Seit der Wiederentdeckung der „Schulparade“ durch Bent Branderup und die Ritterschaft der Akademischen Reitkunst erfährt die Schulparade einen wahren Hype. Jedoch gerade hier gilt umso mehr: Arbeite am Inhalt und nicht an der Lektion.

Setzen Sie sich, nehmen Sie Platz!

Ein Großteil von Gustav Steinbrechts Gymnasium des Pferdes ist der Biegearbeit gewidmet. Warum? Weil das Beugen der Hanken unweigerlich zu einer Stärkung der Hinterhand, sowie der Tragkraft des Pferdes führt. Schauen wir uns das rechte Bild von Silke Linhart und ihrem Lurko in der Schulparade an, dann weiß man, woher der Ausdruck des „Setzens“ kommt, wenn man von Versammlung spricht.

Das Pferd beugt sich in der Lende, in der Hüfte, im Knie und Sprunggelenk bis hin zu den Fesselgelenken. Was dann passiert: Der Brustkorb wird gehoben, in weiterer Folge dann auch die Vorhand.

Was die Schulparade daher sicherlich nicht ist – ein Kunststückchen zum Heben eines Vorderbeins. 

Ziel ist es, dem Pferd die Hilfen im Stehen beizubringen und so nach und nach durch stetige Verbesserung mehr und mehr Biegsamkeit in den Hanken zu bekommen.

Wie man seinem Pferd den Stuhl zurecht rückt…

Wer die Schulparade üben möchte, sollte daher die Formgebung im Stehen „aus dem FF“ beherrschen. Stellung und Biegung, sowie das Vorholen der inneren Hüfte sind absolute Voraussetzung.

Der nächste Schritt ist  dann das Suchen der Reiterhand im Vorwärts abwärts bis hin zu einem Schulterherein-dehnen-lassen im Stehen. Der Schwerpunkt kann dann im nächsten Schritt aus dem Schulterherein in eine Kruppeherein – Parade nach hinten verschoben werden. Erst wenn sich das Pferd zwischen den Schultern, dabei auch in Balance führen lässt, ist der Zeitpunkt gekommen bei der  Parade in Richtung der Hinterbeine zu denken.

P – wie Paraden…

„Jede Parade soll in der Bewegungsrichtung und ohne Aufgabe des Gleichgewichts erfolgen, dann wird das Pferd im Halten sein Gewicht und das des Reiters auf allen vier Beinen tragen, weil die Hinterhand genügend untergetreten sein wird…..Richtig ausgeführte Paraden fördern ganz wesentlich die Hankenbiegung des Pferdes und können als Prüfstein für den erreichten Grad an Gleichgewicht, Durchlässigkeit und Geschmeidigkeit dienen. Die halben Paraden auch halbe Arrêts genannt dienen zum Verkürzen der Gänge, Verbessern der Anlehnung und Versammlung, sowie schließlich als Vorbereitung für alle Übungen des Pferdes, die vermehrte Geschicklichkeit erfordern“. (Alois Podhaisky)

Ganze Paraden: Parade ist bei unterschiedlicher Interpretation nicht gleich Parade. Eine ganze Parade soll das Pferd anhalten bzw. auf die Hanken bringen. Die Campagne-Parade geht von einer Änderung des Tempos aus, eine Schulparade führt zu vermehrter Hankenbeugung. Durch eine Ganze Parade kann außerdem Bewegung auf der Stelle eingeleitet werden. Das wäre dann bei einem Übergang zur Piaffe der Fall.

Halbe Parade: Die halbe Parade wird  in der Bewegung, aber auch im Stehen angewendet. Ziel ist es, die Hinterbeine vermehrt zum Schwerpunkt zu bekommen und die Hanken vermehrt zu biegen. Bei Pferden, die sich gerne auf den Zügel legen sind halbe Paraden ebenso eine Empfehlung, beispielsweise von Oberst Podhajsky:

„Halbe Paraden werden das Pferd auch zur größeren Selbsthaltung erziehen und daher eine leichtere Anlehnung zur Folge haben. Daher werden die halben Paraden vor allem bei Pferden empfohlen, die sich auf den Zügel legen“.

Ganz oder gar nicht?

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Verena Harum und Sagitario in der Schulparade links gestellt

Bei der Dreiviertelparade wird das Pferd langsamer, der Takt soll aber erhalten bleiben.

Bei der Viertelparade wird für den Reiter einiges vorausgesetzt, denn nur der fühlende Reiter kann entdecken, wo es in der Formgebung hakt. Die Viertelparade führt also dazu, dass kein Wirbel in der Biegearbeit „aus der Reihe tanzt“ und folgende Parade über die Wirbelreihen bis zur Hinterhand durchgelassen werden können.

Die vorangegangenen Definitionen machen eines klar – die Schulparade fördert – gerade durch die Arbeit im Stehen die Geschmeidigkeit der gesamten Hinterhand. Viele Pferde mit gesundheitlichen Problemen konnte durch die Arbeit an der Schulparade eine deutliche Verbesserung der Beweglichkeit erreichen.

Warum gerade jetzt der Hype?

Nun, die Schulparade ist mit Sicherheit keine „geheimgehaltene“ oder neu erfundene Lektion. Wer mit offenen Augen durch historische Stadtkerne, Museen etc. geht, findet immer wieder Skulpturen, Bilder, Statuen von Reiter und Pferd in der Schulparade.

Wie so oft in der Geschichte galt auch hier – als sich Zweck und Ziele der Militärreiterei wandelten, wandelte sich natürlich auch das Ausbildungssystem. Aus der Schulreiterei wurde die heutige Campagnereiterei und viele verschiedene Lektionen wurden nicht mehr abgefragt.

Bent Branderup verdeutlicht auf seiner Facebook Seite den Unterschied zwischen dem Show-Pferd und dem Schul-Pferd:

„The difference between the show-horse and the school-horse ist hat the show-horse remebers the exercise and the school horse remebers the aid“.

Dieses Zitat verdeutlicht auch einmal mehr den Fokus auf die korrekte Schulung der Hilfen zu legen. Vor allen in vielen Internet-Foren rund ums Pferd bin ich auf Fragen nach der Schulparade und wie man sie denn dem Pferd beibringen würde gestoßen – ebenso umgekehrt auf Unverständnis warum man dies seinem Pferd beibringen sollte. Nun – zunächst müssen tut man gar nichts in der Ausbildung.

Wer aber sein Pferd gesund und prächtig reiten möchte, wird nicht umhin kommen, an der korrekten Hankenbiegung zu feilen. Beim Reiten geht es ja auch gerade darum, die Tragkraft zu entwickeln, um die Schubkraft zu beherrschen – mit dem Ziel – das Pferd für die Reitkunst zu stärken. Siehe weiter oben: Nicht umsonst hatte sich Steinbrecht über so viele Seiten hinweg ausschließlich mit dem Thema der Biegung beschäftigt!

Die Schulparade ist in dem Sinne keine Zirkuslektion, sondern eine Übung die einen echten Mehrwert für das Pferd hat! Dabei sollte aber auch nicht vergessen werden, was im Wörtchen Parade steckt – der Beweis auch der Durchlässigkeit der Hilfengebung durch den ganzen Körper bis hin zu den Fesselgelenken.

Verstehen unsere Pferde die Hilfen, dann reiten wir tatsächlich Einfach.:-)

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