Bahnfiguren, Schlangenlinien und das nach einer genauen Ordnung. Wie sinnvoll sind Choreographien?

Ich gebe es zu. Ich bin ein sehr großer Fan von akribischer Planung. Vor allem in der Arbeit mit meinen Pferden greife ich gerne auf eine hilfreiche Struktur zurück.
Das heißt – vor dem Reiten mache ich mir immer Gedanken über den Vortag und über die heutigen Ziele.

Wie sagt Bent Branderup so schön in seinen Theorievorträgen:

„Man kann nur an zwei Tagen nicht reiten: Gestern und morgen. Wir reiten schließlich im Jetzt.“

Daher analysiere ich gerne noch mal was am Vortag passiert ist. Woran habe ich gestern gearbeitet, wie hat es sich angefühlt, was möchte ich heute erarbeiten.

Hier ist es aber sehr wichtig Inhalt und Lektion nicht zu vermischen.
Es mag hilfreich sein, eine bekannte Choreographie auszupacken und immer wieder zu reiten. Eine Seite Kruppeherein, eine Seite Schulterherein, Traversale, halbe Pirouette…was aber, wenn mein Pferd im Kruppeherein mit dem inneren Hinterbein ständig ausfällt und im Schulterherein mit dem äußeren Hinterbein ähnliche Probleme entstehen?

Die wichtigste Lektion, die ich in meinem Reiterleben gelernt habe: Reite den Inhalt und nicht die Lektion.

Daher gilt: Eine Choreographie mag hilfreich sein, um eine längerfristige Vergleichbarkeit zu schaffen. Wer sich eingangs noch schwer mit der Gefühlsschulung tut, wird durch die kontinuierliche Wiederholung Unterschiede bemerken. Vielleicht kann der Übeltäter (das Ausfallen des inneren Hinterbeins im Kruppeherein) noch nicht eindeutig festgemacht werden. Wenn der Reiter allerdings Stolperfallen bemerkt, können diese auch vom Boden mit entsprechender Vor- und Blickschulung dann leichter ausgemacht werden. Schließlich braucht es Zeit, bis die Kommunikation zwischen dem fühlenden Hintern und der Hand, die ja ebenso Informationen empfängt, zusammenspielt.

Wer also seine Zeit mit dem Pferd gut vorausplant, lernt auch Ziele und Inhalte zu formulieren. So lässt sich auch herauslesen, welche Arbeit für den aktuellen Moment passend scheint. Mit meiner Pina konnte ich die Leichtigkeit und Führung zwischen den Schultern am Einfachsten vom Boden in der Handarbeit von außen geführt erarbeiten. Davor war die Longenarbeit für sie sehr hilfreich, um Tragkraft, Geschmeidigkeit und auch Rückemuskulatur zu fördern.

Der Vorteil der Choreographie liegt also wie gesagt in der Messbarkeit, also Vergleichbarkeit von Ergebnissen. Allerdings besteht hier die deutliche Gefahr eher an Lektionen zu arbeiten und nicht an Inhalten.

Wir müssen auch nicht unbedingt von einer schwierigen Choreographie ausgehen. Wer am Anfang mit der Bodenarbeit beginnt, sollte sich vor allem vorstellbare und visualisierbare Ziele ausdenken. Nur wenn ich mir vorstellen kann, wie das innere Hinterbein zum Schwerpunkt fußen soll, wenn ich mir vorstellen kann, wie eine korrekte Stellung aussieht, dann kann ich zwischen gewünschtem und erreichten Ziel differenzieren. Wer sich hier im Vorfeld eine kleine Aufgabe zurecht legt, muss auch während der Arbeit nicht mehr drüber nachdenken. Viele Menschen neigen dazu, gerade bei den ersten Übungen wo man noch den eigenen Blick und das Gefühl schult, zu lange und zu einseitig auf einer Hand zu arbeiten. Eine vorab zurecht gelegte Aufgabe, kann hier Abhilfe verschaffen.

Am Anfang war die Dehnung

Diese „Choreographie“ kann also schon ganz am Anfang das erste Abfragen von Dehnungsbereitschaft sein. Der Reiter steht vor dem Pferd und fragt das Pferd um ein Abwärtsstrecken des Kopfes, verbunden mit einer Entspannung des Halses. Im Grunde möchten wir, dass das Pferd die Haltung einnimmt, die es beim Fressen einnehmen würde. Wer diese Übung täglich wiederholt wird feststellen, ob sich diese Dehnungsbereitschaft verbessert. Diese hat ja auch mit einer großen psychischen Komponente zu tun. Wie bereit ist das Pferd, sich von meinen Händen formen zu lassen. Fühlt es sich mit dieser Anforderung wohl, oder verlange ich zu viel, wenn ich erstmals eine „Hergabe des Genickes“ formuliere? Wenn sich das Pferd abwärts dehnt, observieren wir die Art der Dehnung? Streckt sich das Pferd langsam, oder ruckartig mit kleinen Pausen. Könnten hier eventuell Verspannungen vorliegen. Wiederholung macht eine Überprüfbarkeit möglich.

Zu Beginn steht also die klare Visualisierung und Analyse:

  • was möchte ich heute mit meinem Pferd erreichen? (Erarbeitung der Stellung)
  • Habe ich eine Vorstellung davon, wie ich meinem Pferd diese Anforderungen stellen kann? (Wie zeige ich meinem Pferd die korrekte Stellung)
  • Kann ich ein korrektes Ergebnis visualisieren (wie soll Stellung aussehen)
  • Welche Möglichkeiten habe ich zur Erarbeitung der Übung (Im Stehen oder in der Bewegung…)

Ich persönlich reite immer wieder gerne zur Überprüfung die Chreographie des „Squire Test“. Dabei kann ich Unterschiede und Verbesserungen wahrnehmen. Daraus ergeben sich dann weitere Hausübungen, die ein paar Wochen später innerhalb der gewohnten Choreographie noch einmal überprüft werden können.

Hier habe ich noch zwei kleine Anregungen für das Reiten von Bahnfiguren auf einem oder auf zwei Hufschlägen zusammengefasst.

Reiten wir mit Plan, durch den Vergleich schulen und verbessern wir unser Gefühl ☺