Der Traum vom eigenen Ponyhof – wer kennt ihn denn nicht? Während ich noch mit Steckenpferden im Wald herumtollte, war für sie der Traum bereits Realität. Während ich von Reitstunden träumte, absolvierte sie mit ihrem Shetty bereits das erste Geschicklichkeitsturnier. Die Rede ist von Yvonne Heynckes, die einen Ponyhof für Groß und Klein leitet.

Yvonne – Akademische Reitkunst und Ponyhof – wie kam es dazu und wie bist du zur Akademischen Reitkunst gekommen? 

Yvonne Heynckes: Ich hatte mir vor vielen Jahren eine Tinkerstute gekauft, mit dem Hintergedanken sie zu einem Voltigier- und Kutschpferd auszubilden. Mental war diese Stute jedoch nicht dazu in der Lage, die ihr gestellten Aufgaben zu lösen. Also musste ich eine andere Lösung für sie finden. Diese fand ich auch im Unterricht von Bent Branderup, bei dem wir im Gegensatz zum Unterricht in anderen Reitweisen sofort ernst genommen und willkommen waren.

Wie heißt es so schön: Wir denken im Stehen über den Schritt nach und im Schritt über den Trab usw. Einerseits ein Satz zum Schmunzeln, andererseits vielleicht auch eine Warnung, sich nicht zu sehr im Tüfteln zu verhaften. Wie passt dieser Satz aber zu Kindern und Jugendlichen, die vielleicht auch die Schnelligkeit und Geschwindigkeit von Galopp mögen? 

Yvonne Heynckes: Dieser Satz passt eigentlich zu Kindern viel besser, als man zunächst denken würde. Kinder wollen nämlich unbedingt verstehen WARUM wir WAS WIE machen. Erwachsene finden es meist viel schwerer, im Schritt über Galopp nachzudenken. Sie empfinden das als schwierig und kompliziert. Für Kinder ist es aber total logisch, einen Schritt nach dem anderen zu machen und sich in eine Aufgabe erstmal einzufühlen. Sie sehen einen Sinn dahinter und haben tatsächlich Spaß wenn sie fühlen und verstehen. Manchmal arbeiten die Kinder dann zu zweit. Ein Kind sitzt mit geschlossenen Augen am Pferd, während das andere Kind vom Boden aus das Pferd bewegt. Das Kind auf dem Pferd muss nun erraten, was passiert ist und so wird die Schulung des Reitergefühls zu einem Spiel, an dem die Kinder Freude haben.

Und was sagst du Eltern, die meinen: Zu meiner Zeit sind wir nach 5 Reitstunden schon galoppiert? 

Yvonne Heynckes: Alles zu seiner Seit und wir lassen den Galopp natürlich nicht aus. Der ist ein wichtiger Spaß- und Geschwindigkeitsfaktor für die Kids. Für Kinder ist ein Galopp ein Traum – eigentlich haben eher Erwachsene vor dem Galoppieren Angst. In der Ovalbahn arbeiten wir auch wieder ganz spielerisch am Galopp. Die Pferde galoppieren an und die Kinder erraten, ob das Pferd im Links- oder Rechtsgalopp unterwegs ist.

Wie beschreiben Kinder ihre Gefühle? 

Yvonne Heynckes: Da braucht es nicht immer ganz besonders „akademisches“ Vokabular. Es reicht oft ganz einfach zu sagen: Es geht mehr nach rechts oder nach links. Es fühlt sich etwas angenehm oder unangenehm an. Kinder finden meist wirklich erstaunlich viele Worte für Details. Sie müssen nicht danach suchen. Es sind eher die Erwachsenen, die alles komplizierter machen oder erleben 😉

Wie siehst du die heutige reiterliche Ausbildung von Kindern und Jugendlichen? Für mich war es als Kind das Schönste überhaupt einfach nur bei den Pferden zu sein und Stallarbeiten erledigen zu dürfen. Heute bekommen die meisten Kinder das fertig geputzte und gesattelte Pferd vor die Nase gestellt. Wie beurteilst du das? 

