Was hat uns und unsere Pferde zusammengebracht? Zweifelsohne – die Liebe. Eine Liebeserklärung für unsere Pferde, pünktlich zum Valentinstag, verfasst von Viktoria Portugal:

Liebe … Was ist Liebe für uns? 

Laut Wikipedia wird die Liebe wie folgt definiert: 

„Nach engerem und verbreitetem Verständnis ist Liebe ein starkes Gefühl, mit der Haltung inniger und tiefer Verbundenheit zu einer Person (oder Personengruppe), die den Zweck oder den Nutzen einer zwischenmenschlichen Beziehung übersteigt und sich in der Regel durch eine entgegenkommende tätige Zuwendung zum anderen ausdrückt. Das Gefühl der Liebe kann unabhängig davon entstehen, ob es erwidert wird oder nicht.“

Wikipedia

Bislang habe ich noch nie etwas zum Thema „Liebe“ geschrieben, im Privatleben „liebe ich einfach“ – ohne groß darüber nachzudenken. Ich liebe. Ein schönes Gefühl.

Wie wir lieben

Wenn ich aber darüber nachdenke, wen ich liebe und wie ich diese Person oder dieses Tier liebe, muss ich feststellen, dass es unterschiedliche Arten von Liebe gibt. 

Die Liebe in einer Partnerschaft ist eine andere als die in einer Familie. 

Man spricht oft von bedingungsloser Liebe. Aber was ist das? Kann man überhaupt bedingungslos lieben?

Ich befinde mich (noch) nicht in dieser Situation, aber ich denke die Liebe zu dem eigenen Kind lässt sich sehr gut als bedingungslos bezeichnen. Ein Kind kann noch so viel Blödsinn bauen, mit Worten verletzen oder mit Taten in Verlegenheit bringen und man wird nicht aufhören diesen kleinen Menschen zu lieben. 

Befindet man sich in einer Beziehung, ist es eine andere Art und Weise zu lieben. Auch wenn wir meinen, in einer Beziehung bedingungslos lieben zu können, entspricht dies so nicht ganz der Wahrheit. Wir definieren sehr genau, wie wir unsere Partnerschaft gerne leben würden, wir legen für uns fest, welche Regeln und Pflichten wir erfüllen, um wirklich eine erfüllte Beziehung zu haben. Ich empfinde Treue und Vertrauen sind zwei der wichtigsten Faktoren, jedoch sind diese eben auch Voraussetzung für das Funktionieren einer Beziehung und somit auch mit Erwartungen verbunden. Kann man dann noch von bedingungsloser Liebe sprechen? 

Liebe und die Frage nach der Schuld

Wie verhält sich das Thema Liebe zu unseren Pferden? Befinden wir uns mit unserem Pferd in einer Partnerschaft/Beziehung oder gibt es eine Bedingungslosigkeit wie bei Kindern?

Diese Liebe anhand der oben genannten Definitionen zuzuordnen, fällt mir persönlich äußerst schwer. 

Die Liebe zu einem Pferd ist wohl an ähnliche Erwartungen geknüpft. Man wünscht sich gegenseitiges Vertrauen sowie Loyalität, aber (in den meisten Fällen) liebt man das Pferd auch bedingungslos. 

Denn würde unser Pferd uns mal beißen, treten, abwerfen oder einfach nur abweisen, würden wir das wohl nicht gutheißen. Aber warum hat unser Pferd das getan? 

Ich würde mir Gedanken machen, ob ich etwas falsch gemacht habe oder ob das Pferd Schmerzen hat, ob der Sattel passt, usw.  Niemals würde ich meinem Pferd Böswilligkeit unterstellen, denn auch mein Pferd hat die Möglichkeit sich zu äußern und mir zu sagen, wenn es mit meinen Handlungen unzufrieden bzw. nicht einverstanden ist.

Ich erwarte nicht, dass es immer JA sagt. All diese Handlungen meines Pferdes würden die Liebe nicht schmälern, sondern ich würde mir die Kritik zu Herzen nehmen und an mir arbeiten und vielleicht dadurch zu einem besseren Menschen werden. Denn wie sagt man so schön? – Das Pferd ist unser Spiegel. 

“Wenn man liebt, sucht man die Schuld bei sich, nicht beim anderen.“

Richard Burton

Leider sehe und höre ich aber oft, dass das Pferd nicht mitmachen wollte, dass es störrisch und bockig ist und nichts funktioniert. 

Natürlich gibt es Tage, an denen nichts klappen will, wer kennt das nicht? Wir sind doch alle nicht fehlerfrei, aber woran hat es gelegen?

