Sie sehen spektakulär aus und gerade bei Turnierübertragungen setzen manche Frontalaufnahmen Zuseher in Staunen. Die Rede ist vom weiten Kreuzen der Beine in der Traversale. Wird dabei jedoch vom Schwerpunkt weggetreten – da hätten die alten Meister eher geringen Beifall gezollt.
Die Traversale wird analog zum Kruppeherein bzw. der Traversbewegung beschrieben, allerdings bewegt sich hier das Pferd nicht seitlich vorwärts entlang der Bande, sondern seitlich – vorwärts auf der Diagonale.
Die Einleitung des Travers beginnt am besten aus einem Schultervor – ebenso wie im Renvers gilt: Überholt die Kruppe die Schulter, geht dies zu Lasten der Tragkraft, da das Pferd mehr vom Schwerpunkt wegschiebt, als zum Schwerpunkt hin zu fußen. Der „Brownie-Point“ der Versammlung geht somit verloren – erkennbar wird die Fehlerquelle der übermäßigen Schubkraft durch das Starke Kreuzen und Übereilen.
Eine zu starke Halsbiegung in Bewegungsrichtung bringt das Pferd ebenso nur auf die innere Schulter. Die Folgen: Das Pferd wird schwer in der Hand, die Pferde fallen, da es an Vorwärts fehlt auf die Schulter. Das bedeutet aber auch, dass die Schultern gerade in der Traversale immer die „Führung“ übernehmen, also vor die Kruppe bzw. Hinterhand gestellt sein müssen.
Zur Überprüfung dieses Ziels hilft folgendes Rezept: Die Vorrichtung der Schulter ist dann korrekt, wenn ein Übergang in ein Schulterherein direkt aus der Traversale zu jedem Zeitpunkt gut möglich ist. Abwechselndes Reiten von Schulterherein und Traversale ist hier generell eine gute Übung, um Balance, Tragkraft und Durchlässigkeit zu fördern.
Gustav Steinbrecht schrieb in seinem „Gymnasium des Pferdes“:
„Die Traversstellung wird dadurch gewonnen, dass der Reiter die Hinterhand seines zuvor im Schulterherein wohl gebogenen Pferdes mit dem äußeren Schenkel nach innen richtet, während die Vorhand auf ihrer Linie erhalten wird.“
Hilfengebung vom Boden aus
Wer das Kruppeherein mit seinem Pferd bereits bei der Bodenarbeit, unabhängig von der Wand beherrscht, kann die Bande allmählich in kleinen Schritten verlassen. Egal ob später dann auf der Diagonale, aus der Mitte, oder einem Zirkel – Kruppeherein auf der Diagonalen wird zur Traversale, auf dem verkleinerten Zirkel geführt nach und nach zur Pirouette.
Hilfengebung vom Sattel aus
Die Traversale wird am leichtesten aus dem Schulterherein oder aus deinem Zirkel heraus eingeleitet, um die Vorhand in Bewegungsrichtung vor die Hinterhand zu führen. Bent Branderup legt hier ein besonderes Augenmerk auf das „zum Schwerpunkt hintreten“:
„Wie bei allen anderen Übungen sehe ich auch in einer Traversale nichts Vorteilhaftes, wenn das Hinterbein nicht zum Schwerpunkt greift, oder gar davon wegschiebt. Auch wenn es ganz hübsch aussehen mag, wenn die Beine weit überkreuzen, so greifen so gehende Pferde am Schwerpunt vorbei“.
Auch Egon von Neindorff schlägt in dieselbe Kerbe: „Besondere Sorgfalt erfordern schließlich die sehr lehrreichen Übergänge von einem Seitengang in den anderen und die so genannten Zickzack-Traversalen. Beim hierbei notwendigen Wechsel der Seitenbiegung ist es ein erster Fehler, die Hinterhand wie in einer Vorhandwendung herumtreten zu lassen. Dadurch wird aus einem versammelnden Seitengang eine lösende Übung, also das genaue Gegenteil des Gewollten…..Keinesfalls provoziere man aber selbst versehentlich noch ein anderes Übel: Durch zu starkes Verkürzen des inneren Zügels den Hals mehr seitlich einzurunden als die Rückenwirkbel. Der äußere Zügel soll vielmehr, etwas voller anstehend, den Hals gerade aus der Schulter heraustreten lassen und ihn an ihr in gleicher Biegung wie das Rückgrat erhalten“.
