Bodenarbeit ist in meinem aktuellen Werkzeugkoffer nicht mehr weg zu denken. Bodenarbeit bedeutet, eine gemeinsame Sprache mit dem Pferd zu finden, sich individuell auf dessen Bedürfnisse einzustellen und im besten Fall – gemeinsam zu tanzen. 

Bodenarbeit und was mir wichtig ist

Ich liebe die Bodenarbeit. Warum? Weil ich dem Pferd kleinschrittig alle Hilfen erklären kann. Wir haben da die Möglichkeit einen inneren Schenkel zu erklären, einen äußeren Schenkel sowie indirekte und direkte Zügelhilfen.

Ich bin der Akademischen Reitkunst sehr dankbar, denn ohne die verpflichtende Bodenarbeitsprüfung hätte ich mich vermutlich auch nie so in das Thema rein „gefreakt“ schließlich hatte ich eine wilde Feuerfuchs-Stute, die lieber im Trab und Galopp „groß“ unterwegs war und die noch größere Pina. Rückwärts vor dem Pferd – das war also nicht immer so einfach, aber vermutlich gerade deshalb habe ich alle Facetten der Bodenarbeit sehr genau ergründet und vertieft. 

Ein wesentlicher Punkt in unserer eigenen Ausbildung zum Lehrmeister unserer Pferde ist, dass wir in der Bodenarbeit die gesamte Theorie sehr praxisnah aufsaugen. Wir spüren, wann das Pferd in Balance ist und wann nicht. Wir entwickeln ein gutes Gespür für Losgelassenheit, unsere Hand begibt sich auf die Erkundung der Durchlässigkeit. Wir sehen nicht nur die Schiefe – wir spüren sie auch und wir bekommen ganz viele Werkzeuge in die Hand, bzw. in die zeigende Sekundärhilfe Gerte, die uns beim Geraderichten, bei der Formgebung der Oberlinie und beim Erhalten oder Entwickeln eines korrekten Rückenschwungs unglaublich toll helfen. 

Bodenarbeit ist für mich eine gute Grundschule. Wir erlernen eine Basis und wenn diese wirklich stimmt, dann schließen wir diese Schule freilich auch mit Bestnoten ab. So wie wir das Lesebuch aus der allerersten Klasse ja auch nicht mehr später zur Hand nehmen müssen, wenn wir eine komplizierte Abhandlung lesen. 

Aber – es lohnt sich auch später noch, in Detailfragen aus den vielfachen Facetten der Bodenarbeit jene Position zu wählen, die bei neuen Herausforderungen dienlich sein kann. 

Bodenarbeit und ein generelles Rezept? 

Neben der klassischen Bodenarbeit in der Frontposition vor dem Pferd gibt es natürlich auch noch die Handarbeit von innen und außen geführt, die Longenarbeit und die Langzügelarbeit, die wir am Boden ausüben können – oder – ganz frei in der Freiarbeit miteinander zu kommunizieren und das Verständnis von Körpersprache und Hilfengebung auf den Prüfstein zu stellen. 

Es gibt verschiedene Inhalte, die wir in der Bodenarbeit erarbeiten. 

Für den Menschen bedeutet das: 

  • Die direkte Hand zu schulen und gleichzeitig ein Know how für die korrekte Formgebung, Stellung und Biegung zu entwickeln. 
  • Zu differenzieren zwischen indirekten und direkten Zügelhilfen – also jenen Zügelhilfen, die das Pferd „lenken“ und jenen, die es „formen“. 
  • Wir erfahren aber am meisten über die Hinterhand, deren Tätigkeit im besten Fall so zur Geltung kommt, dass Kraft über die Schwingung der Wirbelsäule von hinten nach vorne durch den Pferdekörper übertragen werden kann und sich das Pferd mit Leichtigkeit und Eleganz bewegt. 
  • Wir beschäftigen uns daher mit der Frage, wie der Hinterfuß nach vorne greift, wie er sich vom Boden abdrückt und ob er sich auch etwas beugen kann. 
  • Für all diese Variationen stehen uns verschiedene Schenkelhilfen zur Verfügung, so dass wir mit der Zeit auch das Maß an Vorgriff, Rückschub, positivem Schub und Hankenbeugung definieren können. 

Es gibt aber kein generelles Rezept für die Bodenarbeit dafür aber sehr viele Ideen, die sich für unsere Pferde individuell nach Maß umsetzen lassen. 

Pina, die Bewegliche 

Als meine Przedswitstute Pina zu uns kam, war sie extrem beweglich. Sie fühlte sich beim Reiten unter mir teilweise wie „leicht beschwipst“ an. Positiv war natürlich, dass sie sehr fein auf jede Hilfe reagiert hat, was bei Tabby schwer fiel, war bei Pina ganz leicht. Sie ließ ihre Hinterbeine in alle Richtungen bewegen, war biegsam in alle Himmelsrichtungen – allerdings passte das nicht immer mit der Schwungrichtung zusammen. 

Was mir Pina beigebracht hat: Zu sehen und zu fühlen, denn sie war unheimlich höflich und hat sich ganz wunderbar auf mich eingelassen. Ich habe gelernt, ein fragiles Gleichgewicht zu stabilisieren, im Stand konnte ich sie wunderbar formen und habe gespürt, wie wenig Einfluss häufig notwendig ist, um ein Pferd zwischen den Vorderbeinen zu bewegen und was das auch für den Brustkorb bedeuten kann. Außerdem wurde mir klar, wo die Grenzen der Arbeit im Stand liegen und warum Hankenbeugung immer aus einer Bewegung heraus erarbeitet werden sollte. 

