Ritterschaft der Akademischen Reitkunst, oder Knighthood – als ich das erste Mal davon hörte dachte ich: Bitte nicht schon wieder so eine Kostümreitgruppe. Die Ideale und Zwecke der Ritterschaft machen aber klar – hier geht’s um viel mehr!

2007 kam ich das erste Mal mit der Akademischen Reitkunst in Verbindung. Eine Freundin von mir brachte die Akademische Reitkunst aus Salzburg zu uns nach Graz. Ich erzählte ihr von den gesundheitlichen Problemen meiner Stute Barilla, die gerade ein Jahr Pause auf der  Koppel verbrachte. Eva schwärmte von der Akademischen Reitkunst und lud mich ein, es einmal auszuprobieren. Gerade für Barillas Probleme mit den Gelenken sei diese Arbeit ideal. Ich habe es ihr nicht geglaubt und freundlich genickt.

Ich bin sehr froh, dass Eva mich damals doch überzeugen konnte, sie und ihren Anton beim Training zu besuchen. Zehn Minuten entspanntes Reiten zu sehen, ohne Zug und Zwang am Zügel und die Sache hatte mich überzeugt.

Je tiefer ich  in die Akademische Reitkunst eintauchte, je besser verstand ich, warum ich was reite, umso eher verstand ich auch die Ideale und Ziele der Ritterschaft. 

„In 1997 Bent Branderup founded the Knighthood of the Academic Art of Riding. The members of this new Knighthood are meant to spread the old knowledge and to always keep on investigating for new knowledge. The new knighthood wants to protect the European cultural inheritance combined with the modern esthetic values for the interaction between horse and rider. The old Knighthood’s level of skill of acceptance was equal to the level of piaffe, passage, pirouette plus an air above the ground. It was necessary to lower the level of skill of acceptance, so that the Knighthood could again accept Members. That is why the level is now equal to that of a working rider, creating a basis for the Art of Riding.“ Zitiert aus: www.knighthoodoftheacademicartofriding.eu/knighthood/

Warum Ritterschaft?

Ritter kommt von Reiter. Der Reiter wird zum Pädagogen und Ausbilder für sein Pferd. Unter Ritterschaft oder Knighthood versteht man also eine „Reiterzunft“ oder eine „Gilde“ an Professionisten, die ihr Handwerk verstehen. Im nachfolgenden Video erzählt Bent Branderup mehr darüber:

 

Die Reitkunst wird durch die Ritterschaft wiederbelebt, gemeinsam studieren die internationalen Mitglieder die Werke von Xenophon, Pluvinel, Newcastle, Gueriniere, Steinbrecht, Weyrother und Holleuffer. Das alte Wissen der Reitkunst trifft dabei auf neue Erkenntnis, die in der täglichen Arbeit mit dem Pferd gesammelt wird. Bei der Sommerakademie der Ritterschaft gibt es jährlich ein spezielles Thema. So wurde im letzten Jahr über den Schulschritt diskutiert.

Wir Reiter wissen – kein Pferd gleicht dem Anderen (und jeder Reiter hat grundsätzlich das komplexeste Problem unterm Hintern. Vielleicht würdens die Pferde aber genau umgekehrt sehen? ;-)). Jetzt aber wieder ganz im Ernst: Gerade diese Unterschiedlichkeit macht einen lebendigen und vor allem sehr praktischen Austausch möglich.

Wie sagt Bent im Video: Es geht darum, Zeit mit seinem Pferd schön zu verbringen. Als Pferdebesitzer haben wir die Pflicht unser Pferd körperlich und geistig fit zu halten. Das steht auch in den Idealen der Ritterschaft so festgeschrieben. Vor allem der Leitsatz: Die Dressur ist für das Pferd da, nicht das Pferd für die Dressur wird hier gerne herausgestrichen.

Warum wir dabei sein wollen?

Vier Mitglieder der Ritterschaft kommen derzeit aus Graz. Und was gefällt uns an der Ritterschaft?