Beispiel auf der rechten Hand geritten: Der äußere, linke Zügel überwacht die äußere Schulter und richtet diese vor die Hinterhand. Der rechte, innere Zügel überwacht die Stellung. Der linke Schenkel des Reiters kommt vermehrt hinter dem Gurt zum Treiben – vor allem dann, wenn das Pferd mit dem äußeren Hinterbein abfußt. Der innere belastende Sitzknochen, sowie der innere, rechte Schenkel überwachen die Biegung. Gleich wie im Kruppeherein wird der Schwerpunkt des Reiters – aus dem Bauch heraus – ein wenig in Richtung inneres Vorderbein verlagert.
Wenig überraschend, ;-): Auch hier bleiben Reiterschultern parallel zu Pferdeschultern, Reiterhüfte, parallel zu Pferdehüfte.
Steinbrecht fasst dies folgendermaßen zusammen:
„Das Pferd gibt seinem Reiter im richtigen Travers denselben sanften Hang nach innen wie im Schulterherein wegen der gleichen stärkeren Belastung des inneren Hinterbeins. Es richtet aber die innere Hüfte des Reiters mehr vor in dem Grade, wie seine eigene innere Hüfte mehr vorgerichtet ist. Hier verfalle nun der Reiter wiederum nicht in den gewöhnlichen Fehler, die Schultern der Richtung der Hüften folgen zu lassen, sondern stelle diese übereinstimmend mit den Schultern des Pferdes. Der Reiter beachte daher weniger seine innere Schulter, sondern stelle die äußere so, dass er den äußeren Zügel bald wendend, bald sammelnd mit Erfolg wirken lassen kann“.
Hilfreich kann es auch sein, die Blickrichtung in Richtung Diagonale bereits vor dem Einleiten des Travers zu fokussieren.
Alois Podhajsky empfiehlt dem jungen Pferd die Traversale am besten aus dem „Umkehrtwechseln mit halbem Travers“ beizubringen und schließlich zu einem halben Travers aus der Mitte zu steigern. „Eine gute Übung und gleichzeitig ein ausgezeichneter Prüfstein für die Rittigkeit eines Pferdes ist es auch, eine halbe Verschiebung bis zur Mittellinie zu verlangen und auf dieser das Pferd einige Meter geradeaus gehen zu lassen. Dann wird entweder die unterbrochene Verschiebung fortgesetzt oder aber eine halbe Verschiebung zurück zur selben Wand, von der man gekommen ist, angeschlossen. So muss das Pferd dem Reiter die notwendige Beachtung schenken, weil es nicht wissen kann, nach welcher Seite der Seitengang seine Fortsetzung finden wird“.
Reiten wir den Travers also einfach mit ein wenig Schultervor – ohne viel zu Kreuzen und zu Übereilen 😉
Interessanter Artikel, aber Branderup finde ich an der Stelle nicht so erwähnenswert. Es reichen doch die Lehrinhalte der Meister.
Freundliche Grüße
mp
Hallo Martina Poley,
grundsätzlich bin ich bei dir und wir können von den alten Meistern viel lernen. Andererseits hängt viel von der richtigen Interpretation ab und dass man Ansätze auch weiterentwickelt und laufend darüber nachdenkt. Bei beidem gefällt mir persönlich recht gut, was Bent Branderup leistet. LG Anna
Liebe Anna, wie immer ein informativer und toller Beitrag. Ich danke dir, dass du die akademische Reitkunst immer so wunderbar für uns in Worte fasst. Ich bin und werde immer mehr zu einem Fan dieser Reitweise und entdecke sie gerade für mich. Auf jeden Fall lieben Dank und liebe Grüße, Petra
Liebe Petra,
danke für dein Feedback und ich freue mich natürlich, wenn dir meine Artikel auf dem Weg zur Akademischen Reitkunst die eine oder andere Inspiration bieten 🙂 LG Anna
Sehr schöne Beschreibung, die man auch wunderbar nachvollziehen kann. Hilft mir hoffentlich weiter in meinem reiten.
Einfach und anschaulich geschrieben, sodaß man gleich nachreiten möchte.
danke!