Xenophon – sein Name ist untrennbar mit der Reitkunst verbunden. Schriftsteller, Philosoph, Politiker, Schüler von Sokrates.
Sein Plädoyer für einen gewaltfreien und schonenden Umgang mit dem Pferd hat noch heute Gültigkeit.

Wie würde wohl eine Unterhaltung heute mit ihm aussehen?

Herr Xenophon, was sagen Sie heute über das Reiten?

Xenophon: Das was ich zu meiner Zeit geschrieben habe, hat noch immer Gültigkeit. Ich bedaure eher, dass offenbar einige Hinweise in Vergessenheit geraten sind? Wir vernachlässigen uns schließlich selbst, wenn wir das Wohlergehen und die Gesundheit des Pferdes vernachlässigen. Selbst wenn es heute nur zum Vergnügen gehört ein Pferd zu halten und zu reiten, so steht doch Sicherheit nach wie vor an oberster Stelle.

Was sagen Sie über „Horsemanship“?

Xenophon: Der Begriff an sich scheint mir modern. Für mich fällt das unter Grunderziehung. Aber worauf es ankommt ist die sanfte Arbeit ohne Druck. Wenn sich ein Pferd vor etwas fürchtet, so muss man selbst das, was dem Pferd so furchtbar und schreckeinjagend scheint, berühren und dann das Pferd durch sanfte Behandlung herbeiführen. Die Menschen aber, die das Pferd schlagen würden, machen ihm ja noch mehr Angst.

Und sehen Sie heute noch Reitkunst?

Xenophon: Leider in geringer Zahl. Schon zu meiner Zeit unterschied ich hier deutlich zwischen Sport und Kunst. Wer glaubte, es sei viel Mühe sich in der Reitkunst zu üben, der sollte doch bedenken, dass die Männer, die sich für sportliche Wettkämpfe vorbereiten, noch viel Anstrengenderes durchführen müssen als die, welche sich der Reitkunst widmen. Sportliche Übungen werden meist mit viel Schweiß und großen Anstrengungen durchgeführt, bei der Reitkunst geschieht das meiste aber mit Vergnügen.

Heute gibt es ja auch Maschinen, die den Menschen in die Luft bringen. Ich sagte früher aber einmal:

Wenn man sich wünschen würde fliegen zu können, so gibt es nichts unter den menschlichen Dingen, was diesem Wunsch näher käme als Reiten.

Wie sitzt ein Reiter denn korrekt im Sattel?

Xenophon: Wenn er mit beiden Schenkel gespreizt aufrecht, als ob er steht auf dem Pferde sitzt. Einen Sitz wie auf einem Sessel, mit hochgezogenen Knien kann ich durchaus nicht loben. Vom Knie abwärts muss der Reiter das Schienbein mit dem Fuß schlaff herabhängen lassen. Der Reiter muss auch seinen Oberkörper, also oberhalb der Hüften dazu schulen sehr beweglich zu sein.

Wenn Sie sich die heutigen Pferde ansehen, wie unterscheiden sich diese zu den Pferden Ihrer Zeit?

Xenophon: Sie sind viel größer, als die Pferde, die wir hatten. Bei der Beurteilung eines jungen Pferdes lege ich Wert auf die Geschmeidigkeit der Knie, Wenn das Pferd diese beim Gehen beugt, dann wird es auch unter dem Reiter gelenkige Schenkel haben. Guter Kniebug ist mit Recht sehr geschätzt, denn er bewirkt, dass das Pferd weniger stolpert und auch weniger stößt, als bei steifen Schenkeln.

Wenn man das Pferd in eine Haltung bringt, die es selbst annimmt, wenn es sich das schönste Ansehen geben will, so erreicht man, dass das Pferd des Reitens froh und prächtig, stolz und sehenswert erscheint. Ich bin mir nicht sicher, ob ich heute viele Pferde sehe, die diese eigene Haltung noch überhaupt zeigen dürfen.

Warum ist es noch immer wichtig, auf dem Zirkel zu arbeiten?

Xenophon: Die Arbeit auf dem Zirkel nannten wir PEDE. Sie ist lobenswert, da sie das Pferd daran gewöhnt auf beiden Seiten zu wenden. Zu empfehlen sind auch Übungen von ungleicher Länge, also zwischen Zirkel und Gerade zu wechseln, denn so wird sich das Pferd eher wenden lassen. In den Wendungen ist das Pferd zu versammeln, der Reiter muss aber darauf achten, das Pferd nicht zu sehr mit dem Zügel zu stören.

Sie meinten ein Pferd, das die Hanken generell leicht beugt, wäre dann auch später leicht zu versammeln?

Xenophon: Ja, allerdings muss das Pferd auch eine kurze und starke Lende mitbringen. Soweit der körperliche Aspekt. Reiterlich gesehen ist es so, dass der Reiter eine Parade zu geben hat, während das Pferd die Hinterhand nach vorne untersetzt, so beugt es die Hanken, die Vorhand wird dabei leicht und angehoben. Man darf die Zügel nicht hart anziehen, um zu versammeln, so dass sich das Pferd dagegen wehrt, aber auch nicht unbestimmt ,so dass es nichts fühlt. Wenn man das Pferd aber versammelt und es den Nacken hebt, so muss man mit der Hand und dem Zügelzug unbedingt leichter werden.

Hat man eine Übung lange genug gemacht, bedenke man unbedingt auch die Pausen.

Pausen gehören auch zum Lob?

Xenophon: Ja, wir können ja per Wort miteinander kommunizieren. Man kann zwar sanft auf das Pferd einreden, aber wenn man das Pferd jedes Mal lobt, ihm schmeichelt, ihm einen Gefallen erweist nach einer gelungenen Übung wird es am besten lernen. Es wird den Zaum annehmen, wenn man ihm etwas Gutes tut und es wird über Gräben springen, wenn nach der Ausführung der Übung Lob und Ruhe zuteil wird.

Vielen Dank für das Gespräch 

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