Nicht nur Pferde lernen nach den Lehren der Alten Meister ein neues Bewegungskonzept. Auch der Mensch schult um – und läuft in der Bodenarbeit gut und gerne vor dem Pferd rückwärts. Wer rückwärts läuft hat sein Pferd gut im Blick. Aber nicht nur für Blickschulung und Korrektur erntet das Rückwärtslaufen eine Menge Pluspunkte

Rückwärtslaufen ist gesund!

Ja richtig. Rückwärts zu laufen ist tatsächlich ein optimales Fitness Programm. Einige internationale Sportinstitute haben dazu Tests gemacht.
Das Ergebnis: Rückwärtslaufen beansprucht die Gelenke weniger als Vorwärts zu laufen. Außerdem: Rückwärts unterwegs zu sein bedeutet einen höheren Sauerstoff- und Kalorienverbrauch. Somit lassen sich beim Rückwärtslaufen Herz und Kreislauf effizienter trainieren als beim Vorwärtslaufen.

Rückwärts ist nicht gleich Vorwärts

Wer sich rückwärts bewegt, bewegt und belastet seinen Körper völlig anders, als in der Vorwärtsbewegung. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die menschliche Hüfte und Wirbelsäule, sowie die Muskulatur. Die Hüfte wird gekräftigt, das kommt natürlich auch der Stärkung der Wirbelsäule zu Gute.

Gerade Menschen, die viel im Büro sitzen (und das ist natürlich ein Großteil) leiden unter einer schwachen Rückenmuskulatur, sowie schwacher Hüfte. Ein wenig Rückwärts kann blockierte, oder verschobene Beckenschaufeln wieder frei legen. Einige Sportler schwören auf Rückwärts, vor allem mit steigendem Tempo sollen hier die Effekte umso größer werden.

Waden und Oberschenkelmuskulatur werden beim Rückwärtslaufen ebenso gestärkt. Die meisten Menschen, die das Vorwärts in Rückwärts umwandeln berichten von Muskelkater.

Was Rückwärts noch bringt? Auch die Arme werden gekräftigt und natürlich schulen wir unsere Balance und Körpergefühl.

Spitzensportler, vor allem Läufer nehmen die Rückwärtsbewegung in das Training dazu. Einerseits wird man durch das Rückwärtslaufen im Vorwärts schneller, andererseits dient das Rückwärts den Sportlern zum Koordinationstraining.

Rückwärtslaufen macht mutig

Wer rückwärts unterwegs ist, wagt sich ein wenig ins Ungewisse. Wer im Blindflug unterwegs ist, schult aber auch zugleich seine Selbstsicherheit. Das Rückwärts Training hilft also auch Ängste abzubauen. Ähnlich wie beim Pferd, wo wir zur Feststellung kommen, dass ein ausbalancierter Geist  eher in einem ausbalancierten Körper schlummert, kann uns das rückwärtsgehen auch helfen, die innere Balance und Achtsamkeit zu schulen. Dadurch können Ängste auch abgebaut werden.

Rückwärts für Anfänger und Fortgeschrittene

Wer noch nie rückwärts unterwegs war, sollte sich eine bekannte Strecke aussuchen. Auch wer mit der Bodenarbeit mit dem Pferd beginnen möchte, sollte bei der Schulung des eigenen Körpers beginnen. Wir können nicht von unserem Pferd Stellung und Biegung, sowie Geraderichtung verlangen, wenn wir selbst in Schlangenlinien völlig unkoordiniert unterwegs sind. Es lohnt sich daher alleine auf vertrautem Boden rückwärts zu laufen. ACHTUNG: Eine Viereck mit tiefem Boden oder großzügigem Hackschnitzelbelag kann zu Beginn zu Muskelkater führen. Daher sollte auch das eigene Training nicht übertrieben werden. Pylone, Cavaletti oder andere Hindernisse sollten den ersten Rückwärtsgang nicht zur Stolperfalle machen. Vielleicht hilft der eine oder andere Stallkollege als „Towerpersonal“ bei der Navigation. Zu Zweit können auch die ersten Führübungen bewältigt werden.
Hier kann überprüft werden, ob die Bewegung parallel zueinander stattfindet. Einer führt, der andere lässt sich führen. Jeder hält einen Strick in der Hand. Wie fühlt sich diese Führung an? Baut man als Geführter Widerstände auf? Oder eher ab? Wie flüssig sind die Bewegungen, oder kommt man mit steigendem Schwierigkeitsgrad (Schlangenfiguren oder Volten) eher ins Stocken?

Gerade rückwärts ist für viele Menschen nicht leicht. Allerdings müssen wir selbst gerade bleiben, wenn wir von unserem Pferd auf der geraden Linie am zweiten oder dritten Hufschlag ein Schulterherein oder Kruppeherein abfragen möchten. Hier empfiehlt sich auch die Trockenschulung ohne Pferd. Bei der Übung sucht man sich am besten einen Orientierungspunkt (einen Buchstaben in der Halle, Büsche rund ums Viereck, Pylonen, Koppelzaun etc.) und versucht schnurgerade von diesem Orientierungspunkt wegzulaufen.
Klingt einfach – für viele Menschen ist aber geradeaus rückwärts zu laufen die schwierigste Übung überhaupt.

Wer es schon fortgeschrittener mag, kann auch die Treppe rückwärts laufen. Hier ist das Primal Move Konzept eine Empfehlung. Wer nach dem rückwärts die Beine hochlagern und entspannen möchte, dem empfehle ich die Podcast Folge mit Annika Keller.

Generell gilt: Wer sich selbst und seinen Körper schult, reitet einfach 🙂

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PS: Übungen für einen guten Sitz gibt es zum Nachlesen im Interview mit Laura Haitzmann.