Drei ist einer zu wenig! 

Der Vorteil vom Ponyhof? Man hat Platz genug für ein Pferd mehr. Der Nachteil am Ponyhof? Man hat Platz genug für ein Pferd mehr. 

Nachdem sich in meinem Schimmeltrio die beiden sechsjährigen – Amena und Mandrake zusammen so ein bisschen gegen den Chef verschworen hatten, „brauchte“ ich dringend noch einen Lipizzaner. 

Und dann kam es wieder mal anders, als man denkt. 

Wenn man einmal einen Lipizzaner in Piber gekauft hat oder sich bereits als Interessent gemeldet hat, dann wird es im Spätherbst in der Weststeiermark spannend. Ines Hubinger, ihres Zeichens Verantwortliche für die Anfragen rund um den Pferdeverkauf schickt dann an Interessenten und potenzielle Wiederholungstäter eine Email aus, mit der Vorabinfo, dass die Verkaufsliste in der folgenden Woche online geht. 

Und dann ist das praktisch ein Krimi. Irgendwie wird die „Liste“ in meinem Schüler- und Freundeskreis jedes Jahr ganz heftig erwartet. Ich bin auch mittlerweile schon ein bisschen stolz, dass Pferde aus Piber in meinem Schülerkreis nach England, Deutschland, in die Schweiz und in Österreich ein neues Zuhause gefunden haben. 

Bekommt man in Piber die Pferde, die nicht so gut sind? Würde ich diese Frage von Angesicht zu Angesicht wiederholen, dann hätte ich wohl ein Gesicht, als hätte ich in eine saure Zitrone gebissen. Mitnichten. Piber hat natürlich die Aufgabe für die spanische Hofreitschule in Wien zu züchten sowie auch bei den Mutterstuten die Stutenfamilien geschlossen zu erhalten, schließlich ist Piber das einzige Gestüt, das wirklich alle klassischen Stutenfamilie „im Haus“ hat. 

Da die Pferdezucht nicht planbar ist, gibt es dann Jahrgänge mit vielleicht zu vielen Hengsten, es gibt „überzählige Pferde“ – also zu viele gute Pferde von einer Linie und da kommen dann die Glückspilze wie meine Schüler – oder ich selbst als Wiederholungstäter ins Spiel. 

  • 2017 verliebte ich mich in Conversano Aquileia I aka Konrad, mein absolutes Seelenpferd
  • 2018 kam unser „Butzi“ Maestoso Amena I zu uns und 
  • 2021, nachdem ich mich von meiner heißbeliebten Tabby trennen musste – sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass Lusitanoschimmel Mandrake mein Herz im Sturm eroberte. 

Und noch ein Schimmel 

2022 sollte also wieder ein Schimmel einziehen – besondere Anforderung: er soll Konrad in der Aufgabe als Chef gut unterstützen und diesem ein treuer Freund werden. Ich hatte mich eigentlich bereits auf einen Piber Buben festgelegt – aber alles von Vorne. 

Wir warten also mit Spannung auf die Liste. Meine Schülerin Sibylle ist extra aus Deutschland nach Österreich gefahren, in der Hoffnung, vielleicht zufälligerweise auf die „richtige“ Woche im Jahr zu treffen. Und dann geht es schnell. Wir warten gebannt vor dem Bildschirm, laden die Website von Piber immer wieder neu und dann ist es soweit. Die Pferde sind online. 

Wir vereinbaren telefonisch einen Besichtigungstermin und schon geht es los. Eine weitere Schülerin und Freundin – Sonja aus Wien stößt zu uns und wir fahren im Morgengrauen nach Piber. 

Später wird uns auch noch Viktoria Portugal einholen. Wie gesagt – drei sind ja definitiv zu wenig, wenn es nach Piber geht. 

In Piber angekommen lassen wir uns die Pferde zeigen. Das erste Pferd, das auf der „Wunschliste“ meiner Freundin Sonja steht, ist Conversano Sostenuta II. Er ist mir bereits im Sommer aufgefallen. Da waren wir mit einer großen Gruppe an Schülern gemeinsam in Piber und haben bei der Gestütsbesichtigung einige Hengste bewundert. Darunter auch C. Sostenuta, der mir natürlich mit seinem rosaroten Gesicht sofort auffällt. 