Gerade Pina hat mir hier auch sehr viel über die Bedeutung der Rumpfträger verraten. 

Tabby, die Ungeduldige 

Was willst du eigentlich von mir? Ich möchte mich bewegen und zwar schnell und sicher nicht auf der Stelle. Tabby hat mir alles beigebracht, was ich für das gründliche Formulieren von Inhalten wissen musste. Ich habe durch sie gelernt, wie man instabile Hinterbeine zu Stabilität verhalfen kann, auch über die Quantität und damit einhergehe Qualität von Seitengängen haben wir viel philosophiert. Und das Beste – als wir gemeinsam versucht haben in der Zeit der Krankheit auch noch Bewegung umzusetzen – denn wer rastet rostet gänzlich – da haben wir gemerkt, dass uns auch ungeliebte Positionen eine wunderbare Basis geschaffen haben, wodurch wir nun kreativ werden konnten. Konkret waren wir beide nicht im Team „Frontposition“, aber dass mein „heißer Ofen“ durchaus der Crossover – Langzügelposition etwas abgewinnen konnte – das war wirklich super spannend. Auch über Berührungen während der Arbeit, die Bedeutung der Schweifwirbelsäule und der Beweglichkeit des Hüftgelenks hat mir Tabby einige Kniffe verraten. 

Konrad der Talentierte 

Konrad hat mir gezeigt, dass alles, was ihm in die Wiege gelegt wurde, ja sowieso schon da war. Und unglaublich leicht war es für ihn, mich (gut geschult durch meine Stuten) zu verstehen. Dass Talent und körperliche Fähigkeiten jedoch nicht bedeuten, Abkürzungen zu nehmen – auch das hat mir Konrad verraten. Und: Ein Pferd mit wenig Schubkraft ließ mich dann auch nochmal bei Steinbrecht nachschlagen und über die Entwicklung der Schubkraft nachdenken. So hat sich dann durch die Nutzung der Schubkraft eine ganz andere Qualität in der Versammlung ergeben. Konrad zeigt mir aber auch, dass ein perfektes Pferd trotz allem keine Fehler verzeiht. 

Amena, das Butzi 

Amena war lange Zeit ein halbes Hemd. Nach der Grundschule, wo er das Alphabet der Hilfengebubg gelernt hat, stand viel Longenarbeit am Programm, wobei wir noch die Faszination der Spiegelung vertieft haben. Amena zeigt auch wie zuverlässig Pferde das Gelernte in den Sattel, in die Handarbeit oder jede andere Position mitnehmen. Amena hat nochmal die Bedeutung der Bewegung ins Zentrum gerückt. Und was er auch kann: An Details arbeiten. Das macht der Amena unheimlich gerne und merkt sich alles. 

Mandrake, der Wildfang 

Mandrake ist ein absolut glückliches Pferd. Er ist glücklich, wenn man ihn von der Koppel holt. Er ist glücklich, wenn man mit ihm spricht, ihn putzt, ihn berührt, mit ihm in die Halle marschiert, mit ihm spielt und ihm neue Inhalte zeigt. Er ist wissbegierig aber eben immer verspielt. Das krasse Gegenteil von Amena, dem das „Beamtentum“ nach Wiener Schule ja wirklich in die Wiege gelegt worden war. Mandrake konnte ich nicht nach fix gestrickten Lehrplänen ausbilden. Das hätte ihn mit Sicherheit zur Verzweiflung gebracht. Er hat mir auch nochmal aufgezeigt, dass auch mit der Bodenarbeit irgendwann Schluss sein muss bzw. nicht alles perfekt gelingen muss, ehe man den nächsten Schritt wagt. Bierernst darf mit ihm sowieso nichts sein, aber schön langsam wird er erwachsen und das Schönste ist einfach immer noch zu sehen, wie sich Mandrake über seine Fähigkeiten freuen kann. Hier ist er der perfekte Lehrmeister. 

Sostenuta – der Sugarnuga 

Conversano Sostenuta II ist erst ganz kürzlich bei uns eingezogen. Als ich diese Zeilen schreibe, überlege ich, wie groß der Unterschied doch zu Konrads Einzug war. Aktuell ist er damit befasst, mit Konrad die Welt zu erkunden und sich seinem „Onkel“ anzuschließen. Wir werden ganz gemütlich beginnen und seine Ausbildung wird mit Sicherheit auf meinem YouTube Kanal auch in Kürze dokumentiert sowie auch in meinen Online Kursen Bodenarbeit und Longieren, die in dieser Woche wieder starten. 

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Wer ist denn hier eigentlich der Lehrmeister? 

Bei all meinen Pferden bin ich natürlich als Ausbilder gewachsen. Auch wenn ICH Ziele für die Ausbildung hatte und genau das macht meine Liebe zur Bodenarbeit auch aus – weil ich so viel über meine Pferde und vor allem über mich erfahre. Neben einer vollen Werkzeugbox darf meiner Meinung nach die emotionale Komponente nicht zu kurz kommen.
Das bedeutet, ich wachse als Pädagoge, weil jedes Pferd anders ist und auch anders lernen mag. 

Bodenarbeit kann begeistern und wenn wir unseren Pferden zuhören, dann wissen wir auch wofür sie sich begeistern. 

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