Yvonne Heynckes: Ich verstehe nicht, warum Reitschulbetreiber das machen. Die Stallarbeit lässt sich ja auch wunderbar in den Unterricht integrieren – und die Kinder wollen ja mit den Ponys zusammen sein. Kinder, die im Umgang mit dem Pferd zunehmend selbstständig werden, sind ja auch eine Erleichterung für den Reitbetrieb. Meine jüngste Lerngruppe bekommt natürlich noch viel Unterstützung, aber je weiter fortgeschritten die Gruppe ist, umso eher lernen sich die Kinder gegenseitig beim Satteln und Putzen beispielsweise zu unterstützen. Freilich begleitet durch unser wachsames Auge. Das Ziel sollte aber sein, nicht nur das Reiten zu schulen, sondern dass jedes Kind selbstständig ein Pferd versorgen kann. Das ist das Ziel unserer gesamten Ausbildung. Das wissen Eltern und Kinder – und genau so möchten sie es auch lernen.

Wie alt sind denn die Kleinsten bei dir in der Gruppe? 

Yvonne Heynckes: Ab 6 Jahren geht es mit dem Reitunterricht los, davor werden die meisten Kinder einfach mal geführt und ganz sanft mit dem Pony vertraut gemacht. Ich muss aber gestehen, dass wir das Alterslimit ab 4 festsetzen mussten – aus organisatorischen Gründen – denn es gäbe bereits für noch jüngere Ponybegeisterte eine große Nachfrage.

Wie alt warst du denn, als du das erste Mal am Pferd gesessen bist? 

Yvonne Heynckes: Das weiß ich nicht mehr so genau, aber mit vier Jahren habe ich das erste mal bei Ponyspiele mit meinem Shetty teilgenommen.

Warum sollten Kinder überhaupt etwas von Ponys und Pferden lernen? 

Yvonne Heynckes: Ich denke ganz elementare Dinge, wie Verantwortung zu übernehmen oder aktiv in der Gesellschaft zu werden – all das lernen Kinder durch den Umgang mit Pferden und Ponys. Wir leben in einer Gesellschaft, die Kinder zwingt viel inne zu halten. Vom Stillsitzen in der Schule, bei Tisch, vor dem Computer….da kommt freilich das Ausleben des Bewegungsdranges viel zu kurz. Wir geben den Kindern am Ponyhof Raum, um sich wieder zu bewegen und Spaß an Bewegung zu haben. Auch das Thema Geduld – da profitieren die Jugendlichen im Prozess des Erwachsenwerdens ebenso enorm. Denn in der Pubertät hat man wenig Geduld, am Ponyhof kommen die jungen Erwachsenen aber wieder zur Ausgeglichenheit und Ruhe.

Bei der Akademischen Reitkunst geht es um die Gymastizierung. Wie baust du dieses Thema bei den jüngeren Schülern ein? 

Yvonne Heynckes: Ich erkläre schon in groben Zügen, was wichtig ist. Das Interessante dabei ist aber: Ab einem gewissen Alter oder Ausbildungsstand kommen die Kinder zu mir und fragen ganz aktiv nach. Sobald einige Abläufe automatisiert sind und einfach von der Hand gehen, wollen die Kinder alles, was dahinter liegt verstehen. Oft kommen die Kinder sogar und fragen, ob sie beim Bent Kurs dabei sein dürfen. Die Teilnahme an der Theorie ist übrigens für unsere Kinder kostenlos. Nach dem Kurs wünschen sie sich oft Themenwochen oder Projektwochen zu Begriffen wie „über die Hand gehen“ oder „hinter dem Zügel gehen“, die ihnen im Kurs völlig neu waren. Dann arbeiten wir alles im Handumdrehen auf und später in der Praxis höre ich oft: „Ah, das hat er gemeint“! Learning by doing quasi. Wir veranschaulichen auch sehr viel. So lasse ich die Kinder einen Eimer heben – einmal mit rückständigen Beinen, einmal quasi im geschlossenen Stand. Oder wir spielen Vorhand und Nachhand. Ein Kind ist die Vorhand, ein weiteres Kind „hängt“ sich an die Hüften der Vorhand und spielt die Nachhand. Allerdings sind beide nicht wirklich ganz brav. Mal fällt die Vorhand aus, mal die Hinterhand. Die Kinder spüren, wie sich das in der Verbindung anfühlt – aber auch das Gefühl für Takt lässt sich so ganz prima schulen. So lernen wir, ohne dass es sich groß nach Theorie anfühlt! Auch für das Thema Galopp spüren die Kinder selbst in ihrem Körper wie sich das Angaloppieren in der inneren Hüfte anfühlt. So geht es vom lustigen Spiel mit der Reitstunde in die Realität auf dem Pony – und das mit viel Spaß und Freude.