Was wollt ihr in der Liebe

Wollten wir zu viel? Wollten wir es zu oft? War es zu dem Zeitpunkt überhaupt möglich? 

Haben wir die richtige Frage gestellt? Waren wir mit unserem ganzen Herzen und Verstand dabei oder waren wir abwesend? Oder waren wir zu energielos und gestresst von unserem Alltag? 

Bevor man die Schuld beim Pferd sucht und sich Unzufriedenheit oder Frust einstellt, sollte denn man in sich gehen, denn meistens liegt es an uns selbst. 

Bedingungslose Liebe?

Wir bringen unser Pferd dazu, uns zu vertrauen und überall hin zu folgen, ohne uns zu hinterfragen. Egal ob wir neue Wege erkunden, wo sich diverse Gefahren verbergen oder ob wir mit dem Hänger verreisen und neue Orte kennenlernen. Von uns wünschen sie sich Vertrauen, um sich in Sicherheit zu wissen. 

In einer fremden Halle ist gegenseitiges Vertrauen besonders wichtig, sodass man einander nicht einmal ansehen muss um zu wissen, dass alles in Ordnung ist.

Ich würde das eine gute Mischung zwischen bedingungsloser Liebe und einer Partnerschaft nennen. 

Bedeutet das nun, ich darf auch Erwartungen an mein Pferd stellen? Schließlich versuche ich ihm, das beste Leben zu ermöglichen. Wir handeln immer nach bestem Wissen und Gewissen und nur das Beste ist gut genug für unseren Liebling. 
Der beste Stall, regelmäßige Hufbearbeitung, Zahnarztbesuch, Impfungen und Osteopathiebehandlungen. Nur das hochwertigste Futter und die besten Mineralstoffe. 

Wenn ich so darüber nachdenke, genießt mein Pferd mehr Wellness, als ich mir selbst gönne. 

Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht einmal eine Osteopathie-, chiropraktische Behandlung, geschweige denn eine professionelle Massage genossen. Ebenso empfinde ich eine Maniküre bei mir für rausgeschmissenes Geld, aber dem Pferd darf es an nichts fehlen. 

Natürlich hat meine Stute einen passenden Sattel, bei dem Geld keine große Rolle spielte, sowie jegliches Equipment, das benötigt wird und das selbstverständlich von bester Qualität. Bis das passende Gebiss gefunden wurde, ist viel Geld geflossen, aber immer habe ich es gerne getan, denn die rote Stute soll natürlich zufrieden sein. 

Selbstverständlich wird in guten Unterricht investiert und ich bilde mich regelmäßig weiter, um mein Pferd immer nach den neuesten Erkenntnissen und biomechanischen Grundsätzen auszubilden, damit ich nichts verlange, was nicht im Möglichen liegt. 

Bevor ich zur Akademischen Reitkunst gefunden habe, hatte ich ganz gewöhnlichen Dressurunterricht. Damals besaß ich noch kein eigenes Pferd, sondern hatte Unterricht auf Mitreitpferden oder durfte auf Turnierpferden einer Bekannten lernen.
Natürlich bekamen auch diese Pferde nur das Beste vom Besten und es wurden keine Kosten und Mühen gescheut, aber die Pferde mussten dafür „funktionieren“. Auch sie wurden abgöttisch geliebt, aber ist in der Ausbildung nichts voran gegangen oder war der Weg mühselig, so wurden sie ausgetauscht. Selbstverständlich war das nicht bei allen so, aber ich musste die Erfahrung machen, dass es nicht nur die Liebe gibt, wie ich sie mir vorstelle.  

„Liebe ist nicht das was man erwartet zu bekommen, sondern das was man bereit ist zu geben.“

Katharine Hepburn
Auf Kursen zeigt mir Amira immer sehr deutlich, dass sie alles für mich gibt und mir vertraut, denn trotz Publikum sind ihre Gedanken nur bei mir – ein großer Beweis für unsere starke Liebe und Beziehung

Hier kommen wir wieder zu dem Unterschied Liebe und Beziehung bzw. zu deren Kombination, weil das eine ohne das andere nicht wirklich funktionieren kann. 

Liebe ohne und mit Erwartungen?

Ich denke gegenseitiger entgegengebrachter Respekt und Wertschätzung liegen hier an oberster Stelle. Auch Höflichkeit und Akzeptanz gehören dazu. 

