Mitte Oktober, gutes Wetter und Christofer Dahlgren aus Schweden bei uns in der Reithalle. Was will man mehr?
Vorab hatte ich Christofer gebeten, seinen Weg mit jungen Pferden für uns in der Theorie zu schildern. Das Wichtigste fasse ich für dich zusammen.
Aber nun zu den Jungen Pferden
Wie man ein junges Pferd ausbildet – Christofer Dahlgrens Weg
Christofer erzählt über seinen Weg in der Bodenarbeit, er fokussiert dabei hauptsächlich auf Übungen in der Bodenarbeit und Longieren.
Der größte Teil der Ausbildung findet jedenfalls am Boden und mit einem Kappzaum ausgestattet statt. Der Kappzaum ist laut Christofer ein wunderbares Werkzeug, um dem Pferd die Hand zu erklären, allerdings möchte er niemals an den Punkt kommen, wo er von der Hand abhängig ist.
„Man sieht Schüler, die wunderbare Bodenarbeit umsetzen, allerdings sind sie stark von der Hand am Kappzaum abhängig und das Pferd hat keinen wirklichen Plan, welche Hilfen es eigentlich umsetzen soll“.
Christofer Dahlgren
Christofer warnt an dieser Stelle eindringlich, sich zu stark auf die Hand am Kappzaum bei der Formgebung zu verlassen, schließlich haben die Pferde eine Tendenz etwas Druck gegen die Hand auszuüben, so wird man schnell abhängig von der Hand und kommt nicht dazu, die Hand wirklich als Hilfe auszubilden und zu nutzen.
Die wichtigste Basis, bevor die Formgebung in der Bodenarbeit beginnt, sind die Basisführübungen, das Pferd soll mit dem Ausbilder gemeinsam anhalten, angehen, sich nach links und rechts wenden lassen und auch rückwärts richten sollte kein Problem sein. Dies alles muss jedoch ohne Einwirkung und Druck der Hand am Kappzaum möglich sein.
Das Folgen ist eine der wichtigsten Übungen. Dabei läuft der Ausbilder rückwärts, das Pferd folgt frontal und fokussiert auf den Bauchnabel des Ausbilders. Jetzt kommt es darauf an, die äußere Schulter gut einzufangen. Sobald das Pferd nicht über die äußere Schulter auf eine größere Bewegungslinie nach außen driftet, kann die Arbeit an der Biegung beginnen. Erste Wendungen verschaffen hier Klarheit, ob das Pferd tatsächlich auf uns fokussiert ist, oder eben über eine Schulter nach innen oder außen „driftet“.
Das Wichtigste ist laut Christofer tatsächlich die Bewegungsausrichtung auf den Ausbilder zu. In diesem Stadium der Ausbildung konzentriert sich Christofer noch nicht auf die Hinterhand. Er kritisiert an dieser Stelle, dass viele Ausbilder viel zu früh mit der Ansprache des inneren Hinterbeins beginnen – hier besteht allerdings die Gefahr, dass das Pferd lernt, mit dem inneren Hinterbein viel zu weit unter die Masse zu treten und dann über die äußere Schulter den Zirkel vergrößert und das äußere Vorderbein weit unter die Körpermasse setzt.
Wenn man sich später in der Ausbildung wundert, ständig die äußere Schulter korrigieren zu müssen, dann ist dieses Problem wohl leider „hausgemacht“ also selbst verursacht.
Nutze die Hand so wenig wie möglich
Christofer betont daher einmal mehr die Hand am Kappzaum nicht zu stark zu benutzen, um formgebend auf das Pferd einzuwirken, sondern das Bewegungsgefühl für den Schultergürtel des Pferdes zu entwickeln und stets eine frei schwingende, äußere Schulter in Bewegungsrichtung zu fördern.
Christofer möchte den Kopf des Pferdes nicht manipulieren, hier ist ihm das Suchen zur nachgiebigen Hand eine weit wichtigere Komponente in der Ausbildung. Sollte das Pferd über die äußere Schulter die Bewegungsrichtung verlieren, wird dies mittels Gerte an der äußeren Schulter korrigiert, bis das Vorderbein wieder in Bewegungsrichtung des Ausbilders schwingt.
Wenn die Schulterkontrolle klappt, wählt Christofer eine gerade Linie und positioniert die Gerte in der inneren Schenkellage. Gerade auf einer geraden Linie ist es wichtig, nicht „Ping Pong“ mit der äußeren Schulter z spielen. Schwingen die Vorderbeine in Bewegungsrichtung bestätigt Christofer das junge Pferd oft.
Wichtig ist jedoch die Unterscheidung für das Pferd: Die Gerte an der äußeren Schulter ist eine Korrektur, keine Hilfe – grundsätzlich soll das Pferd verstehen, um den inneren Schenkel zu biegen und dabei die äußere Schulter frei zu machen.
