Spüren wir in der Bodenarbeit in unser Pferd? Spüren wir, welches Hinterbein wie nach vorne Greift? Spüren wir, ob Stellung, Biegung und Formgebung korrekt sind? Spüren wir Dysbalancen? Spüren wir, was unser Pferd uns mitteilen möchte?
„Nach genauen Vorschriften und toten Buchstaben kann der Reiter ein Pferd wohl zur Maschine machen, aber nicht dressieren. Dies vermag er nur, wenn er sich von seinem Gefühl und seinem eigenen Urteil leiten lässt“.
Gustav Steinbrecht
Dieses Zitat entnommen aus Gustav Steinbrechts „Gymnasium des Pferdes“ verdeutlicht was der Reiter in erster Linie braucht: Gefühl.
Aber wie entwickelt man das richtige Gefühl? Und woher weiß man, was richtig oder falsch ist?
Die Formgebung spüren
Was macht eigentlich die Hand in der Parade? Und was macht das Pferd mit dieser Information?
Über die Akademische Reitkunst wird gerne gewitzelt: „Im Stehen über den Schritt und im Schritt über den Trab nachdenken und im Trab über den Galopp“.
Süffisant wird auch gerne behauptet, wir würden nie galoppieren. Das stimmt so nicht. Die Mischung macht es aus. Wenn ich die Gehlust eines jungen Pferdes im Gelände unterstütze, wenn ich Bewegungsfreude fördere, dann macht es aber umgekehrt für mich als Ausbilder durchaus Sinn in Bewegung zu spüren und im Stand oder im Schritt genau über einzelne Schritte nachdenken zu können.
Wir spüren genau in den Pferdekörper und wollen wissen – was geht da vor. Es lohnt sich freilich die Anatomie zu studieren. Zu wissen, welche Muskelketten in der Zusammenarbeit für uns Reiter von Bedeutung sind und wann das Pferd korrekt über den Rücken arbeitet. Aber die Technik alleine wird niemals das Gefühl ersetzen können.
Fühlen zu lernen, das erreicht man wohl nicht in einem schnellen Kurs oder an einem Wochenende. Wie heißt es so schön, Übung macht den Meister.
Bei der Arbeit im Stand spüre ich in Punkto Stellung und Biegung in den Pferdekörper. Und nun geht die Reise weiter in die Wirbelsäule. Wenn wir später auf dem Pferd reiten wollen, dann sind zwei Zutaten essenziell, um das Pferd über den Rücken zu reiten. Der Vorgriff der Hinterbeine und die Arbeit mit den Paraden – das bedeutet Balance zu spüren und mit dieser zu spielen.
Wie fühlt sich Balance an?
Zwei Pferde eine ganz unterschiedliche Balance. Im nächsten Video zeige ich mit Konrad und Amena das Spiel von Energie und Balance. Hier geht auch darum, den Gefühlen freien Lauf zu lassen. Auch ganz wichtig, wenn man Pferdeausbildung nicht zu verkopft angehen möchte.
Das innere Hinterbein spüren
Wann kommt das innere Hinterbein auch wirklich gut nach vorne? Wie kann ich das innere Hinterbein tatsächlich auch engagieren und wie fühlt sich das in meiner Hand an?
Wenn ich dem Gefühl Worte verleihen möchte, dann fühlt sich das korrekte Untertreten so an:
Die Biegung im Pferdekörper bleibt konstant erhalten. Ich habe das Gefühl, die Balance zwischen den Schultern stimmt. Das Pferd fällt mir über die innere Schulter nicht in den Zirkel, es wird sich aber auch nicht im Hals Überbiegen oder verwerfen und den Zirkel vergrößern – trotzdem hätte ich aber das Gefühl, ich könnte den Zirkel jederzeit vom inneren Schenkel ausgehend, bei leicht angehobener äußerer Schulter vergrößern – was uns dem nächsten Schritt, dem Schulterherein auch sehr nahe bringt. Meine Hand am Kappzaum ist leicht – ich bin nicht von ihr abhängig. Ich bin zwar über den Kappzaum verbunden, habe aber das Gefühl, das Pferd tritt an meine Hand heran, die Hand erzwingt jedoch nichts. Der Rückenschwung kommt sanft in meinem Körper an.
Wie fühlt sich ein erstes Erarbeiten des äußeren Schenkels an?
Wir haben dem Pferd also beigebracht, um den inneren Schenkel zu biegen. Als nächstes steht die äußere – von sich weg biegende Schenkelhilfe am Lehrplan.
Die Technische Seite lautet: Eine gemeinsame Sprache finden. Was bedeutet eine Gerte, die über den Rücken in Richtung der äußeren Hüfte/Kruppe gehoben wird? Für den Reiter ist die Bedeutung schon zu Beginn klar – die Kruppe soll etwas nach innen weichen. Für das Pferd lautet die Botschaft: „Einer hält einen Stecken in die Luft“.
Wir müssen also jeder Ausbildung einen Inhalt geben, um Verständnis zu erhalten.
Jetzt sind wir als Pädagogen gefragt. Wir bestärken den kleinsten, richtigen Versuch des Pferdes, unsere Botschaft korrekt zu interpretieren. Auch hier müssen wir uns auf unser Gefühl verlassen – denn manchmal kann das Lob schon einsetzen, auch wenn wir noch kein „sichtbares“ Endergebnis haben. Wir spüren dann, ob das Pferd der richtigen Lösung auf der Schliche ist, oder noch nachdenkt.
Auch ganz wichtig ist die Unterscheidung: Hat das Pferd tatsächlich nachgedacht und auf die Frage geantwortet oder hat es reagiert? Manchmal erinnern sich Pferde an eine bestimmte Übung, haben aber die Hilfengebung noch nicht verstanden. Der Unterschied ist, dass wir hier eben keine gemeinsame Sprache und Verständnis etablieren konnten.
Welche Gefühle habe ich dann später im Kruppeherein? Wie fühlt sich das an?
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