Meine Stute nimmt mich mit all meinen Fehlern, beziehungsweise muss sie das, denn im Endeffekt habe ich entschieden, dass wir uns nun in einer Beziehung befinden (und sie hat zum Glück JA gesagt). 

Dennoch habe ich das Gefühl, dass sie diese Fehler tatsächlich akzeptiert, denn sie zeigt mir immer wieder, wenn ich mit einer zu großen Erwartungshaltung oder mit einem zu hohen Ehrgeiz in den Stall komme, dass dies gerade nicht angebracht ist.

Trotzdem gibt sie mir ein Zeichen, dass sie mit mir zusammen sein möchte, wenn ich meine Erwartungshaltung etwas reduziere. Denn in einer Beziehung lernt man voneinander wie man mit dem Partner umgeht, wie man sich ihm gegenüber verhält und was der andere gerade denkt. 
Auch wenn wir viel Geld, Zeit und Energie in die Ausbildung und das Leben unseres Pferdes stecken, müssen wir unsere Beziehung immer als Dialog sehen. 
Man darf voneinander etwas erwarten, aber nicht fordern. Man darf dabei nicht unhöflich werden und die Wünsche und Gefühle des anderen hintenanstellen. Auch hier ist die Kompromissbereitschaft beider Seiten gefragt. 

Wir haben schließlich ein Pferd, um einen Partner an unserer Seite zu haben und keinen Untergebenen. Wir wollen ja eine schöne Zeit mit unserem Partner verbringen und diese genießen. Es soll ein Ausgleich zu unserem restlichen Leben sein, das oft mit Stress, Abläufen und Aufgaben gefüllt ist. 

Liebt sie mich noch? 

„Ich brauche sehr viel Liebe – ich will geliebt werden und Liebe schenken. Liebe ängstigt mich nicht, aber ihr Verlust schon.“

Audrey Hepburn

Passiert es uns nicht trotzdem manchmal, dass wir gestresst aus der Arbeit kommen, oder gerade viele Nerven im Stau verloren haben und dadurch vielleicht doch etwas strenger als gewollt mit unserem Liebling wurden oder wir trotz fehlender Energie versuchen mit ihm zu arbeiten und dann klappt einfach gar nichts? 

Beide sind danach frustriert und haben keine Freude an der gemeinsamen Arbeit. 
Danach plagt uns die Angst, ob uns unser Partner noch liebt und ob er am nächsten Tag wieder freudig am Zaun steht und uns begrüßt. 

Der Gedanke, ob mich meine geliebte Stute noch genauso liebt wie ich sie, lässt mich einfach nicht los. Ich denke darüber nach, ob ich zu viel verlangt habe oder wo das Problem lag. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich natürlich die Schuld bei mir suche und sie auch bestimmt bei mir zu finden ist. Es plagt mich der Gedanke, ob mich meine geliebte Stute auch noch genauso liebt, wie ich sie. 

Wenn ich dann aber wieder an unsere tiefe und innige Beziehung denke und wie oft wir schon durch dick und dünn gegangen sind, kann uns ein kleiner „Streit“ (falls man das überhaupt so bezeichnen kann) nicht auseinanderbringen. 

Gemeinsam im Einklang im Morgenlicht – Momente die man genießen und nie vergessen sollte, denn man merkt sich viel zu leicht die schlechten Erlebnisse. 

Ich versuche immer an diesen Situationen zu wachsen und daraus zu lernen. Schließlich bin ich auch nur ein Mensch und und mache Fehler, stehe mir oft selbst im Weg und somit auch Amira. Es wäre falsch zu behaupten, dass jeder Tag, den wir gemeinsam verbringen so ist, als würde man durch eine rosarote Brille schauen. Jeder ist mal schlecht drauf oder es belastet einen innerlich etwas, das man in diesem Moment eventuell nicht wahrnimmt und erst im Nachhinein merkt.

Ja, auch unsere Pferde können mal schlecht gelaunt sein oder hatten einen stressigen Tag in der Herde, weil irgendetwas vorgefallen ist. 

Ich denke, jeder der einmal gefühlt hat, was es bedeutet eine tiefe und ehrliche Beziehung zu jemandem zu haben, weiß was er in einer Partnerschaft mit  seinem Pferd erwarten darf und kann und im Umkehrschluss das Pferd von seinem Besitzer. So weiß jeder wie man eine Vertrauensbasis schafft und der Reiter mit seinem Pferd zusammenwächst.

Finden wir die richtige Mischung zwischen bedingungsloser Liebe und einer funktionierenden Beziehung – dann lieben wir einfach! 

Liebe zum Weiterlesen