„Mir gefällt vor allem der große internationale Austausch. Es gibt Mitglieder der Ritterschaft, die sich auf

Pina und Anna

Pina und Anna

gebissloses Reiten spezialisiert haben, andere sind Experten was den Sitz anbelangt. Es gibt Reiter, die sind beruflich als Physiotherapeuten für Mensch und Pferd, Veterinäre, Osteopathen, Huforthopäden, Pädagogen, Psychologen – oder wie ich im Bereich Kommunikation tätig. Und Andere wiederum kombinieren die Reitkunst mit Horsemanship. Unterschiedliches Wissen – eine große Bereicherung und alle teilen ein Ziel: Das Pferd vom Sitz aus zu reiten, es in der Hand leicht und in den Hanken gesetzt zu bekommen. Ein Pferd, das vertrauensvoll, die fühlende Hand seines Reiters sucht. Die Prüfungen sind Meilensteine. Hier habe ich vor allem mit Tabby das wichtigste gelernt: Reite den Inhalt und nicht die Lektion!“ Anna

Verena und Lusitano Sagitario:

„Als ich mit Sagi die Ritterprüfung erfolgreich ablegen konnte, und damit endlich in den Kreis der Ritterschaft aufgenommen wurde, war das eines meiner schönsten Erfolgserlebnisse meines Lebens. Ich hatte das Gefühl, dass wir-Sagi und ich-uns gemeinsam etwas erarbeitet haben, was es wert ist, in eine Gemeinschaft wie der Ritterschaft aufgenommen zu werden.

Das ist jetzt schon einige Jahre her, und die Akademische Reitkunst und die Ritterschaft entwickeln sich ständig

Sagitario und Verena in der Galopp-Pirouette

Sagitario und Verena in der Galopp-Pirouette

weiter. Was mir an der Mitgliedschaft in der Ritterschaft besonders gut gefällt, ist das man jede Menge gleichgesinnter Leute kennenlernt. Man hat einmal im Jahr die Möglichkeit zur Sommerakademie nach Dänemark zu fahren, den Meister persönlich bei der Arbeit zu beobachten und jede Menge dazuzulernen und Wissensaustausch zu betreiben.

Ich bin bei der Ritterschaft, weil ich dazugehören will, weil ich dazulernen will, und das Dazugelernte mit einer erfolgreich abgelegten Prüfung unter Beweis stellen will. “ Verena

Sie brachte den Stein ins Rollen – oder eigentlich ihr Anton, der die Akademische Reitkunst für sich entdeckte:

„Die Ritterschaft ist wie ein Motor für ständige Weiterentwicklung. Ich glaube voll und ganz an das Konzept der

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Eva und Anton bei der Handarbeit im Galopp

Akademischen Reitkunst. Was mir hier besonders gefällt ist die ständige Weiterentwicklung, die auf dem Hintergedanken basiert, alles zu hinterfragen. Es ist also kein statisches Konzept, wo man nicht Pauschaltourist, sondern ständiger Entdecker ist – und da ich mich persönlich auch ständig verbessern und weiter entwickeln möchte, bin ich hier sehr gerne ein Teil dieses Ganzen!“ Eva.

Und Silke hat mich schließlich für meine erste Prüfung vorgeschlagen:
„Ich möchte dazu beitragen die Kultur der Reitkunst ein kleines Stückchen weit zu bewahren. Als Österreicherin hat man da mit der Wiener Hofreitschule einen gewissen Nationalstolz. Ich war lange Jahre ein Fan dieses Instituts und auch viele Unstimmigkeiten konnten mich zunächst nicht gleich davon abbringen. Nun erscheint mir der Erhalt der Geschichte und Kultur aber eher in den Hintergrund gedrängt. Ich als Reiterin, die ein klares Bild von einem Ideal hat, das zu erreichen mir als größtes und schönstes Ziel erscheint, habe daher meinen eigenen Weg gefunden die reiterliche Kulturgeschichte zu

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Lurko und Silke in der Traversale

erhalten, zu tüfteln und mich mit Menschen auszutauschen, die eben genau dieses Ziel verfolgen. Die Ritterschaft ist hierbei ausgesprochen wertvoll. Menschen, die ebenfalls nach harmonischer Verschmelzung streben, die auf unterschiedlichste Art und Weise ihre Erfahrungen und Eindrücke einbringen und weitergeben. Sei es bei unserem jährlichen Treffen, der Sommerakademie, über das Internet, oder über Kurse. Wenn aus Reitkunst Reitsport wird, gibt es oft auch unschöne Bilder. Da tut es gut sich in einer Gruppe aufgefangen zu fühlen, die sich genau dem verschrieben hat, was die Aufgabe der Dressur ist. Das Pferd von seiner Nähe zum Menschen auch profitieren zu lassen, zu erhalten, was schon erarbeitet wurde und eigene Gedanken hinzuzufügen.“

Durch den internationalen Austausch ist es uns gelungen, im heurigen Jahr auch spannende Kurse und Referenten mit unterschiedlichem Fokus nach Graz zu holen. Fortsetzung für 2015 bereits in Planung!

Ich bin froh, dass Eva diese Art zu Reiten aus Salzburg nach Graz importierte!

Wer mehr über die Ritterschaft wissen möchte, erfährt hier mehr.

Bleiben wir im Austausch, dann reiten wir Einfach 🙂

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