… oder 5 Gründe für ein Trainingstagebuch

Das Navi führt uns bequem von A nach B, der Computer erledigt Arbeiten wie von selbst, das Handy funktioniert auf Stimm- und Knopfdruck, bis hin zu Coachings, die uns daran erinnern, die Atmung nicht zu vergessen! Es ist modern geworden möglichst viel aus der Hand zu geben, um ein Mehr an Bequemlichkeit zu gewinnen.

Alles auf Autopilot?

Die Automatisierung macht sich auch beim Reiten bemerkbar, denn wenn wir ständig ein „Navi“ bzw. die Trainerstimme (manchmal sogar per Funk) im Ohr haben – wann kommen wir dann selbst zum spüren, fühlen und vor allem – selbst denken und planen?

Dies ist kein Artikel gegen Reitunterricht, dies ist ein Artikel für die Selbstständigen Trainingseinheiten, wenn mal kein Trainer daneben steht – schließlich können sich auch die Wenigsten einen täglichen Check durch den Trainer leisten.

Jetzt wird’s auch noch unbequem: Sicher ist es bequem, wenn man lediglich Kommandos abwartet, welcher nächste Schritt zu tun ist, welche Hilfe zu geben ist usw. Allerdings bleibt so meist auch ein Hintergrundwissen auf der Strecke: Warum wird beispielsweise nicht mehr vermittelt, WARUM man einen Seitengang eigentlich reiten sollte, wer ihn erfunden hat (Nicht die Schweiz, sondern ein Franzose )?

Die Frage nach dem Warum?

Lektionen werden oft zum Selbstzweck geritten, weil es eben gut aussieht, weil es Aufgaben in Turnieraufgaben sind und man im Wettbewerb punkten möchte. Häufig werden auch die Hilfen in unterschiedlichsten Ausführungen erklärt. Manchmal wird noch argumentiert, dass es ums Hinterbein geht – aber eher nach dem Motto: Egal wie, aber seitwärts!

Und ganz ehrlich: Ich bin auch nicht immer mit dem besten Konzept geritten und lange in alten Mustern gefangen gewesen! Einer der wichtigsten Leitsätze, kam – welch Überraschung –  von Bent Branderup bei einem Kurs vor einigen Jahren:

 „Reite nicht die Lektion, reite den Inhalt“

Immer wenn ich etwas Neues ausprobiere, oder auch an der Verbesserung der bereits vorhandenen Basis arbeite, rufe ich mir diesen Merksatz in Erinnerung.

Und ganz wichtig: Ich habe vor zwei Jahren begonnen meine Arbeit mit den Pferden schriftlich zu dokumentieren. So kann ich nicht nur Vergleiche über einen längeren Zeitraum ziehen. Indem ich bereits vor meinem Weg in den Stall einen Plan niederschreibe, formuliere ich vorab deutlich, warum ich welche Lektionen heute reite und was sie meinen Pferden bringen sollen.

So zieht sich beispielsweise in der Ausbildung meiner Stute Tarabaya Geraderichten und zum Schwerpunkt treten wie ein roter Faden durch mein Trainingstagebuch. Ich schreibe aber weniger über das Schulterherein, als dass ich genau beobachte, welches Hinterbein immer wieder Opfer des „breitbeinigen Schwankens“ wird. Konnte ich es überhaupt erfühlen? Durch die „Nachbearbeitung“ nach dem Reiten bzw. der Bodenarbeit kann ich auch subjektive Gefühle in Worte bringen.

Fortschritte sind so dokumentiert keine Zufallstreffer mehr und Rückschritte müssen nicht deprimieren, wenn man weiß, warum was nicht klappt! Und wieder mal ein weises Zitat aus Dänemark von Bent Branderup:

„Viele Reiter wissen nicht was sie wollen, aber sie wollen es jetzt!“

Was will ich von meinem Pferd und wie könnte ich da hinkommen? Wer über seine Ziele reflektiert und niederschreibt, warum welche Inhalte geritten werden reitet mit Plan und Köpfchen und irgendwann einfach 😉

Hier die fünf Gründe fürs Trainingstagebuch:

1)   Planung und Ausformulierung der Ziele und Arbeitsinhalte. Wer weiß, warum er welche Übung auswählt, kann Fehler und Korrekturen auch leichter in Worte fassen und sich für die nächste Einheit besser vorbereiten!

2)   Motivationshilfe: Erfolge sichtbar gemacht geben neue Motivation, wenn`s mal nicht so klappt!

3)   Kontinuität und Vergleichbarkeit: Reiten ist spüren und Gefühlssache, aber wie gut erinnert man sich denn noch an die Gefühle vom Vorjahr?

4)   Stärken und Schwächen: Was kann mein Pferd eigentlich wirklich gut? Was kann ich wirklich gut? So können Stärken gut ins Training eingebaut werden!

5)   Notfall- und Alternativprogramm? Falls es mal nicht so gut läuft: Gibt es eine Übung, wo wir beide: Pferd und Reiter doch noch ein Erfolgserlebnis haben und ein gemeinsames Alternativprogramm?

Was ein Jahr über mich verrät…

Das Fazit nach einem Jahr Trainingstagebuch? Ich habe immer seltener die Namen der Lektionen verwendet, sondern deren Inhalt. Und als ich wusste, was ich eigentlich von Tarabaya wollte, z.B. durch die Übung im Stehen: Wegbiegen vom äußeren Schenkel, da wurde auch plötzlich das Kruppeherein in der Bewegung besser und weniger schwankend.

Du möchtest eine geeignete Vorlage?

Kein Problem: Newsletter-Abonennten haben den Link zum Download meiner Vorlage für ein Trainingstagebuch bereits erhalten. Wenn du das Trainingstagebuch noch nicht hast, hol es dir HIER

In diesem Sinne: Reiten wir keine Lektionen, reiten wir einfach den Inhalt 😉

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