Das Ergebnis ist eine korrekte Biegung um den inneren Schenkel.
Der Tipp von Christofer lautet also: Kontrolliere zuerst die Schwungrichtung der Vorderbeine und beginne nicht zuerst die Hinterbeine zu arbeiten.
Nach diesem ersten Meilenstein kann die Bodenarbeit fortgesetzt werden oder bereits mit dem Longieren begonnen werden.
In der Bodenarbeit würde Christofer nun am gebogenen Gerade weiter arbeiten und auch den äußeren, weg biegenden Schenkel auf den Stundenplan setzen.
Hier nutzt Christofer auch die Bande, achtet aber stets penibel darauf, das Pferd nicht abhängig von der Wand zu machen oder auch Stress auszusetzen. Die Wand soll dem Pferd nicht das Gefühl geben, eingesperrt zu sein.
Weiter geht es mit der Schulterbeweglichkeit, ein bisschen Schulter einwärts und wieder gerade richten. Das Schulterherein ist laut Christofer eine der schwierigsten Lektionen, er fragt deshalb auch junge Pferde nicht nach einer langen Ausführung, sondern bevorzugt lieber wenige, dafür aber gute Tritte und auch nicht zu viel seitwärts. Die Gefahr, dass Schulterherein mit Kruppeheraus verwechselt wird ist bei jungen Pferden noch sehr stark.
Bilde die Hilfen aus, nicht die Lektion
Grundsätzlich kritisiert Christofer, dass viele Ausbilder den Pferden bereits eine Lektion beibringen wollen und nicht primär auf die Hilfengebung konzentrieren. Für den Ausbilder aus Schweden ist das Verständnis der Hilfengebung weit wichtiger, als die Lektion selbst.
Wichtig ist auch, an der richtigen Stelle zu loben und nicht zu viel Perfektion vom jungen Pferd zu verlangen. Das beeinträchtigt häufig die Motivation, wenn wir zu „picky“ mit vielen Details bei jungen Pferden sind. Das Geheimnis ist frühes und schnelles Lob, sobald das Pferd auch nur einen Ansatz in die richtige Richtung zeigt. Das ist natürlich für Ausbilder, die selbst noch lernen schwieriger, als für den erfahrenen Ausbilder.
„Gerade am Anfang halten wir eine Hilfe viel zu lange, wir wollen natürlich sehen, was passiert und wir wollen es fühlen, aber wir verleiten dann das Pferd viel eher dazu, einen Fehler zu machen und frustrieren es so auf lange Sicht, weil wir dann natürlich auch noch einige Wiederholungen brauchen, um wieder ein korrektes Ergebnis zu sehen“.
Christofer Dahlgren
An der Longe legt Christofer viel Wert darauf, dass die Pferde die Verantwortung für alle drei Grundgangarten übernehmen können. Das heißt, das Pferd bewegt sich in der gewünschten Richtung, in der gewünschten Distanz und mit dem gewünschten Tempo.
Insgesamt waren am Kurs 7 Pferde mit dabei. Unter anderem drei Lusitanos – mein Mandrake und sein Cousin Inverno (von Lusitania Dressage) sowie Lisa mit ihrem Lusitano Janeiro (vom bekannten Gestüt La Perla). Mandrake und Janeiro haben vor allem am guten Vorwärts gearbeitet, beide eint das Thema, lieber kleine und im Takt höhere Schritte zu machen, als sich im Brustkorb wirklich raus zu strecken. Während Janeiro eher gemütlicher im Tempo ist, ist Mandrake einfach wahnsinnig gerne schnell. Ähnliche Themen, aber unterschiedliche Umsetzung, es war total spannend Christofers Lösungsansätze hier zu sehen und die Verbesserung an den Pferden unmittelbar zu sehen und zu spüren.
Mit dabei außerdem natürlich noch Lipizzaner: Die junge, 6 Jahre alte Stute Nikita, mein Jungspund Schnucks und Amena, der bereits fortgeschritten die Entwicklung verschiedener Schwungrichtungen in Richtung Piaffe oder Passage erarbeiten konnte.
Daniela hat mit ihrer Stute Jana vor allem am Boden und an der Basis vom Sattel aus gearbeitet, ich denke, wir hatten eine sehr spannende Kombination an Reiter- und Pferdepaaren.
Die Kursnachschau, bequem von zu Hause aus
Wir haben diesen Kurs für dich gefilmt, du kannst dir den gesamten Kurs mit allen Pferden und Theorie-Einheiten bequem von zu Hause aus, gemütlich bei einem warmen Getränk im Herbst passend nachschauen.
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