Schon mal über die Neujahrsvorsätze nachgedacht?  Neben den üblichen Vorsätzen wie: zum Rauchen aufhören, gesünder und bewusster Leben, abnehmen, sparsamer sein, eine Ausbildung beenden usw. kennen Reiter natürlich auch noch die pferdischen Vorsätze.

Angefangen beim Wunsch konsequenter zu sein, egal ob das die eigene Einstellung oder den Umgang mit dem Pferd betrifft („Ich fahre zum Pferd, auch wenns mal regnet“) bis hin zu hochgesteckten Zielen („Der piaffiert noch heuer“).
Aber mal ganz ehrlich wie gut oder schlecht sind Vorsätze für uns Reiter?

Die Soll und Haben Seite

Nichts fällt uns leichter als das: Aufzählen, was wir gerne hätten. Es ist natürlich sehr leicht, den grundsätzlichen Wunsch nach mehr Harmonie beim Reiten zu artikulieren. Beim SOLL wissen wir so ungefähr, was wir gerne hätten. Die spezifische Beschreibung von Harmonie ist dann eine andere Sache. Auch deshalb sollten wir unbedingt mal mit der  HABEN Seite beginnen.

Was können wir mit unserem Pferd aktuell besonders gut?  Was haben wir im heurigen Jahr bereits geschafft? Können wir alles was Sitz und Hand aufnehmen auch in Worten gut beschreiben?
Wenn wir Ziele erreichen, sollten wir nicht die Lektion definieren sondern unbedingt den Inhalt. Anstelle der Piaffe, formuliere ich meinen Wunsch von mehr Hankenbiegung. Wie erreiche ich das? Einerseits geht es darum beide Hinterbeine in der Tragkraft und Geschmeidigkeit zu fördern. Andererseits geht es Schritt für Schritt zu mehr Leichtigkeit in der Hand, zu einem Heben des Brustkorbs zu kommen. Welche Übungen können mir dabei helfen? Und um auf die Harmonie zurück zu kommen? Im Alltag wie auf dem Pferd – was erlebe ich persönlich als harmonisch und was passiert eigentlich, wenn diese Harmonie eintritt? Im Grunde. Nichts. Harmonie ist nicht „Action“. Den ganzen Tag sind wir gedanklich und körperlich ständig in Bewegung. Nichts zu tun und einfach zu spüren fällt uns daher immer schwerer.

Von nix kommt nix?

Das Erreichen von Zielen fängt bereits bei der Formulierung an. Daher sind Neujahrsvorsätze ja an sich nichts schlechtes. Eines meiner Lieblingszitate von Bent Branderup aus seinen Theorievorträgen lautet:

„Die Menschen wissen nicht, was sie wollen, aber sie wollen es jetzt“.

Einige sagen dann entrüstet: „Ja aber ich weiß, dass ich eine Piaffe will“….oder….“Ja aber ich weiß, dass ich gerne ein Pferd hätte, das am Zügel geht“….

Kennen Sie die Geschichte vom Paar, das in den Urlaub gefahren ist und monatelang vom schönen Strand geträumt hat? Ja der Strand war ja auch traumhaft. Aber das Hotel fiel gelinde gesagt durch.
Genau so ähnlich ist das beim Reiten. Natürlich ist es mehr Abenteuer sich einfach planlos in den Zug oder Flieger zu setzen und drauf los zu urlauben. Da kann man Glück haben oder eben auch nicht.
Und beim Reiten können wir uns auch planlos aufs Pferd setzen. Vielleicht hat man ein Pferd, das sich vom Bodenpersonal ganz gut mit Hilfe einer Touchiergerte in ein paar Tritte auf der Stelle bewegen lässt. Auch gut. Aber ist das dann eine echte Piaffe? Geht es um ein paar trabähnliche Tritte auf der Stelle oder geht es um mehr?

Reitergefühl bedeutet nicht nur zu spüren, im Moment wo man draufsitzt. Reitergefühl bedeutet auch ein Gefühl zu speichern, ein Gefühl zu erahnen und auch als Ziel vor Augen zu haben.
Was wollen wir mit vermehrter Hankenbiegung also spüren, wie soll es sich anfühlen. Wie soll der Takt sein, welche Informationen soll die Reiterhand bekommen? Wie sitze ich im Moment der Piaffe auf dem Pferd. Was passiert nach der Piaffe – kann ich dann mein Pferd zur Hand hindehnen lassen?