Baust du solche Erlebnisse auch in den Unterricht mit Erwachsenen ein? 

Yvonne Heynckes: Ja, das mache ich auch sehr gerne, weil ja auch Erwachsene happy sind mit simplen Erklärungen. Manchen Leuten ist es manchmal zu theoretisch, dann können sie durch diese spielerische Theorie noch einmal alles besser verstehen.

Ältere Schüler mit Kinderaugen reiten lassen – das ist quasi die wahre Kunst. Wir dürfen einfach nicht aus den Augen verlieren, dass wir mit den Pferden ja gerne zusammen sein wollen. Den Kindern ist das in erster Linie wichtig. Sie haben gar nicht die Zielsetzung eines Kruppeherein. Wenn wir für uns als Erwachsene unsere Ziele kleiner stecken, dann kommt auch mehr Motivation und Sinnhaftigkeit in die Sache. Und es zahlt sich auch aus, als Erwachsener mit Kinderaugen in die Bodenarbeit zu blicken: Kinder möchten natürlich möglichst sanft mit den Ponies umgehen. Daher haben sie immer Furcht davor, zu stark am Zügel Zug auszuüben. In der Bodenarbeit neben dem Pferd können sie genau anschauen, was im Kopf des Ponys vorgeht. Die Ponys zeigen schließlich auch genau, wann es ihnen zuviel Einwirkung ist.

Wie motivierst du deine vierbeinigen Mitarbeiter? 

Yvonne Heynckes: Das ist ganz einfach: Wir haben sehr viele Projektwochen: Einmal steht Bogenschießen am Programm. Dann haben wir Bodenarbeitswochen. Wir widmen uns Themen auf unterschiedlichen reiterlichen Niveaus. Dadurch behalten die Pferde einen roten Faden in der Ausbildung zum Gebrauchspferd, aber es gibt eben auch sehr viel Abwechslung. Und jedes Pony bekommt die Aufgabe, in der es auch wirklich gut ist. Für die Pferde bedeutet das auch in der täglichen Arbeit viel Sinnhaftigkeit – wie bei einem Geschicklichkeitsparcours für die Kinder ebenso.
So bleiben Freude und Losgelassenheit immer erhalten. Alle vierbeinigen Mitglieder des Ponyhof Heynckes gehen übrigens zunächst mal zwei Jahre zu mir in die Ausbildung. Für mich ist es dann natürlich auch eine große Herausforderung, wenn ich meine Schützlinge meinen zweibeinigen Schützlingen übergebe.

Hattest du jemals Zweifel an der Kombination Ponyhof und Akademische Reitkunst? 

Yvonne Heynckes: Nein. Kinder empfinden diese Ausbildung nicht als kompliziert – denn Akademisch Reiten kann man auch überall – im Wald und im Feld.

Bei den Bildern vom Ponyhof Heynckes wird man tatsächlich an „Reiten wie damals“ erinnert – als Ferien, Spiel und Spaß mit Ponys jedes Kinderherz höher schlagen haben lassen. Damals gibt es im heute – nachzulesen auf Facebook

oder der Website des Ponyhofs

Reiten wir wie damals 😉 Dann reiten wir Einfach