Und da ist viel rosa – aber aber nicht nur das ist ein Eyecatcher – Sostenuta hat einen wunderbaren Körperbau und eine Ausstrahlung. Einfach nur wow. 

Ich freue mich riesig, dass ich dieses Pferd auch noch in der Bewegung sehen werde – schließlich habe ich mir diesen Buben seit August auch gut gemerkt. Und dann läuft er nicht los – sondern kommt in der Halle frei gelassen direkt auf mich zu. Ganz ähnlich wie der Konrad und ich erfahre später, dass er auch mit Konrad verwandt ist. 

Ich werde gleich von Gestütsleiter Erwin Movia ermahnt – schließlich wollen wir das Pferd ja in Bewegung sehen, geschmust kann später werden. Ich bin jedenfalls verzaubert, als sich Sostenuta durch die Halle trabt. Und ich kann, als wir uns noch weitere fünf Junghengste ansehen nur an Sostenuta denken. 

Aber meine Entscheidung ist doch gefallen. Eigentlich. Und auch wenn ich bislang nur Interesse an einem anderen Pferd bekundet habe und noch nichts unterzeichnet habe, habe ich irgendwie ein schlechtes Gewissen. 

Ich bespreche die Sachlage mit meinem Mann, frage natürlich die Mädels um Rat. Zuletzt darf ich mich noch mit Erwin Movia beraten und was soll ich sagen – wer in Piber ein Pferd kauft, bekommt die gesamte Kompetenz des Teams gleich mit eingepackt. Viele Fragen werden beantwortet und es folgt die Entscheidung

Conversano Sostenuta II zieht bei uns ein

Zwei Wochen Wartezeit ziehen sich in die Länge und dann ist es endlich soweit. 

Als ich Sostenuta in den Stall führe, steht der Spitzname schon fest. „Sugarnuga“ wurde er bei den Mitarbeiterin Piber genannt, sie berichten liebevoll über den kleinen Mann, der bei mir zum „Schnucks“ avanciert. 

Schnucks zieht also in die Box neben Konrad. Normalerweise übernachten meine Pferde alle im Offenstall, aber ich trenne die beiden Conversanen zu Beginn einmal von Amena und Mandrake. Während die in den ersten zwei Wochen in Genuss von Heu ad lib kommen, weil ich sie zu den Damen stecke, erkunden Schnucks und Konrad gemeinsam die Welt. 

Manchmal, wenn ich aus der Ferne auf das Winterpaddock spähe, kann ich gar nicht sagen, wer wer ist – sie sehen sich doch sehr ähnlich. Schnucks ist allerdings etwas kürzer als Konrad und verfügt über etwas mehr „Hinterradantrieb“. Kein Tag vergeht quasi ohne Kapriole. 

Die Buben lassen sich sofort gemeinsam führen, Schnucks ist mutig, hängt aber sehr an seinem Freund. Die „Verpartnerung“ ist gelungen. 

Als Amena und Mandrake dazu kommen, steht Konrad endlich nicht mehr alleine und hat Schnucks auch die obere Chefposition abgetreten. Das ist gut für Konrad, schließlich macht er sich als Chef auch immer große Sorgen. 

Schnucks darf in aller Ruhe ankommen. Wir müssen nicht sofort mit einer Wundversorgung nach Kastration beginnen, schließlich habe ich ihn bereits als Wallach bekommen. Als meine vier Schimmel mich das erste Mal umringen habe ich das Gefühl. Jetzt ist alles komplett. 

Nur eine schmollt: Pina. So lange Odisseia noch bei uns ist, hat Pina als „Anstandsdame“ der jungen Lusitanostute Gesellschaft geleistet. 