Es lohnt sich durchaus nach der Formulierung seiner Wünsche und Ziele zahlreiche Fragen zu formulieren. Wer den Weg kennt und plant, weiß wie er sein Ziel erreichen kann. Und eines sei in der Reiterei auch gesagt: Umwege bitte einplanen, denn meist stellt das Pferd auch noch ein paar Fragen an den Reiter, die es ausführlich zu beantworten gilt.

Nochmal zur Analyse des „Habens“: Wir haben mit unserem Pferd bereits einiges erreicht. Und manchmal bekommt man Dinge ganz nebenbei geschenkt. Es ist nun ziemlich genau ein Jahr her, dass sich meine Fuchsstute Tarabaya („Tabby“) auf der Koppel verletzt hatte und dadurch zu einer längeren Schrittpause gezwungen war. Schritt ist für sie die schwierigste Gangart, weil sie hier sehr breitbeinig und schwankend fußt und die Hinterbeine nur sehr schwer unter den Schwerpunkt zu bekommen sind. Ich hatte zuweilen das Gefühl, noch einmal ganz von vorne beginnen zu müssen. Immer wieder stellte auch sie mir neue Fragen und ich musste an unplanmässigen Antworten tüfteln. Natürlich war ich in dieser Zeit auch oft frustriert, aber es hat sich gelohnt.
Das Ergebnis: Heute habe ich das Gefühl, Tabby versteht meinen Sitz besser denn je.

Der Wunsch nach der Piaffe und die Konsequenzen

Ein ebenso wichtiger Merksatz von Bent Branderup: Die Basis ist nur dann die Basis, wenn sie für etwas eine Basis ist. Wer kommt eher ans Ziel? Der Reiter, der Stück für Stück alle Bausteine zusammen setzt? Balance, Takt, Schwung, Geraderichtung, Losgelassenheit. Tragkraft? Der Reiter, der nach Plan vorgeht und weiß, was hinter jedem Schritt steckt, oder der, der halt „piaffiert“, weils grad so lustig ist. Sicher – beiden Reitern sei das schöne Gefühl einer Piaffe vergönnt. Es wäre wohl gelogen, wenn man einen solch schönen Moment nicht genießen und herbeiwünschen würde. Und jeder, der einen so guten Moment hatte, wünscht sich ihn natürlich auch wieder. Und ja..ein bisschen „Piaffegeilheit“ steckt dann wohl in uns allen…aber….wer planmässig vorgeht, hat länger was davon. Die harte Konsequenz unsachgemäßen Trainings kann sich auch in einer hohen Tierarztrechnung zeigen. Oder in einem Pferd, das schlichtweg nicht versteht was wir voneinander wollen und als Konsequenz beschließt nicht mehr mit uns zusammenarbeiten zu wollen.

Ach, kannst du mir nicht meine Wünsche von den Augen ablesen?

Selbst in einer sehr guten zwischenmenschlichen Bezeihung wissen wir sehr oft ohne genaue Worte nicht, was der andere jetzt von uns will. (Auch wenn geweisse Verfilmungen, nahe englischer Küsten, umgeben von Schafherden und viel Herz-Schmerz anderes vorgaukeln).  Warum glauben wir unser Pferd weiß es besser?
Mein Vorsatz vom letzten Jahr war: Besser mit meinen Pferden zu kommunizieren und noch besser auf ihr Feedback zu achten.
Bei meinen eigenen Pfeden hatte ich zuvor vor lauter Konzentration häufig darauf vergessen, ihnen ein herzlicheres Feedback zu geben.

In diesem Sinne ist es ungemein wichtig nicht nur zu formulieren, was man MIT dem Pferd erreichen möchte, sondern worin man SICH SELBST verbessern möchte! Schließlich haben wir die Pflicht als Ausbilder unserer Pferde am härtesten an uns selbst zu arbeiten!

Viel Spaß bei der Formulierung eurer Reiterlichen Ziele für 2015!

Wenn wir wissen, was wir wollen, dann Reiten wir Einfach 🙂

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