parade geht von einer Änderung des Tempos aus, eine schulmässig durchgeführte Parade führt zu mehr Hankenbeugung. Durch eine ganze Parade kann außerdem Bewegung auf der Stelle eingeleitet werden. Das wäre dann bei einem Übergang von Trab zur Piaffe beispielsweise der Fall.

Dreiviertel Parade: Das Pferd wird hierbei langsamer, der Takt bleibt jedoch in seiner ursprünglichen Form erhalten.

Halbe Parade: Die halbe Parade wird in der Bewegung aber auch im Stehen angewendet. Ziel ist es, die Hinterbeine vermehrt zum Schwerpunkt zu bekommen und die Hanken vermehrt zu biegen. Bei Pferden, die sich gerne auf den Zügel legen, können halbe Paraden bei der Korrektur ebenso helfen.

Viertelparade: In vielen Reitschulen werden Kommandos, wie eben ganze oder halbe Parade gegeben, um entweder ein Anhalten oder ein verringern des Tempos zu fordern. Allerdings wird bei der Viertelparade klar, dass vom Reiter doch einiges abverlangt wird, vor allem sollte man für Paraden ein gewisses Maß an Forscherdrang mitbringen.
Während die Viertelparade einzelne Körperteile des Pferdes korrigieren kann, um schließlich eine ganze Parade überhaupt zuzulassen, überprüft die Achtelparade, ob Stellung und Biegung wirklich vom Schäden und vom ersten Halsiwrbel bis hin zum letzten Schwanzwirbel korrespondieren.

Was meinst du?

Gegenhalten und Treiben sind also nicht mit Parade gemeint. Kreuzanspannen? Handeindrehen? Oder das Schließen der Faust? Je besser Paraden im Einzelnen – und vor allem in ihrer großen Unterschiedlichkeit geübt werden, umso eher ist das Erlernen des Verständnis für die Parade umzusetzen. Über die Akademische Reitkunst habe ich einmal eine ganz lustige Beschreibung im Internet gefunden. Dabei ging es um den Vergleich von verschiedenen Reitweisen.
Über die Akademische Reitweise stand da zu lesen: Im Stehen über den Schritt und im Schritt über den Trab und Galopp nachdenken.

Korrekt 😉
Wir denken wirklich gerne im Stehen über das weitere Vorwärts und Vorgehen nach.
Der Vorteil der Arbeit im Stehen? Wir können unsere Hand schulen, ohne in alte Muster, die sich häufig in der Bewegung einstellen zu fallen. Die meisten Reiter, die sich für die Akademische Reitkunst interessieren, sowie ihre Pferde haben zuvor ganz andere Erfahrungen gemacht. Im Stehen kann man in Ruhe in das Pferd hineinfühlen. Auch mir ging es so: Was früher manchmal aus purem Zufall gelang, wird jetzt genau „behirnt“: Dabei schadet es nicht, beim Üben laut das Gespürte zu formulieren. Wo sitzen bei Erarbeitung  von Stellung und Biegung Widerstände? Kann man diese entlang der Halswirbelsäule erfühlen? Oder „sitzt“ die Blockade weiter hinten? Vielleicht bin es sogar ich, die die Bewegung blockiert?

Im Grunde arbeiten wir den gazen Tag mit unseren Händen. Wir sind es gewohnt ständig anzupacken. Einmal loszulassen kann dann auf dem Pferderücken oder bei der Handarbeit vom Boden aus schwer fallen.

Ganze und halbe Paraden sind uns aus den ersten Reitstunden noch gut bekannt. Aber gelingt es unserer Reiterhand wirklich zwischen Achtelparaden und halben Paraden zu unterscheiden? Wie setzen wir das wirklich in der Praxis um? Schaffen wir es in unseren Körper deutlich zu unterseiden?

Bent Branderup hat erst kürzlich in einem Theorievortrag gesagt:

„Es ist leichter ein Maximalist zu sein. Schwieriger ist es für den Minimalisten, denn er muss wissen, wovon er überhaupt minimal werden will“.

Die Parade ist für mich daher auch ein Prüfstein nicht nur, ob man die Hinterbeine des Pferdes erreicht, sondern ob im Unterricht auf diese minimalen, kleinsten Unterschiede eingegangen wird. Man kann durch die Bewegung eines Ringfingers mit dem Pferd kommunizieren, und es macht einen Unterschied, wie fest man seine Faust schließt.

Lernen wir unsere eigene Hilfengebung durch unseren Körper besser kennen – und fragen wir lieber öfter nach, wie Paraden umzusetzen sind, dann reiten wir Einfach! 😉

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