Zum Glück ist Pina sehr unkompliziert in der Herde und ich freue mich, dass die vier Schimmel ihren „Glücksbringer“ wieder seit Ende Februar bei sich haben. Ein paar Diskussionen gab es schon, wer Pinas Herzensprinz sein darf – aber durchgesetzt hat sich – durch Hartnäckigkeit und einfach immer in der Nähe bleiben: Amena.

Nachdem man in Piber und in der Spanischen Hofreitschule ein braunes oder schwarzes Pferd als Glücksbringer hat, hat Pina diese Position in Schillingsdorf über. Schließlich ist sie ein Przedswit – ein Altösterreichisches Warmblut. Diese wurden ebenso wie die Lipizzaner einmal in Piber gezüchtet. Der Titel steht ihr also hervorragend. 

Die ersten Einheiten 

In den ersten Einheiten mit Schnucks haben wir uns mit dem Kennenlernen befasst. Ich finde es immer wieder faszinierend, die Körpersprache der Pferde kennen zu lernen. Wie drückt sich ein Pferd aus? Wie extrovertiert oder introvertiert ist es? 

Schnucks ist sehr lieb und anhänglich. Wir üben aber in der ersten Zeit auch noch, von der Herde weg zu gehen. Das findet er weniger prickelnd und wartet auch mit einem sehnsuchtsvollen Blick nicht nur auf Konrad, sondern auch auf die anderen Buben. Verlässt einer das Paddock, ist der rosarote Conversano sehr besorgt. 

In der Halle haben wir mit den ersten Führübungen begonnen, wir laufen links und rechts herum, führen mit der Gerte in der Hand, die dem Pferd zugewandt ist und in der Hand, die dem Bahninneren zugewandt ist. Wir probieren Handwechsel und Positionswechsel und erkunden auch langsam das Vergrößern der Distanz. Auch in der Freiarbeit haben wir schon unsere ersten Schritte gewagt. Dabei ist es immer wieder spannend zu beobachten, wie die Pferde unterschiedlich reagieren und was sie gerne mögen. Schnucks mag Frontposition sehr gerne. Er folgt sofort und auch frei neben dem Menschen laufen ist eine gute Sache. Anfangs war er mit mehr Distanz noch sehr unsicher und hat nicht ganz verstanden, warum man ihn nicht ganz neben sich haben mag. Das ist freilich auch eine spannende Herausforderung, schließlich bin ich ja auch sehr gerne mit meinen Pferden zusammen. Das Wegschicken nicht als „Strafe“ zu sehen sondern als eine andere Möglichkeit – das ist ja auch für die jungen Pferde nicht so einfach. Vor allem, wenn man sich selbst mit der Nähe des Pferdes ja auch nicht unwohl fühlt. Hier fand ich es auch wieder spannend herauszufinden, welche Aufgaben und Denkprozesse Sostenuta in mir auslöst. 

Man verändert sich mit den unterschiedlichen Pferden und den Erfahrungen auch immer selbst. Man wird achtsamer und stellt auch Selbstverständlichkeiten in Frage. 

Eine spannende Sache. 

Meine Schüler haben mich auch gefragt, ob ich einen fixen Plan für den Sostenuta habe. Nun ja, wir werden uns an die Bodenarbeit und das Longieren im ersten Schuljahr 2023 wagen und viele weitere Spaziergänge im Gelände unternehmen. Zwei haben wir bereits mit Bravour absolviert, inklusive Hundeattacke, die der Schnucks Weltklasse gemeistert hat. 

Ich bin so froh, dass sich unser Neuzugang auch in Schillingsdorf gut eingelebt hat, Freunde gefunden hat – einen dicken Freund ganz besonders (das dick bezieht sich freilich auf die Freundschaft….falls der Konrad mitliest). 

Ich zeige euch gerne auf YouTube Ausschnitte aus Sostenutas aka Schnucks`erstem Tagebucheintrag: 

Die pferdische Familienplanung ist jetzt mal wirklich abgeschlossen. Mein Schimmelquartett plus Pina fühlt sich wirklich „rund“ an. Ich freue mich auf viele neue Abenteuer mit den Schimmeln im heurigen Jahr 

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